Was macht Europa aus? Wie denken junge Menschen über unseren gemeinsamen Lebens- und Wirtschaftsraum? Jedes Jahr diskutieren deutschlandweit Schüler mit Politikern, aber auch mit Verantwortlichen aus der Wirtschaft über Europa. Im Vorfeld der anstehenden Wahlen zum EU-Parlament hat die IHK Südlicher Oberrhein solche Projekttage an Schulen in Freiburg und Offenburg organisiert.
„Gemeinsam Europa gestalten“. Das ist nicht nur das Leitmotiv der IHK-Themenwochen, die bis zur Europa-Wahl am 9. Juni laufen. Das ist vor allem das Interesse von jungen Menschen, die sich gerade auf den beruflichen Weg begeben oder noch die Schulbank drücken – und dieses Jahr zum ersten Mal ihre Stimme bei einer großen Wahl abgeben werden. Auf Initiative der IHK Südlicher Oberrhein und im Rahmen der EU-Projekttage an Schulen kamen im April, Mai und Juni Vertreter aus Unternehmen und Politik an unterschiedliche Bildungseinrichtungen am südlichen Oberrhein, um mit Schülern über die Gegenwart und Zukunft der Europäischen Union und Politik im Allgemeinen zu sprechen. Beispielsweise Bernhard Schweizer von Schölly Fiberoptic in Denzlingen, der zu Gast an der Walter-Eucken-Schule in Freiburg war, oder die Bundestagsabgeordnete Chantal Kopf, die mit jungen Menschen an der Max-Weber-Schule in Freiburg über Politik diskutierte.
Was interessiert Jugendliche der Generation Z an der EU besonders? Das wollte die IHK vor dem Projekttag anhand von Fragebögen herausfinden. Die Schüler der Max-Weber-Schule haben hier eine detaillierte Vorstellung.
40 von 75 Schülern wollen wählen
Und sie haben ein klares Verständnis von Europa. „Europa ist für mich eine Gemeinschaft, die die Ideale von Freiheit, Demokratie und Menschenrechten hochhält“, lautet nur eine Antwort, die so oder in anderer Formulierung immer wieder heraussticht. „Europa ist für mich mein Zuhause und Heimat.“ Sie bedeutet „Gemeinschaft, Zusammenhalt und Frieden“. Egal ob eine gemeinsame Währung, offene Grenzen oder freier Handel – die EU wird von den jungen Menschen als eine Wertegemeinschaft gesehen, die vor allem Vorteile für die Bevölkerung mit sich bringt. Danach befragt, ob sie am 9. Juni wählen werden, sagten 40 von 75 Schülern: Ja. Das entspricht einer Quote von rund 53 Prozent. Gründe, nicht zur Wahl zu gehen, sind nicht nur mangelndes Interesse, sondern schlicht und einfach auch die Tatsache, dass einigen die Staatsbürgerschaft eines EU-Landes fehlt. Zur Einordnung: Die Wahlbeteiligung in Deutschland lag bei der EU-Wahl im Jahr 2019 bei 61,4 Prozent. In der Gruppe der 18- bis 20-Jährigen setzten 58,6 Prozent ihr Kreuz. In diesem Jahr dürfen bereits EU-Bürger ab 16 Jahren ihren Wahlschein in die Urne werfen.
Herabsetzung des Wahlalters
Für Chantal Kopf ist die Herabsetzung des Wahlalters nur konsequent. „Es gibt keinen Grund, 16- und 17-Jährigen nicht zuzutrauen, wählen zu gehen“, sagte die Politikerin zu den Schülern der Max-Weber-Schule. „Ich habe den Eindruck, dass Jugendliche nicht schlechter und zum Teil deutlich besser über politische Themen Bescheid wissen als ältere Menschen.“
Den Beweis dafür blieben sie im Gespräch mit Chantal Kopf, die sich bei ihrer Arbeit im Bundestag täglich mit europapolitischen Fragestellungen beschäftigt, auch nicht schuldig. Egal ob politische Konflikte, Energieversorgung, Nahverkehr, Bildungssystem oder Legalisierung von Cannabis – die Abgeordnete hatte jede Menge Fragen zu beantworten. Auch zum Thema Rentenniveau. Hier haben die jungen Menschen ernsthafte Befürchtungen, dass die Bezüge bei ihrem Eintritt in die Rentenphase nicht mehr ausreichen werden. Kopf: „Wenn junge Menschen das Gefühl haben, keine Rente mehr zu bekommen und fallengelassen zu werden, ist das ein riesiger Vertrauensverlust in den Staat. Ich wünsche mir hier tatsächlich mutigere Konzepte.“
tas