Die Erwartungen über den weiteren Verlauf der Konjunktur sind zum Herbst bei den Unternehmen im IHK-Bezirk Hochrhein-Bodensee deutlich zurückgegangen. „Der von der IHK errechnete Index für das Konjunkturklima in der Region gibt gegenüber der Befragung im Frühjahr um 12 Punkte auf 118 Punkte nach und ist damit auf dem niedrigsten Stand seit 2009“, so Alexander Graf, der bei der Kammer für die Konjunkturumfrage zuständig ist. Damit liegt die Region zwar über dem Landesschnitt, aber sowohl die Geschäftslage als auch die Erwartungen haben sich im Jahresverlauf weiter eingetrübt. Sorgen bereiten zunehmend die Entwicklungen der Inlands- und Auslandsnachfrage.
Die Stimmung der Unternehmen in der Region ist deutlich gesunken. Die Einschätzung der Geschäftslage – gemessen anhand des „Lage-Indikators“ – ist von sehr guten 153 Punkten im Frühjahr auf nun 138 Punkte zurückgegangen. Niedriger war dieser Indikator zuletzt im Jahr 2013. So ist der Anteil derjenigen, die eine gute Lage angeben, von 57,1 Prozent im Frühjahr auf 44,8 Prozent im Herbst gesunken. Weitere 48,8 Prozent der Betriebe geben ihre aktuelle Lage als befriedigend und 6,4 Prozent als schlecht an.
Industrie mit gedrosselter Auslastung
Die Einschätzung der Industrieunternehmen in der Region liegt – wie im Frühjahr – einmal mehr unter derjenigen der Gesamtwirtschaft. Der Anteil der Unternehmen im produzierenden Gewerbe, die die Geschäftslage als gut bezeichnen, sinkt seit Jahresbeginn kontinuierlich und beträgt nun rund 44 Prozent (Jahresanfang: 74 Prozent). Entsprechend ist auch der Anteil der Unternehmen, die ihre Lage als schlecht bezeichnen, im Verlauf des Jahres von vier auf zehn Prozent gestiegen. Bemerkbar macht sich dies auch bei den Umsätzen, die bei rund 43 Prozent der Produktionsbetriebe im Vergleich zum Vorjahresquartal gesunken sind. Auch der Auslastungsgrad der Kapazitäten in der regionalen Industrie ist weiter rückläufig und liegt bei rund 84 Prozent. Bei der Entwicklung der Auftragseingänge zeigt die Tendenz nach unten. So berichten rund 38 Prozent der Unternehmen von zurückgehenden Auftragseingängen aus dem Inland und rund 41 Prozent von sinkenden Eingängen aus dem Ausland.
Dienstleistungen positiv
Im Dienstleistungsbereich ist ein leichter Rückgang der Geschäftslage zu verzeichnen, allerdings berichten immer noch mehr als die Hälfte der Unternehmen (53 Prozent) von guten Geschäften. Weitere rund 40 Prozent sind mit ihrer aktuellen Lage zufrieden, und nur rund sieben Prozent befinden sich in einer schlechten Lage. Beim Umsatz können 44 Prozent eine Steigerung gegenüber dem Vorjahresquartal verzeichnen. Rund 45 Prozent der Dienstleister bezeichnen ihre Ertragssituation als gut, 43 Prozent sind damit zufrieden. Die derzeitige Tendenz beim Auftragsvolumen zeigt sich bei 39 Prozent der Dienstleistungsbetriebe gleichbleibend. 35 Prozent können ein steigendes Volumen verzeichnen, bei 26 Prozent ist die Tendenz dagegen fallend. Es scheint, als sorge die anhaltend gute Binnennachfrage gerade auch bei den Dienstleistungsunternehmen in der Region weiter für eine gute Konjunkturlage.
Handel zufrieden
Die Einschätzung der Geschäftslage im Handel fällt zu Beginn des Herbstes positiver aus als noch vor einem Jahr. Hier bezeichnen insgesamt rund 97 Prozent der Betriebe ihre aktuelle Lage als gut oder befriedigend, und nur rund 3 Prozent sprechen von einer schlechten Geschäftslage. Dies äußert sich entsprechend auch in der Bewertung von Umsatz und Ertrag. So berichten 29 Prozent der Betriebe von – gegenüber dem gleichen Vorjahresquartal – gestiegenen Umsätzen. Der Großteil der Händler in der Region, rund 69 Prozent, ist mit der Ertragslage zufrieden, und rund 21 Prozent bezeichnen diese als gut.
