Die Frühjahrsvollversammlung der IHK Hochrhein-Bodensee stand in diesem Jahr unter zwei besonderen Vorzeichen: Zum einen war es die erste Vollversammlung mit Katrin Klodt-Bußmann als Hauptgeschäftsführerin. Zum anderen stehen wegweisende Wahlen an. Getroffen hatte sich die IHK-Vollversammlung in Lottstetten im Landkreis Waldshut.
Gastgeberin war die Rehm Kies- und Betonwerk GmbH & Co. KG. Deren Geschäftsführerin Lucia Rehm übernahm daher nicht nur die Begrüßung, sondern stellte die Unternehmensgruppe mit ihren beiden Standorten beiderseits der deutsch-schweizerischen Grenze kurz vor. Die Unternehmerin, die der künftigen Vollversammlung nicht mehr angehören wird, legte dabei den Fokus auf Nachhaltigkeit. Unter anderem sorgen Photovoltaikanlagen und eine Holzhackschnitzelanlage, die aus eigenen Wäldern gespeist wird, für genügend Wärme und ausreichend Strom.
In seiner Einführung verwies Kammerpräsident Thomas Conrady auf den Wechsel in der Hauptgeschäftsführung nach 17 Jahren. Es sei daher auch für ihn etwas Neues, Katrin Klodt-Bußmann auf dem Podium neben sich zu haben. Mehr als 100 Tage bekleide sie nun das Amt, „und wir freuen uns darüber“, stellte er fest: „Willkommen auch in diesem Kreis!“ Leider sei der vereinbarte Zeitplan jedoch nicht einzuhalten gewesen. Die Klausurtagung, die vor der Vollversammlung hätte stattfinden sollen, habe verschoben werden müssen. Eine Folge: Manch geplanter Tagesordnungspunkt wie das Thema Energie dürfte erst in der nächsten Sitzung angesetzt werden. Eine weitere Folge: Die Vollversammlung endete punktgenau.
Ihre Begrüßung nutzte die Hauptgeschäftsführerin, um neue Mitarbeitende vorzustellen und auf personelle Veränderungen in der IHK hinzuweisen. Dabei begrüßte sie auch Anke Pedersen, die Anfang April die Chefredaktion der WiS übernommen hat. Thomas Conrady hieß mit Frederic Rouagha den Vorsitzenden der Wirtschaftsjunioren willkommen und freute sich mit Präsidiumskollegin Stephanie Bitterli von der Feinwerktechnik hago GmbH über deren Auszeichnung zum Ausbildungs-Ass. Danach wies er auf Versicherungsunternehmer Martin Bantle aus Konstanz, der seine Erfahrungen in Sachen Nachhaltigkeit im Unternehmen in einem Buch veröffentlicht hat, und auf Bettina Gräfin Bernadotte hin. Die Geschäftsführerin der Mainau GmbH erhielt im April 2024 den Verdienstorden des Landes Baden-Württemberg.
Im Bericht fassten sowohl Katrin Klodt-Bußmann als auch Thomas Conrady die Ereignisse und Veranstaltungen der vergangenen Monate zusammen. Ein zentraler Punkt: die politische Arbeit, die immer herausfordernder werde. „Es ist fast ein Ding der Unmöglichkeit, etwa einen Termin im Finanzministerium zu erhalten“, machte der Präsident seinem Unmut Luft.
Wahlbeteiligung soll steigen
Für die anstehende Wahl zur IHK-Vollversammlung wünschte sich Thomas Conrady ein großes Plus bei der Wahlbeteiligung. 10,2 Prozent waren es zuletzt. Sein Wunsch: „20 Prozent wäre ein Spitzenwert.“ Mit Plakaten und Argumenten, die in den Firmen aktiv vertreten werden müssen, soll die Wahlbereitschaft erhöht werden. Die Teilnahme an dieser Wahl sei hinsichtlich des Demokratiegedankens wichtig, machte Katrin Klodt-Bußmann deutlich. Die Wahl läuft vom 1. bis 26. Juli.
Im Zusammenspiel mit Präsidiumsmitglied Stephan Schultze erläuterte Karin Wiehrer im Anschluss die aktuelle Finanzlage. Das Jahresergebnis werde etwas besser ausfallen als geplant, berichtete die Leiterin des Rechnungswesens der IHK Hochrhein-Bodensee: und zwar um voraussichtlich circa zwei Millionen Euro. Ein Faktor, so Karin Wiehrer, seien Mehrerträge bei den Beiträgen und den sonstigen betrieblichen Erträgen. Dieses positive Ergebnis erlaube Rücklagen für Sanierungsbedarfe der Gebäude. Die aufkommende Diskussion, ob das gute Ergebnis nicht zu einer Senkung des Beitrags führen könne, unterbrach Thomas Conrady mit dem Hinweis auf einen Tagesordnungspunkt direkt im Anschluss: „Da kommt noch etwas auf uns zu!“
Sanierungsarbeiten an zwei Gebäuden
Rund fünf Millionen Euro – so die aktuelle Einschätzung – müssen in den kommenden Jahren in zwei Immobilien der IHK investiert werden. Etwa drei Millionen Euro dürfte die Sanierung des IHK-Gebäudes in Schopfheim kosten. Hier gehe es sowohl um die Sanierung des Betons, der in die Jahre gekommen ist, als auch um eine energetische Sanierung, erläuterte Thomas Conrady. Etwa 1,8 Millionen Euro könnten für die ausstehende Dachsanierung der Gebäude in der Konstanzer Schützenstraße 8a/b inklusive eines neuen Anstrichs erforderlich werden. In Schopfheim wird zudem ein Energieberater hinzugezogen werden. Die Vollversammlung erklärte im Einklang mit dem Präsidium zur Umsetzung der Maßnahmen die Zustimmung, vorab Angebote einzuholen und eine Kostenplanung zu erstellen.
