Die IHK sowie die Arbeitsagenturen Offenburg und Freiburg registrierten für dieses Ausbildungsjahr etwas weniger neu abgeschlossene Ausbildungsverhältnisse, die Handwerkskammer Freiburg etwas mehr. Die Bilanz, die die Akteure auf dem Ausbildungsmarkt jüngst zogen, bleibt sehr positiv, sie erwarten keine Auswirkung der schwächeren Konjunktur auf die Zahlen.
Bis Ende Oktober haben 4.375 junge Menschen eine Ausbildung in einem IHK-Beruf begonnen, das waren fünf Prozent weniger als ein Jahr zuvor. Der Rückgang, der in den gewerblich-technischen Berufen (minus 7,1 Prozent) deutlicher ausfiel als in den kaufmännischen (minus 3,6 Prozent), beunruhigt IHK-Präsident Steffen Auer nicht. „Das ist eine Rückkehr zu normalen Zahlen“, sagte er bei einer gemeinsamen Pressekonferenz von IHK, Handwerkskammer (HWK) und den beiden Arbeitsagenturen Mitte November in Freiburg. Ein Blick auf die Werte der vergangenen zehn Jahre zeigt, dass 2018 ein Ausrutscher nach oben war. Vergangenes Jahr verbuchte die IHK mit 4.604 neuen Lehrstellen einen Rekord, 2019 lag zwar darunter, aber über 2017 (4.323).
Überall dort, wo die Zuwächse vergangenes Jahr besonders hoch ausgefallen waren, lagen die Zahlen jetzt entsprechend im Minus, vor allem in den Branchen Bau, Steine, Erden sowie Druck und Papier. Einige Branchen zählten indes auch 2019 Zuwächse, darunter solche, die in der Vergangenheit Probleme hatten, ausreichend Lehrlinge zu finden wie Hotels und Gaststätten oder Banken. Auch das Verkehrs- und Transportgewerbe sowie die Metalltechnik steigerten dieses Jahr die Zahl ihrer neuen Ausbildungsverträge, was laut Auer zeigt, dass die rückläufige Wirtschaftslage keine Auswirkungen auf den Ausbildungsmarkt haben wird.
Im Handwerk ist vom Abschwung ohnehin nichts zu spüren. „Ich sehe keine Delle“, sagte HWK-Präsident Johannes Ullrich. „Vielleicht bekommen wir ja wieder Leute von der Industrie.“ Bei den Handwerksberufen verhielten sich die Jahre 2018 und 2019 genau umgekehrt als bei den IHK-Berufen: Nach einem Rückgang im vergangenen Jahr vermeldete die Handwerkskammer Freiburg dieses Jahr ein Plus von drei Prozent bei den neu abgeschlossenen Ausbildungsverträgen. „Das zeigt, dass unsere Bemühungen ankommen“, kommentierte Ullrich. Und dennoch erlebe man in manchen Berufen einen rasanten Rückgang, etwa bei Friseuren oder Verkäufern im Lebensmittelhandwerk. „Wir brauchen Zuwanderung“, sagte Ullrich daher. Die Handwerksbetriebe in der Region bilden derzeit mehr als 600 Geflüchtete aus. Bei den IHK-Unternehmen machen rund 420 junge Menschen mit Fluchterfahrung eine Ausbildung. Im Bezirk der Arbeitsagentur Offenburg haben mittlerweile 6,5 Prozent der Bewerber auf einen Ausbildungsplatz einen Fluchthintergrund, im Bezirk der Arbeitsagentur Freiburg sind es 13 Prozent. Das größte Problem bei der Ausbildung von Flüchtlingen bleibe die Sprache. Zwar gebe es bei einigen auch mangelnde Motivation, allerdings nicht häufiger als bei deutschen Auszubildenden, betonten unisono die Vertreter der Kammern und Arbeitsagenturen. „Wir müssen dankbar sein, dass wir Zuwanderung haben“, sagte Christian Ramm, Vorstandsvorsitzender der Arbeitsagentur Freiburg.
Denn der Ausbildungs- bleibt ein Bewerbermarkt, wie auch IHK-Präsident Auer konstatierte. Das heißt: Es gibt deutlich mehr Stellen als Bewerber. Und die Schere geht immer weiter auseinander, die Zahl der unbesetzten Lehrstellen steigt stärker als die der unversorgten Bewerber. Im Bezirk der Freiburger Arbeitsagentur kommen auf 10 unversorgte Bewerber mehr als 25 unbesetzte Ausbildungsplätze, im Bezirk der Offenburger Arbeitsagentur liegt das Verhältnis sogar bei 10 zu 170. Doch die Wünsche der Jugendlichen und das Angebot der Unternehmen passen nicht immer zusammen. So sieht es in einzelnen Berufen sehr unterschiedlich aus. Während jeder Bewerber für einen Ausbildungsplatz im Verkauf von Lebensmitteln (zum Beispiel Bäckerei- oder Fleischereifachverkäufer) rein rechnerisch zwischen sechs verschiedenen Stellen wählen kann, bewerben sich auf jeden Ausbildungsplatz in der Holzbe- und -verarbeitung oder der Softwareentwicklkung drei bis vier junge Leute. Innerhalb des Einzelhandels zeigt sich das Ungleichgewicht besonders deutlich: Der Verkauf von Mode, Elektronik und Autos ist beliebt bei den Jugendlichen, hier gibt es viermal mehr Bewerber als offene Stellen, der Verkauf von Lebensmitteln dagegen wie beschrieben nicht.
Der Mangel an – vor allem geeigneten – Bewerbern lässt viele Unternehmen kreativ werden. Sie gehen an die Schulen, zunehmend auch die Gymnasien, werben in den sozialen Medien, versprechen Prämien wie ein Diensthandy, passen die Arbeitszeiten an (vor allem Hotels und Gaststätten) oder erhöhen die Lehrlingsgehälter. Das Werben um Gymnasiasten zeitigt Erfolge: In den IHK-Berufen haben mittlerweile etwa ein Drittel der Auszubildenden die Hochschul- oder Fachhochschulreife. Und IHK-Präsident Auer, der zugleich Chef des Lahrer Metallgroßhandels Schwarzwald-Eisen ist, berichtete, dass in seinem Betrieb die Auszubildenden im Lager jetzt das Gleiche verdienen wie die kaufmännischen.
kat
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