Als digitales Barcamp hat die IHK Südlicher Oberrhein Mitte April den dritten Ausbildertag organisiert. Rund 120 Personal- und Ausbildungsverantwortliche nutzten die Möglichkeiten der offenen Workshops, um die Themen einzubringen, die ihnen ein persönliches Anliegen sind.
er Grundgedanke des Veranstaltungsformats Barcamp – „Wer etwas zu sagen hat, sagt es; wer mitdiskutieren will, diskutiert mit.“ – funktioniert in Coronazeiten auch online. Denn gerade im Moment, unter den erschwerten Bedingungen bei der Ausbildung, ist der Austausch so wichtig, da viele Ausbilder mit denselben Problemen zu kämpfen haben. Wenn es beispielsweise darum geht, den Nachwuchs fit für die Prüfung zu machen, stellten mehrere Personalverantwortliche fest, dass das Homeschooling nicht immer optimal verläuft. Wissen werde oft nicht so vermittelt, wie es sein sollte. „Wird das in den Berufsschulen überhaupt wahrgenommen?“, war eine Frage aus der Runde. „Bei manchen Azubis bin ich guter Dinge, dass sie trotz der Umstände die Prüfung gut schaffen werden“, berichtete ein Ausbilder aus der Gastronomie. „Aber ich kann nicht in die Köpfe hineinschauen. Sind alle ehrlich und trauen sich, mich um Hilfe zu bitten, wenn sie sie brauchen?“ Anette Stetter, IHK-Ausbildungsberaterin für Hotel- und Gaststättenberufe, informierte über die Möglichkeit, die Ausbildung um ein halbes Jahr zu verlängern: „Rechtlich ist es außerdem so, dass der Azubi bei mehr als zehn Prozent Fehlzeit nicht zur Prüfung zugelassen wird.“
In der Session „Vom Rohdiamanten zur Fachkraft – Auszubildende mit Autismus“ gab Alexandra Holler von der Paulinenpflege Winnenden und Expertin für die barrierefreie Ausbildungsbegleitung, Tipps, wie Ausbilder mit diesem Personenkreis umgehen sollten. „Vermeidet Ironie und Sarkasmus. Und bedenkt, dass Autisten nur ein eingeschränktes Einfühlungsvermögen haben, da sie soziale Kompetenzen lediglich erlernt haben.“ Sie betonte aber auch die Stärken: „Autisten lassen sich weniger ablenken.“ Die Frage aus der Runde, wie der Ausbilder auf einen Azubi zugeht, von dem er glaubt, dass er autistisch ist, beantwortete IHK-Ausbildungsbegleiter Markus Keßner: „Ausbilder sollten keine psychologischen oder medizinischen Ratschläge geben. Außerdem können und sollten sie keine Therapie, weder Psychotherapie noch Medikation, von auffälligen Auszubildenden verlangen. Droht ein Scheitern der Ausbildung, sollten sie mit dem Azubi und eventuell auch mit seinen Eltern besprechen, welche Möglichkeiten es gibt, um den Abschluss zu erreichen. Dabei sollten sie dem Azubi nahelegen zu überprüfen, was er selbst noch machen kann.“
Wichtige Informationen für Betriebe, die junge Leute mit Migrations- oder Fluchthintergrund beschäftigen oder einstellen möchten, kamen von Anna Uhl vom Institut für deutsche Sprache Offenburg. Sie erklärte unter anderem den Aufbau von Integrationskursen, die an mehreren Abenden pro Woche laufen. „Das ist schon eine Belastung“, sagte die Fachfrau. Mit zwölf Stunden pro Woche lasse sich das Sprachniveau B1 innerhalb von zwei Jahren erreichen. Uhl: „Dieses Niveau braucht es für die Ausbildung. Allerdings ist das kein Berufssprachkurs. Dafür gibt es die ,Berufsbezogene Sprachförderung‘.“ Hinweise gab die IDS-Ansprechpartnerin auch zu finanziellen Unterstützungsmöglichkeiten für diese Kurse.
Großer Andrang herrschte beim Thema Ausbildungsmarketing. Auf die Frage, wie Betriebe in Zeiten der Pandemie Azubis gewinnen, suchten viele Ausbilder Antworten. Die Berufsmessen würden zwar inzwischen auf digitalen Plattformen stattfinden, doch sei hier der Aufwand wesentlich höher. „Ich bin gespannt auf die erste digitale BIM“ und „Man muss ja präsent sein“, lauteten hier die Stimmen (mehr zur digitalen BIM hier).
Die Erfahrungen mit Social Media zur Bewerbung der Ausbildungsstellen waren eher ernüchternd. „Wir haben daraus ein Azubi-Projekt gemacht, doch das war eher ein Kaffeekränzchen“, gestand eine Ausbilderin. Dabei sei die Präsenz in den sozialen Medien wichtig für diejenigen, die sich bereits für das Unternehmen interessieren, war ein anderer Ausbilder überzeugt. Einigkeit herrschte bei einem Punkt: „Ganz wichtig ist aktuell die Mund-zu-Mund-Propaganda.“
Zum Abschluss des digitalen Ausbildertags trafen sich alle Teilgeber – wie die Teilnehmer in diesem Barcamp-Format genannt wurden – im virtuellen Auditorium wieder, um dem Vortrag von Diplom-Sportwissenschaftler und Mentaltrainer Clemens Maria Mohr zu lauschen. Er erläuterte, wie man „Mental stark durch die Krise und deren Folgen“ kommt. „Die Frage, wie es uns geht, ist nicht abhängig von äußeren Umständen. Sie ist abhängig von jedem selbst, ganz allein. Was bei uns im Kopf läuft“, erklärte Mohr.
Er empfahl dem Auditorium, mehr positive Gedanken und damit positive Bilder im Kopf entstehen zu lassen. „Wenn Sie vor einer besonderen Situation stehen: Stellen Sie sich vor, wie sie gelingt. Denn mit dem Ziel im Kopf sehe ich Dinge, die mich dem Ziel näherbringen.“
Text: naz
Bilder: IHK Südlicher Oberrhein, Nathalie Butz
Infos zum Ausbildertag sowie zu weiteren Themen rund um Messen und Börsen in Aus- und Weiterbildung:
Susanne Stuckmann
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