Auf Einladung der IHK schilderten Anfang Juni Vertreter der mittelständischen Automobilzulieferer in der Region ihre geschäftliche Situation.

Ute Grießhaber, Geschäftsführerin der Weißer + Grießhaber GmbH aus Mönchweiler, die mit 300 Mitarbeitern Präzisionskunststoffteile produziert, berichtete, dass das Unternehmen rund die Hälfte seiner Umsätze mit der Automotivindustrie erzielt. Die gesamten Umsätze ihrer Firma gingen im April um 30 Prozent und im Mai um 50 Prozent zurück, im Juni würde wohl ein Rückgang von 40 Prozent verzeichnet. Die Umsatzeinbußen bei einigen ihrer Kunden bezifferte sie auf 70 bis 80 Prozent. Weißer + Grießhaber arbeitet sehr flexibel, die Auftragsbearbeitungszeit liegt bei lediglich zwei bis drei Wochen. Seit April ist die Firma in Kurzarbeit. Wichtig ist nach Ute Grießhaber die Aufrechterhaltung der Liquidität. Die Konjunkturprogramme der Bundesregierung begrüßte sie. Bezahlt gemacht habe sich, möglichst viele Kunden aus verschiedenen Branchen zu beliefern. Ihrer Auffassung nach wird die Tendenz zur Globalisierung eher nachlassen. Für die Automotiveindustrie rechnet sie mit einem Minus bis Jahresende von 20 bis 30 Prozent. Bei einigen Firmen werde es notgedrungen zu Anpassungen beim Personal kommen. Wenn jemand entlasse, so nur, wenn er für die nächsten zwei bis drei Jahre keine Verbesserung erwarte.
Ingo Hell, Geschäftsführer der Zetec Zerspanungstechnik GmbH + Co. KG aus Gosheim und Vorsitzender des Clusters Zerspanungstechnik, beliefert mit seinem Unternehmen zwar keine Kunden aus der Automobilindustrie, seine 50 Mitarbeiter arbeiten aber trotzdem zu circa 40 Prozent kurz, weil auch andere Branchen – aus denen seine Kunden stammen – stark betroffen sind. Er beobachtet bei vielen seiner Kollegen aber schon seit Herbst 2019 die Auswirkungen des Technologie- und Strukturwandels vor allem in der Automobilindustrie, bei denen es seither teilweise zu Kurzarbeit gekommen sei. Das erste Quartal 2020 war bei Zetec noch halbwegs ordentlich verlaufen, so Hell. Seit Beginn der Coronapandemie gebe es bei den Zulieferern jedoch Rückgänge des Umsatzes von bis zu 50 oder 60 Prozent. Der Juni entwickle sich bisher zum „Horrormonat“. Es gebe Rückgänge im Auftragseingang von bis zu 80 Prozent. Und gleichzeitig verzeichne man einen enormen Preisverfall. Viele Zulieferunternehmen arbeiten bis zu 50 oder 60 Prozent kurz, es gebe ganze Schließwochen und teilweise würden auch Leiharbeit abgebaut oder Zeitverträge nicht verlängert. Eine große Herausforderung für viele Unternehmen sei der Kostendruck, der unter anderem durch Investitionen aus der Hochkonjunkturphase entstanden ist. So wurden laut Hell Fertigungskapazitäten aufgebaut, die aktuell nicht ausgelastet sind und somit zu einem enormen Preiswettbewerb führen. Die Unternehmen seien aber bestrebt, möglichst alle Mitarbeiter zu halten. Und auch die Ausbildung sollte konjunkturunabhängig weiter betrieben werden. Die Marktsituation für die über 400 Zerspanungsunternehmen in der Region werde nicht einfacher. Allerdings rechnet Hell nicht mit einem Absturz der Zulieferbranche wie vor vielen Jahren in der Uhren- oder Textilindustrie. Er bedauerte, dass man sich in Berlin allzu sehr auf die E-Mobilität konzentriere und nicht technologieoffen sei.
Jens Roth, Geschäftsführer der Gebrüder Schwarz GmbH aus Rottweil Neukirch (200 Mitarbeiter), berichtete, dass das Unternehmen nur noch zu 15 Prozent seines Umsatzes (insgesamt 30 Millionen Euro) für die Automotiveindustrie arbeite. Vor Jahren waren das 60 Prozent und dies nur mit einem Kunden. Inzwischen hat man Kundschaft vor allem aus der Healthcare-Industrie, der Mess- und der Umwelttechnik. Während er für sein Unternehmen im Januar und Februar ein Umsatzminus von fünf bis zehn Prozent feststellte, verzeichnet Roth derzeit ein Plus. Sein auf Kunststoffspritzguss, Baugruppenmontagen und Werkzeugbau spezialisiertes Unternehmen liefert nämlich auch Teile für Geräte in der Medizintechnik, die der Blutanalyse und Ultraschalluntersuchungen dienen. Diese sind derzeit für Lungenuntersuchungen sehr gefragt. Auch liefert die Firma Teile für Monitorsysteme, die bei der künstlichen Beatmung Verwendung finden. Diese Teile erfuhren ein Plus von über 500 Prozent.
Martin Schmidt, stellvertretender Geschäftsbereichsleiter Standortpolitik bei der IHK, stellte derzeit viel Schatten und wenig Licht fest. Das Innovationsprogramm der Bundesregierung, das einige Tage vor der Pressekonferenz im Rahmen des großen Konjunkturhilfeprogrammes bekannt wurde, bezeichnete er als ausgesprochen gut für die hiesige Region. Der Kaufanreiz für E-Autos sei ein starker Impuls für diesen Teilmarkt. Der wirtschaftliche Impuls für die restlichen 90 Prozent des Automobilmarktes halte sich allerdings in Grenzen.
upl