Wettbewerbsfähigkeit des Standortes erhalten, Energiekrise meistern – Politik und Wirtschaft sind sich einig: Es braucht gemeinsame Lösungen rund um Energiekosten, Arbeitskräftemangel und Medizinprodukteverordnung.
Extrem steigende Energiekosten, staatliche Regulierung und fehlende Arbeitskräfte: Diese Themen stellen den hiesigen Mittelstand vor große Aufgaben. Zu einem gemeinsamen Arbeitsgespräch trafen sich jüngst Unternehmensvertreter der IHK Schwarzwald-Baar-Heuberg mit der SPD-Bundestagsabgeordneten Derya Türk-Nachbaur bei der Marquardt-Gruppe in Rietheim-Weilheim. Anlass gab der Besuch von Sebastian Cuny, dem Entwicklungspolitischen Sprecher der SPD-Landtagsfraktion.
„Die Industrie ist auf eine stabile und preisgünstige Energieversorgung angewiesen“, betonte IHK-Präsidentin Birgit Hakenjos. Eine stabile Energieversorgung gewährleiste Arbeitsabläufe, sichere Lieferketten und die verlässliche Kalkulation von Preisen. „In der jetzigen Energiekrise erwarten unsere Mitglieder Planungssicherheit. Diese ist momentan nicht gegeben.“ Aktuell häuften sich beispielsweise Meldungen von Unternehmen, welche stillgelegte Ölheizungen und Öltanks kurzfristig reaktivieren wollten oder gar keine Energieverträge mehr erhalten.
Mehr Zutrauen in die Innovationskraft
Harald Marquardt, Vorsitzender des Vorstands der Marquardt Gruppe und IHK-Vizepräsident, verwies auf das Zusammenspiel der Krisen: „Die Transformation der Industrie trifft auf eine Energiekrise, deren Auswirkungen nur unzureichend durch bestehende Handelsbeziehungen gedeckt sind. Gleichzeitig verteuern gestörte Lieferketten die Einkaufspreise der Betriebe, was die Inflation befeuert. Die erhöhten Leitzinsen erschweren den Unternehmen dann die Finanzierung.“ Dies reduziere wiederum die Spielräume für Investitionen, um Transformation überhaupt proaktiv gestalten zu können. „In einer solchen Situation brauchen wir mehr Handelspartner, weniger Regulierung und mehr Zutrauen in die Innovationskraft der Unternehmen“, so Marquardt. Zum Beispiel müssten die Handelsabkommen mit Kanada und Südamerika zeitnah zu einem Abschluss kommen. Ebenso wäre die zivilrechtliche Haftung aus der geplanten EU-Richtlinie für die Lieferketten zu streichen.
Eine Forderung, der Türk-Nachbaur und Cuny entschieden widersprachen. Man sei sich der schwierigen Lage des Mittelstandes bewusst und man sei zuversichtlich, dass die Gasversorgung über den Winter gesichert sei. Zudem seien Entlastungen für den Mittelstand in Arbeit. Gleichwohl dürften auch in Krisenzeiten Menschenrechtsstandards entlang der Lieferkette nicht abgebaut werden. Gerade vor dem Hintergrund eines neuentstehenden Systemkonflikts mit antifreiheitlichen Regimen sei es wichtig, dass man die eigenen Werte nicht hinter den Profit stelle.
Austausch wichtiger denn je
Die SPD-Abgeordneten betonten bei dem Austausch dennoch unisono: „In Krisenzeiten ist der gemeinsame Austausch wichtiger denn je.“ Es sei Aufgabe der Regierung die Wirtschaftskraft der Betriebe zu erhalten, da sie die Beschäftigung der Menschen und damit den Wohlstand einer Region sicherstellen. Insbesondere bei der Medizinprodukteverordnung sicherten beide Abgeordnete ihre Unterstützung zu. Gleiches gelte beim kommenden Fachkräfteeinwanderungsgesetz, dem Bleiberecht für Geflüchtete in Beschäftigung, sowie der Etablierung neuer Handelsbeziehungen mit dem Ausland. So vereinbarten die Beteiligten ein Folgegespräch zu möglichen Kooperationen mit dem Wirtschaftsstandort Afrika.
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Bild: Trafen sich zum Arbeitsgespräch in der Beruflichen Bildungsstätte Tuttlingen (von links): BBT-Geschäftsführer Roland Aicheler, Derya Türk-Nachbaur MdB, Sebastian Cuny MdL, IHK-Vizepräsident Harald Marquardt, Wiha-Geschäftsführer Wilhelm Hahn, Ramona Shedrach (Welcome Center), Julia Steckeler (MedicalMountains) und IHK-Präsidentin Birgit Hakenjos.
Philipp Hilsenbek | Fachbereich Standortpolitik
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