Im vergangenen Dezember hatte die IHK wieder feierlich die 30 von engagierten Persönlichkeiten und Unternehmen aus der Region gestifteten Förderpreise vergeben (WiS-Ausgabe 1/2024). Insgesamt 101.500 Euro gingen diesmal an 40 herausragende Auszubildende. Sie werden das Geld als Startkapital für ihre weitere berufliche Entwicklung nutzen. Warum diese Förderpreise echte Mehrwerte schaffen, von denen alle etwas haben, zeigen wir in einer kleinen Miniserie und stellen drei Preisträger und ihre Pläne vor – zwei gab es in der Februarausgabe, die Dritte gibt es hier.
Ludmilla Schäfer ist 1977 geboren. Sie beendete ihre Ausbildung zur Berufskraftfahrerin – und zwar erst vor wenigen Monaten. Es scheint allerdings nur so, als würde das nicht so ganz passen. Denn Ludmilla Schäfer ist mitnichten spät dran. Es sieht höchstens ein wenig danach aus…
In Wirklichkeit passt alles wunderbar. Sonst hätte die zielbewusste Frau wohl auch kaum den Förderpreis der Straßenverkehrsgenossenschaft Baden eG. erhalten. Ludmilla Schäfer hatte in ihrem Leben zuvor ganz einfach Wichtigeres zu tun. Sie machte sich einen Plan A, wie ihr Leben verlaufen sollte. „Für einen Plan B bin ich nämlich zu alt“, scherzt sie. Plan A bedeutete: Sie verlässt 2017 ihre Heimat Russland und geht nach Deutschland. Die gebürtige Kasachin war fest entschlossen, ihr Leben hier neu zu gründen. Nach mehreren Sprachkursen bewarb sie sich mit Hilfe der Agentur für Arbeit beim Logistikzentrum Dachser SE in Freiburg – und konnte in ihre Ausbildung zur Berufskraftfahrerin starten, die sie im Dezember 2022 abschloss. Mit diesem Abschluss bewarb sie sich um den Förderpreis der Straßenverkehrsgenossenschaft Baden eG – und erhielt ihn auch. „Mittlerweile arbeite ich bei der Firma Karl-Ludwig Kübler Transporte in Freiburg“, berichtet Ludmilla Schäfer weiter.
Dass sie den Förderpreis gewann, ist für sie eine wunderbare Fügung, die ihren Plan A weiter gedeihen lässt. „Ich werde das Preisgeld für drei Weiterbildungen einsetzen. Einmal geht es um Sach- und Fachkunde Güterkraftverkehr, um die Qualifizierung zur Verkehrsleiterin Güterkraftverkehr und dann werde ich noch ein Seminar besuchen mit dem Titel „Das 1 × 1 der Mitarbeiterführung“.
Dass sie sich für Letzteres entschieden hat, hängt damit zusammen, dass sich Ludmilla Schäfer unbedingt selbstständig machen will mit einem eigenen kleinen Logistikunternehmen. „Das ist ein ganz großer Traum von mir“, bekennt sie. Dass sie bei Karl-Ludwig Kübler eine 75-Prozent-Stelle als Kraftfahrerin hat und die übrigen 25 Prozent dort als kaufmännische Angestellte ausfüllt, ist Teil ihrer Strategie, sich selbstständig zu machen. Dabei hat Ludmilla Schäfer ausreichend Erfahrung in Sachen Buchhaltung und Controlling. In Russland machte sie an der Fachschule für Eisenbahntechnik in Rostow 1997 ihr Diplom als Buchhalterin, dann studierte sie an der Staatlichen Wirtschaftsuniversität in Rostow Ökonomie.
„Mittlerweile ist es mir sehr viel wichtiger, im Lastwagen unterwegs zu sein als im Büro zu sitzen“, bekennt Schäfer. Ihr Job als Springerin bei Karl-Ludwig Kübler beschert ihr Einsätze im Nahverkehr. Ob sie davon träumt, im Lkw Europa zu durchqueren? „Eher nicht“, lacht Ludmilla Schäfer und erinnert daran, dass das für ihr Vorhaben, sich selbstständig zu machen, eher hinderlich sei.
Die Tatsache, dass sie in einem Beruf arbeitet, in dem die Frauenquote weit von den vielleicht gewünschten 50 Prozent entfernt ist, spielt für sie keine Rolle. Sie weiß auch darum, dass sie körperlich nicht das an Kraft zu bieten hat, was ihre männlichen Kollegen draufhaben und sie fühlt sich auch keineswegs benachteiligt oder gar diskriminiert: „Wir Frauen gleichen das aus mit Zähigkeit und damit, dass wir viele Dinge gleichzeitig tun können“, ist sie überzeugt.
Text: Doris Geiger
Bilder: Markus Schwerer
Bild: Ludmilla Schäfer, Trägerin des Förderpreises der Straßenverkehrsgenossenschaft Baden eG