Erwartungen und Investitionen
Die Erwartungen der Unternehmen an die Entwicklung der kommenden zwölf Monate sind deutlich zurückhaltender. Rund zwei Drittel gehen von gleichbleibenden Geschäften aus. Jeweils rund 17 Prozent rechnen mit einer Verbesserung oder Verschlechterung. Insbesondere unter den Produktionsbetrieben erwarten mehr Betriebe eine schlechtere Entwicklung. So sinkt der Index für die Geschäftserwartungen erneut, diesmal von 109 auf 95,5 Punkte. Von einer gleichbleibenden Entwicklung gehen im produzierenden Gewerbe rund 51 Prozent aus – ähnlich wie im Herbst 2018. Allerdings erwarten nur noch 22 Prozent einen positiveren Geschäftsverlauf (Vorjahr: 43 Prozent), dagegen erhöht sich die Zahl mit sinkender Erwartung auf rund 27 Prozent (Vorjahr 6 Prozent). Und auch die Zahl der Unternehmen, die für die kommenden zwölf Monate mit fallenden Exporten rechnen, steigt von 17 auf 30 Prozent an. In der Dienstleistungsbranche geht der Großteil der Unternehmen von konstanten Geschäften aus (rund 68 Prozent). Eine Verschlechterung der Geschäftsentwicklung prognostizieren nur rund 12 Prozent der Dienstleister. Bei den Handelsbetrieben rechnen über 70 Prozent damit, dass die Geschäfte gleich verlaufen werden. Reduziert haben sich gegenüber der Befragung im Frühjahr die Betriebe, die in den kommenden Monaten verbesserte Geschäftsverläufe erwarten.
Einen Rückgang gegenüber dem Frühjahr gibt es bei den inländischen Investitionsabsichten der Unternehmen. So planen nur noch 26 Prozent (zuvor 34 Prozent) der Unternehmen mit steigenden Investitionen, dagegen wollen 27 Prozent (zuvor 12 Prozent) die Inlandsinvestition in den nächsten zwölf Monaten zurückfahren. Verwendet werden die Mittel insbesondere zur Beschaffung von Ersatzbedarfen (67 Prozent), für Digitalisierungsvorhaben (53 Prozent) sowie zur Einführung weiterer Innovationen (44 Prozent).
Konjunkturelle Risiken
Die Entwicklung der Inlands- (49 Prozent) sowie der Auslandsnachfrage (33 Prozent) sind neben dem Bedarf an qualifizierten Fachkräften (64 Prozent) die am häufigsten genannten Risiken für die wirtschaftliche Entwicklung der Unternehmen für die kommenden Monate. Insbesondere für Dienstleistungsbetriebe (74 Prozent) und den Handel (59 Prozent) ist der Fachkräftebedarf die größte Herausforderung. Die Inlandsnachfrage ist als Geschäftsrisiko seit Ende 2018 wieder in den Fokus gerückt. Insbesondere der Handel und die Dienstleistungswirtschaft profitieren von einem guten Konsumklima und sind entsprechend abhängig von der binnenwirtschaftlichen Konjunktur. Aber auch in der Industrie ist die Sorge über eine nachlassende Binnennachfrage seit der Vorumfrage nochmals stark gewachsen und nun zusammen mit der Auslandsnachfrage, zurückzuführen auf die Abkühlung der Weltkonjunktur, als höchstes Risiko bewertet (jeweils rund 62 Prozent). Vergleichbar wenig Sorgen machen sich die Unternehmen dagegen über Finanzierungsfragen (4 Prozent) und Wechselkurse (12 Prozent).
Verstärkte Bemühung um Fachkräfte
Zum Herbst hat die Einstellungsbereitschaft der Unternehmen in der Region leicht abgenommen. Noch rund 19 Prozent der befragten Unternehmen geben an, in den kommenden Monaten weitere Mitarbeiter einstellen zu wollen. Mit weniger Beschäftigten planen rund 18 Prozent der Betriebe, wohingegen die Mehrheit von rund 63 Prozent für die kommende Zeit mit einer gleichbleibenden Zahl rechnen. In der Umfrage geben rund 68 Prozent der beteiligten Unternehmen an, derzeit offene Stellen nicht besetzen zu können, da passende Fachkräfte nicht gefunden werden. Reagieren wollen sie auf diesen Fachkräfteengpass insbesondere mit verstärkter Ausbildung (60 Prozent), der Steigerung der Arbeitgeberattraktivität (56 Prozent) sowie mit mehr Weiterbildung der Beschäftigten (55 Prozent). Eine Vielzahl von Unternehmen – rund 42 Prozent – hat in den vergangenen Jahren bereits Fachkräfte aus dem Ausland eingestellt. Eine gezielte Anwerbung von Fachkräften aus Nicht-EU-Ländern planen aktuell aber nur zwölf Prozent der regionalen Unternehmen.
AG