
Das Coronavirus ist einmal um die Welt gelaufen, und es hat jeden Kontinent, jedes Land anders erwischt – fast alle aber kalt. Dieses Virus war und ist ein Stresstest für alle Systeme, das politische System, das Gesundheitssystem, für Wirtschaft und Gesellschaft.
In diesem globalen Stresstest, das kann man heute sagen, hat sich Deutschland bislang gut geschlagen. Ja, die Krise hat auch uns überrascht, ja, sie hat innerhalb weniger Wochen unser wirtschaftliches, gesellschaftliches und kulturelles Leben nahezu zum Stillstand gebracht. Sie hat Straßen entleert, Menschen isoliert, Liefer- und Leistungsketten unterbrochen.
Aber es ist gelungen, mit dem Mut zu einschneidenden Maßnahmen, dem Sonderopfer der behördlich geschlossenen Unternehmen und nicht zuletzt der Disziplin, der Solidarität und der Kooperationsbereitschaft der Menschen die exponentielle Entwicklung des Infektionsgeschehens zu brechen. Das ist ein ganz großer, nicht zu unterschätzender Erfolg. Der Tsunami, der unser Gesundheitssystem in die Knie gezwungen hätte, ist ausgeblieben, die absolute Zahl der Genesenen steigt aktuell steiler an als die der neu Infizierten. Darüber kann, darf und sollte man sich freuen.

Zur Wahrheit gehört aber auch, dass es einen zweiten Tsunami gibt, der uns zu überrollen droht. Er ist ökonomischer Natur, und sein Schadenspotenzial ist nicht minder groß als das des Virus. Während die epidemiologischen Maßnahmen erfreuliche Erfolge zeigen, ringen viele Unternehmen um ihre Existenz. Viele tausend Arbeitsplätze sind in akuter Gefahr. Von der kleinen Gaststätte, die gänzlich ohne Einnahmen ihre Pachtzahlung nicht mehr stemmen kann, bis zur Fluglinie, deren Maschinen am Boden stehen, summieren sich die laufenden Verluste zu astronomischen Beträgen auf, zu einer Rezession ohne Beispiel.
Staatliche Hilfen können diese Verluste nicht im Ansatz ausgleichen. Sie können, und das ist schon per se eine Herkulesaufgabe, nur helfen, die Liquidität zu sichern, die Unternehmen brauchen, um nicht schon jetzt mangels Zahlungsfähigkeit in die Insolvenz zu geraten. Die Soforthilfe Corona, die Klein- und Kleinstunternehmen mit einem nicht rückzahlbaren Zuschuss unterstützt, hat dies in vielen Fällen erfolgreich verhindert. Für uns, die IHK Hochrhein-Bodensee, haben die Bearbeitung der Anträge und die Beratung der Mitglieder seit Wochen absolute Priorität. Ich freue mich sehr, dass wir diese Aufgabe im engen Kontakt zu unseren Mitgliedsunternehmen erfolgreich stemmen konnten.
Doch damit ist die Schlacht noch nicht gewonnen. Im Gegenteil. Die milliardenschweren Kreditprogramme, die Soforthilfen und das Kurzarbeitergeld für über zehn Millionen Beschäftigte werden unser Gemeinwesen auf viele Jahre hinaus erheblich belasten. Es sind die nächsten Generationen, die diese Rechnung werden bezahlen müssen. Und das kann nur gelingen, wenn unsere Wirtschaft schnell wieder auf die Beine kommt.
Jeder Tag zählt. Kein Tag, an dem es die gesundheitspolitische Situation erlaubt, zu einer wirtschaftlichen Normalität zurückzukehren, darf jetzt verschenkt werden. So gut die Soforthilfe war, sie wird, sie kann nicht reichen, um die Unternehmen aus der Krise zu führen. Es gibt nur eine Kraft, die dafür ausreicht, und das ist die Wirtschaftskraft der Unternehmen selbst und ihrer Mitarbeiter. Diese Kraft so schnell zu entfesseln, wie es die Pandemiebekämpfung zulässt, ist das Gebot der Stunde.
Nach den ersten schrittweisen Lockerungen gilt es nun, die verbliebenen Restriktionen wirtschaftlicher Aktivität rasch aufzuheben und durch Verhaltensregeln, Schutzmaßnahmen und Hygienekonzepte zu ersetzen. Wir wollen das Risiko des Virus nicht verharmlosen, aber an die Stelle des Verbots müssen flankierende Maßnahmen treten, die beides gewährleisten – unternehmerische Aktivität samt zugehöriger Beschäftigung und die Eindämmung des Infektionsrisikos.
Ganz oben auf der Liste der danach überfälligen Lockerungen steht die Öffnung der Grenzen zu unseren Nachbarländern. Wo die Bedrohung durch das Virus, die dagegen ergriffenen Maßnahmen und die dabei erzielten Erfolge auf beiden Seiten der Grenze vergleichbar sind, gibt es keinen sachlichen Grund mehr, die Personenfreizügigkeit vollständig zu unterbinden. Die Schlagbäume zu Österreich, zur Schweiz und zu Frankreich müssen dahin zeigen, wo wir alle wieder hin wollen – nach oben!
Herzlich,
Ihr Thomas Conrady
Präsident der IHK Hochrhein-Bodensee
Bild: jirsak – stock.adobe
Stimmen zur Unterstützung bei Soforthilfe-Anträgen
Die Industrie- und Handelskammer Hochrhein-Bodensee hat zusammen mit den anderen IHKs sowie den Handwerkskammern in Baden-Württemberg die Plausibilitätsprüfungen der Soforthilfe-Anträge übernommen. Hier erzählen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter aus verschiedenen Abteilungen von ihren persönlichen Erfahrungen, die sie sowohl mit der Antragsbearbeitung als auch mit der Beratung in der Hotline gemacht haben.

