Alexander Graf hat einen Doktortitel, aber das ist nicht der Grund dafür, dass er – einer der Geschäftsführer der IHK Hochrhein-Bodensee – die erste Anlaufstelle ist, wenn es um Themen der Gesundheitswirtschaft geht. Zum einen ist er kein Doktor nach allgemeinem Verständnis, zum anderen handelt es sich um Gesundheitsthemen im politisch-wirtschaftlichen Kontext. Die IHK Hochrhein-Bodensee hat diese federführende Rolle bereits seit mehr als 15 Jahren.
Der Themenkomplex Gesundheit ist für jede IHK in Deutschland von Bedeutung, schließlich umfasst er viele Bereiche und Unterbereiche. „Das fängt bei den Firmen im Kammergebiet an, die in diesem Segment zu Hause sind“, erläutert Alexander Graf und benennt dabei das große Spektrum. Das reicht von Unternehmen, die Pharmazeutika herstellen, konfektionieren oder transportieren, über Firmen, die Medizintechnik entwickeln und produzieren, bis hin zu Gesundheitsdienstleistern im Betrieblichen Gesundheitsmanagement, Apotheken sowie Kliniken und Reha-Einrichtungen. „Die gibt es überall in Deutschland.“ Doch es gibt Regionen, in denen manche Branchen deutlicher repräsentiert sind als anderswo.
Das gilt zum Beispiel für den Sektor Pharma im Kammergebiet der IHK Hochrhein-Bodensee. Da sei man überproportional stark aufgestellt im Vergleich zu anderen Regionen, berichtet Alexander Graf und zählt auf: „Wir haben hier große Player wie Roche, Takeda, Novartis und Bayer sowie Kleinere wie Develco in Schopfheim und Unternehmen aus angrenzenden Bereichen wie DSM in Grenzach und Bipso in Singen.“ Dazu kommen etliche Firmen aus der Medizintechnik wie Osypka in Rheinfelden, die Vita Zahnfabrik in Bad Säckingen oder Walser Dental in Radolfzell. Ebenfalls stark vertreten sind Reha-Einrichtungen, betont Alexander Graf: „Die Kliniken Schmieder, die Werner-Messmer-Klinik auf der Mettnau, die Fachkliniken St. Georg und Sonnenhof in Höchenschwand, um nur ein paar zu nennen.“ Diese – und viele weitere – sind für den Leiter des Geschäftsfelds Standortpolitik und Geschäftsführer der IHK Hochrhein-Bodensee wichtige Ansprechpartner, wenn es um seine Funktion als „Federführung Gesundheitswirtschaft“ geht.
Federführung seit Ende der 2000er
Die gesunde und starke Mischung aus Unternehmen der Gesundheitswirtschaft im heimischen Kammergebiet war ein Grund, dass die IHK Hochrhein-Bodensee unter dem damaligen Präsidenten Kurt Grieshaber und Initiator Immo Leisinger, Grafs Vorgänger, vom baden-württembergischen Industrie- und Handelskammertag (BWIHK-Tag) die Federführung in diesem Segment vor rund 16 Jahren erhielten. Damit ist die IHK Hochrhein-Bodensee seitdem die erste Anlaufstelle, wenn es um Positionen, Stellungnahmen oder Bewertungen aus der Landes-Gesundheitswirtschaft für den BWIHK oder die Deutsche Industrie- und Handelskammer (DIHK) geht. Die „Federführung Gesundheitswirtschaft“, so die offizielle Bezeichnung, liegt damit in den Händen von Alexander Graf. Zu dieser Aufgabe zählt auch die Koordination für die Besetzung der elf Sitze aus Baden-Württemberg im Ausschuss Gesundheitswirtschaft der DIHK. „Wer am Ende in den Ausschuss geschickt wird, entscheide aber nicht ich. Das ist ein Prozess aller IHKs im Land und des BWIHK, den ich initiiere und begleite.“ Der DIHK-Ausschuss hat 96 Mitglieder und befasst sich mit Themen wie der Digitalisierung im Gesundheitswesen, der Regulierung medizinischer Innovationen sowie der Gewinnung und Sicherung von Fachkräften. Für die IHK Hochrhein-Bodensee ist Alexander Graf dort aktiv.
An politischen Entscheidungen mitwirken
Die „Federführung Gesundheitswirtschaft“ ist eine Aufgabe, die hauptsächlich im Hintergrund abläuft, erläutert der Verantwortliche: „Unter anderem geht es darum, Stellungnahmen oder Positionspapiere etwa für das Landessozialministerium zu verfassen. Anfragen aus den baden-württembergischen Landesministerien gehen in der Regel an den BWIHK-Tag und werden dort an die Federführung zur Bearbeitung weitergereicht. Anfragen aus Bundesministerien landen normalerweise beim DIHK und damit zum Beispiel beim zuständigen Ausschuss oder dessen Vorsitzenden.“ Die Anfragen drehen sich um alle Themen aus der Gesundheitswirtschaft: Mal geht es um eine Stellungnahme zu einem Positionspapier zum Bürokratieabbau bei der Hilfsmittelversorgung, mal um eine Überarbeitung einer Gebührenordnung.
Der Ablauf ist eingespielt: „Wenn eine Anfrage kommt, lese ich mir die durch, hole mir die Kolleginnen und Kollegen in den anderen elf baden-württembergischen IHKs ins Boot und kontaktiere die relevanten Ansprechpartner aus dem Netzwerk der IHK Hochrhein-Bodensee. Aufgrund deren Rückmeldungen erstelle ich dann die Stellungnahme.“ Das klingt nach einem langen Procedere, ist es – erzwungenermaßen – aber nicht. Meist muss dieser Prozess recht schnell vonstattengehen: Auf Grund vorgegebener enger Fristen liegen zwischen Anfrage und Antwort häufig maximal zwei Wochen.
Netzwerken wichtig
Ein wichtiger regionaler Termin für Alexander Graf in seiner Eigenschaft als Federführung Gesundheitswirtschaft steht einmal im Jahr an: das Hochrheintreffen Chemie und Pharma, das von der IHK Hochrhein-Bodensee organisiert wird – und zwar schon lange, bevor hier die Federführung Gesundheitswirtschaft installiert wurde. Mit dabei sind da nicht nur Unternehmer, Standortleitungen und Führungskräfte, sondern auch der Regierungspräsident aus Freiburg, die drei Landräte sowie Vertreter aus der Politik. Im Februar 2025 ist es wieder so weit, Treffpunkt ist diesmal DSM in Grenzach, wo unter anderem verschiedene wasserlösliche Vitamine hergestellt werden. Alexander Graf: „Das sind Termine, bei denen viele Informationen ausgetauscht werden. Und gerade die sind wichtig für meine Arbeit, um Hintergründe zu verstehen.“ Patrick Merck