Weil zur Umsetzung der Maßnahmen vorab Angebote eingeholt und eine Kostenplanung erstellt werden muss, kam das zur Abstimmung – und wurde einstimmig bewilligt.
Im Zuge der Diskussion kam die Frage auf, ob es aufgrund der beiden Standorte Dopplungen bei den Funktionen gebe. Bis auf regional zuständige Stellen wie etwa die Ausbildungsberater sei das nicht der Fall, machte Katrin Klodt-Bußmann deutlich. Dennoch würde man die Struktur der IHK hinterfragen, schob Präsidiumsmitglied Johannes Bliestle nach: „Das ist ein Thema für unsere Klausur.“ Kein Thema sei allerdings, einen der beiden Standort aufzugeben, beugte Thomas Conrady möglichen Diskussionen vor.
Kammerzeitschrift auf neuer Grundlage
Informiert wurde die Vollversammlung im Anschluss über die Weiterführung der Kammerzeitschrift WiS zu aktualisierten Bedingungen, nachdem der Verlag den Vertrag überraschend gekündigt hatte. Die Kündigung sei allerdings nicht wirksam gewesen, berichtete Rechtsanwältin Barbara Schlaberg, Geschäftsführerin und Leiterin des Geschäftsfelds Recht und Steuern. Dennoch habe man diesen Umstand genutzt, um eine Ergänzungsvereinbarung aufzusetzen, die beiden Seiten mehr Sicherheit gibt. Unter anderem wurde die Kündigungsfrist von drei auf neun Monate verlängert.
Politische Stabilität stärken
Im Vorfeld der Europa-Wahl baten Katrin Klodt-Bußmann und Thomas Conrady anschließend darum, für diese Wahl zu werben: „Wir müssen die öffentliche Verwaltung und die Wirtschaft aufwecken.“ Die europäische Union sei der Garant für politische Stabilität, einheitliche Normen und „ein Friedensprojekt, das unterstützt werden muss“. Manche Kritik an Brüssel sei berechtigt, aber wer sein Kreuz an der falschen Stelle setze, schade dem Wirtschaftsstandort Deutschland. Darüber hinaus verwiesen die Hauptgeschäftsführerin und der Präsident auf die DIHK-Kampagne „27 % von uns“ mit dem Hashtag #KeineWirtschaftOhneWir. Schließlich hätten 27 Prozent aller Erwerbstätigen in Deutschland einen Migrationshintergrund. Die Kampagne wolle sichtbar machen, dass Ausgrenzung für den Standort Deutschland keine Alternative ist.
Mehr Sicherheit für die IT
Thomas Conrady unterrichtete die Vollversammlung dann von der personellen Aufstockung in der IT-Abteilung. Ziel sei es, besser gegen Cyberangriffe gewappnet und insgesamt besser aufgestellt zu sein. Eine von zwei neuen Stellen wurde bereits besetzt, die Suche nach einer weiteren Kraft gehe weiter. „Die IT wird zu einem richtigen Kostenfaktor“, stellte der Präsident fest – „aber das Thema ist für uns als IHK mit das Wichtigste!“
Lebendige Innenstädte
Volle Unterstützung erhielt ein Positionspapier der BWIHK zur Belebung von Innenstädten. Ein Baustein ist die Aufenthaltsqualität. Thomas Conrady: „Wir brauchen wieder ein ‚Innenstadterlebnis‘.“ Dazu gehöre auch die Verbesserung der Klimaresilienz etwa durch mehr Dach- und Fassadenbegrünungen, so dass der Besuch einer Innenstadt auch bei Hitzeperioden keine Herausforderung darstellt.
Norwegen als Reiseziel
Die Vollversammlung auf Reisen: Was durch Corona unterbrochen wurde, soll schon im kommenden Jahr wieder aufgenommen werden. Geschäftsführer Uwe Böhm stellte vier mögliche Reiseziele und Zeiträume vor: Das Votum fiel eindeutig auf Norwegen, an zweiter Stelle folgte das Baltikum. Damit verbunden war der Auftrag, die Reise weiter zu planen.
Pünktlich nach knapp vier Stunden läutete Präsident Conrady das Ende ein. Die nächste Vollversammlung ist am Dienstag, 23. Juli, in Konstanz. Es wird die letzte in dieser Besetzung sein.
Patrick Merck
Bilder: Gruppenbild in Lottstetten: Zum vorletzten Mal traf sich die Vollversammlung in ihrer aktuellen Besetzung (oben).
Geschäftsführerin Lucia Rehm begrüßte die Gäste im Verwaltungsgebäude der Rehm Kies- und Betonwerk GmbH & Co. KG (unten).