Schon lange klagen die Unternehmen in der Grenzregion am südlichen Oberrhein über enorme Bürokratiehürden durch die französischen Entsendeformalitäten. Nach einem weiteren Austausch zwischen Vertretern der IHK und des französischen Arbeitsministeriums sind nun Verbesserungen in Sicht.
Um deutsche Beschäftigte nach Frankreich zu schicken, erfordert es viele Nachweise und Belege. Zwar gelten hierbei die Grundfreiheiten des europäischen Binnenmarktes, also freier Verkehr von Waren, Personen, Dienstleistungen und Kapital. Gleichzeitig möchte die EU entsandte Arbeitnehmer in Europa vor Sozial- und Lohndumping schützen. Dies regelt eine EU-Entsenderichtlinie, die sich jedoch in jedem Land unterscheidet. Bei den aktuellen Entsendegesetzen in Frankreich müssen die Unternehmer deutlich umfangreichere arbeits-, sozialversicherungs- und steuerrechtliche Formalitäten und Meldepflichten beachten als in vielen anderen EU-Ländern. Diese bürokratischen Hürden haben bei einigen deutschen Unternehmen bereits dazu geführt, dass sie keine Mitarbeiter mehr nach Frankreich entsenden.
Nun hat ein Bericht in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung zum Thema zu einer Einladung des französischen Arbeitsministeriums an die IHK Südlicher Oberrhein nach Paris geführt. „Gespräche und Schriftwechsel zwischen uns und Frankreich gibt es zwar schon länger, aber nun haben wir Hoffnung, dass sich schon Anfang 2020 etwas ändern wird“, sagt Pascale Mollet, Leiterin des IHK-Geschäftsbereichs International. Sie hatte zusammen mit IHK-Hauptgeschäftsführer Dieter Salomon in Paris Antoine Foucher, Stabschef der französischen Arbeitsministerin Muriel Pénicaud, sowie Amandine Giraud, Diplomatische Beraterin der Ministerin in EU-Fragen, getroffen. Salomon und Mollet hatten den Franzosen auch die Ergebnisse einer im Juli veröffentlichten IHK-Umfrage mitgebracht, an der mehr als 400 Unternehmen teilgenommen haben. 66 Prozent dieser Betriebe gaben an, die Übersetzung deutscher Dokumente ins Französische sei für sie das größte Problem. Eine zweite große Hürde sei die Einstellung der nötigen Daten in das französische Online-Meldeportal Sipsi (65 Prozent). 59 Prozent bezeichneten die Bereitstellung eines französischsprachigen Vertreters als Herausforderung.
Die Möglichkeit einer Erleichterung der Entsendung könnte, so das Ergebnis des Gesprächs, für Unternehmen in den Grenzregionen durch Unterstützung der zuständigen IHKs funktionieren. Mollet: „Voraussetzung wäre eine Präqualifizierung der Betriebe durch die jeweilige IHK, mit der diese für einen längeren Zeitraum ihre Mitarbeiter nach Frankreich entsenden können, eine spätere unbürokratische Verlängerung der Bescheinigung inklusive.“ Unklar ist dabei noch, welche Gebiete zu den Grenzregionen zählen, ob Gleiches für die Handwerkskammern und ihre Mitgliedsbetriebe möglich ist oder wie mit Subunternehmen verfahren wird. Anfang 2020 soll ein Dekret erlassen werden, wie die Entsendung in Zukunft laufen soll.
Eine Woche nach dem Treffen kamen in Saarbrücken die Staatssekretäre der deutsch-französischen Grenzregion mit Antoine Foucher zusammen. An einem Fachgespräch zur Entsendung nahm auch IHK-Präsident Steffen Auer teil. Hier brachten die Franzosen selbst das Thema Präqualifizierung auf die Agenda – zur Freude des IHK-Präsidenten: „Der Aachener Vertrag zwischen Deutschland und Frankreich spricht sich für Ausnahmen in den Grenzregionen aus – quasi das Laboratorium der Umsetzung der europäischen Idee. Eine Präqualifizierung beim Entsendegesetz für Unternehmen in der Grenzregion – das wäre mal ein Beispiel hierfür.“ Aus vielen Gesprächen und eigener Erfahrung weiß Auer, dass die aktuellen Entsendegesetze zuletzt zu sehr viel Frust und teilweise enormen wirtschaftlichen Folgen geführt haben – für die deutsche Seite und auch für elsässische Firmen, weil Wartungs- und Reparaturleistungen deutscher Dienstleister ausblieben. Auer: „Hier müssen wir gemeinsam etwas tun.“
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