Auch bei unserem Nachbarn läuft die Wirtschaft wieder an. Fabriken und Gastgewerbe nehmen die Arbeit auf, wenn auch mit Vorbeugungsmaßnahmen. Der Staat übernimmt die Kosten der Kurzarbeit nicht mehr vollständig, stützt die Unternehmen aber weiter mit Kreditbürgschaften.

Die erste Welle der Pandemie hat Frankreich stärker erwischt als Deutschland, in gesundheitlicher wie in wirtschaftlicher Hinsicht. Der so gut wie komplette Stillstand im französischen Baugewerbe traf etwa das Unternehmen Hager Group mit Sitz in Obernai hart. „In Deutschland konnten wir weiter produzieren und unsere Kunden beliefern“, erklärt der Vorstandsvorsitzende Daniel Hager. „Die Bautätigkeit und der Bedarf an Elektrotechnik sind auch dort zurückgegangen, aber weniger drastisch als in Frankreich.“ Allmählich gehen wieder Aufträge ein bei der Firmengruppe, die Lösungen und Dienstleistungen für elektrotechnische Installationen im Baubereich anbietet. Am Standort Obernai wird seit Anfang April wieder gearbeitet, mit Vorbeugungsmaßnahmen wie Fieberkontrollen am Firmeneingang, Desinfektionsgel und einem Sicherheitsabstand von 1,50 Metern. Die beidseits des Rheins arbeitende Hager-Gruppe richtet sich in diesem Punkt nach den deutschen Empfehlungen, die strenger sind als der in Frankreich geforderte Meter. Daniel Hager rechnet damit, dass das Unternehmen erst in zwei bis drei Jahren wieder so laufen wird wie früher. Die Krise hat aber auch Innovationen angestoßen, die bleiben: „Wir werden einen Teil der eingeführten Änderungen beibehalten, etwa die verstärkte Arbeit im Homeoffice, die oft unnötige Wege erspart“, sagt der Firmenchef.

Die Herausforderung für den Staat lautet nun: den Neustart fördern, ohne das Budget zu sprengen. Seit Anfang Juni hat die Regierung die bis dahin komplette Kostenübernahme für die Kurzarbeit eingeschränkt. Die Unternehmen müssen jetzt 15 Prozent selbst tragen, mit Ausnahme des Hotel- und Gastgewerbes. In der Region Grand Est hat der Staat überdies Bürgschaften für Kredite von 24.000 Firmen in Höhe von zwei Milliarden Euro übernommen. 180.000 Unternehmen und Selbständige erhielten zudem kurzfristig eine Nothilfe von bis zu 1.500 Euro im Monat.
Wie in Deutschland ist der Schaden für Tourismus, Hotellerie und Gastgewerbe auch in Frankreich besonders groß. Seit 2. Juni sind wenigstens die Terrassen frankreichweit wieder geöffnet, auch die des Cocolobo, einer Tapas-Bar in Straßburg. Besitzer Jacques Chomentowski befürchtet, dass das Schlimmste erst kommt: „Für den Sommer rechne ich in etwa mit 70 Prozent meines üblichen Umsatzes. Das reicht, um meine Angestellten zu bezahlen, aber nicht, um für den stets umsatzschwächeren Winter zurückzulegen.“ Dabei fühlt sich Chomentowski gegenüber vielen Kollegen noch bevorzugt. Seine Bar liegt an einem unbefahrenen Platz, und er darf seine Terrasse vergrößern, um den Platzverlust durch den Sicherheitsabstand im Innenraum abzufedern. Ein seltenes Glück in Straßburg, wo das Miteinander von Verkehr, Fußgängern und Terrassen in der engen Innenstadt ein stetes Konfliktthema ist. Für Chomentowski, nebenbei auch Sprecher der Hotel- und Gastgewerbeunternehmer im Departement Bas Rhin, ist klar: „Ohne solche Sonderregelungen kommt ein Teil meiner Kollegen schlicht nicht über die Runden. Für viele ist das eine Überlebensfrage.“
Pierre Pauma (Übersetzung: Manfred Walser)
Die WiS arbeitet mit der elsässischen IHK-Zeitschrift „Point éco“ und dem Wirtschaftsmagazin „Wima“ der IHK Karlsruhe zusammen und veröffentlicht gemeinsame Beiträge wie diesen.