Julia Brombacher, Ausbildungsberaterin gewerbliche Berufe (Hotline)
Ich finde es sehr positiv zu sehen, wie flexibel wir uns als öffentlich-rechtliche Institution – entgegen vieler Vorurteile – auf diese besondere Situation und neuen Aufgaben eingestellt haben. Wir haben innerhalb weniger Tage abteilungsübergreifende Teams zur Antragsbearbeitung und für die Beratung an der Hotline gebildet, dabei mussten sich viele in völlig neue Themen einarbeiten. Ich bin überwältigt, wie gut uns das gelungen ist und wie stark die Bereitschaft und der Zusammenhalt ist, den Unternehmen in dieser schwierigen Situation zu helfen und damit einen wichtigen Beitrag zu leisten. Noch mehr freut es mich, während der Hotlinedienste zu hören, dass das von den Betroffenen auch entsprechend wahrgenommen und wertgeschätzt wird.

Rainer Reisgies, Ausbildungsberater kaufmännische Berufe (Hotline)
Die meisten Gespräche in der Hotline dauerten zwischen fünf und zehn Minuten. In der ersten Phase der Soforthilfe ging es vor allem darum, die Anrufer beim korrekten Ausfüllen der Anträge zu unterstützen. In der zweiten Phase, also nach ungefähr vier Wochen, wurden die Fragen am Telefon spezifischer. Dann ging es vor allem darum, den Liquiditätsengpass plausibel aufzuzeigen, womit sich viele Leute schwertaten. Als Ausbildungsberater bin ich es gewohnt, mit Unternehmen aus der Industrie und dem Handel zusammenzuarbeiten. Jetzt hatte ich plötzlich die ganze Palette an Branchen am Telefon: vom Sprachlehrer über den Künstler bis hin zum Physiotherapeuten. Sehr angenehm empfand ich die zumeist sehr offene Gesprächsatmosphäre. So war es – gerade bei diesem emotional belegten Thema – möglich, den Beratungsauftrag mit der nötigen Empathie zu versehen. Dies führte auf beiden Seiten zu einem abwechslungsreichen, spannenden und manchmal sogar humorvollen Austausch. Nicht zum Nachteil für unsere IHK.

Alexander Vatovac, Leiter Geschäftsfeld Existenzgründung und Unternehmensförderung (Hotline)
Corona-Gefühlswelten: Schnelle, unbürokratische finanzielle Ad-hoc-Hilfe für notleidende Unternehmen ist eine gute, richtige Sache in Coronazeiten. Der Bund, das Land, die L-Bank, die Kammern sowie natürlich die Unternehmen befinden sich alle in einer nie dagewesenen Situation. Letzteren ist von heute auf morgen ein Großteil des Geschäfts weggebrochen, oder der Betrieb wurde gleich ganz geschlossen. Die große Verunsicherung der Unternehmerinnen und Unternehmer ist deshalb verständlich. Sie sind auf die Coronasoforthilfe angewiesen. Dies äußert sich in zahllosen Anrufen und Mails, aus denen erkennbar wird, wie groß die Sorgen und Ängste sind. Oder auch die Verärgerung darüber, dass das Geld noch nicht auf dem Konto ist. Dazu kann ich nur sagen, dass alle Beteiligten – Land, L-Bank, Kammern – mit Hochdruck daran arbeiten, dass die Flut der Anträge schnell abgearbeitet wird. Und klar ist in einem Massengeschäft ohne routinierte Abläufe auch, dass nicht alles reibungslos klappt.

Susanne Tempelmeyer-Vetter, freie Mitarbeiterin Recht | Steuern (Hotline)
Die Sorgen und Nöte der Unternehmer sind teilweise erdrückend. Da ist es für mich eine Selbstverständlichkeit, trotz des schönen Wetters auch an den Wochenenden die Unternehmen in der Hotline zu beraten. Vielen konnten wir helfen, die Anträge richtig auszufüllen, und besondere Freude machte es, wenn wir vermelden konnten: „Der Antrag ist schon bearbeitet und auf dem Weg zur L-Bank. Die Auszahlung sollte bald erfolgen.“ Die Erleichterung war dann deutlich spürbar, und ich habe so manchen Stein vom Herzen fallen gehört.

Andrea Weltin, Mitgliederdaten (Bearbeitung)
Leider mussten oft Anträge wegen einer Kleinigkeit wie einem fehlenden Kreuzchen an einer leicht übersehbaren Stelle zurückgeschickt werden. Mir tat es in solchen Fällen immer leid, nicht gleich weiterhelfen zu können und gleichzeitig zu wissen, dass eine Neueinreichung wertvolle Zeit in Anspruch nimmt. Den Antragstellern geht es schließlich um ihre Existenz. Deshalb hat es mich immer besonders gefreut, bereits bekannte Namen möglichst schnell wieder zu lesen und den vollständigen Antrag dann mit einer Genehmigung an die L-Bank weiterleiten zu können.

Johanna Speckmayer, Leiterin Weiterbildung (Hotline)
In ihrer spürbar großen Not taten sich vor allem Kleinstunternehmer und Soloselbstständige sehr schwer, ihren Liquiditätsengpass zu benennen und zu beziffern. Wir sind dann am Telefon gemeinsam die möglichen Betriebskosten durchgegangen, und so konnten einige versteckte Kosten aufgespürt werden, die dem Unternehmer im Stress der Stunde entgangen wären. Die zielgerichtete telefonische Beratung führte auch zu einer spürbaren Minimierung von Fehlern, sodass weniger Anträge als fehlerhaft an die Antragsteller zurückgingen. Häufig konnte ich Anrufer erst auf kritische Punkte aufmerksam machen, die ihnen sonst entgangen wären. Wir haben in den ersten Wochen rund um die Uhr bis spätabends und an den Wochenenden gearbeitet, was auf sehr viel Achtung und Dankbarkeit der Antragsteller stieß. Der Dienst in der Hotline hat mich sensibler für unsere Mitgliedsunternehmen gemacht, und ich bin dankbar dafür, dass wir einen kleinen Teil dazu beitragen konnten, damit Not leidenden Unternehmen schnell und unbürokratisch geholfen werden kann.
IHK-Corona-Hotline für Unternehmen:
Konstanz 07531 2860-333