Die Wirtschaft in der Region Schwarzwald-Baar-Heuberg ist massiv von der weltweiten Ausbreitung des Coronavirus Sars-CoV-2 betroffen. Wie gehen Unternehmen damit um? Einige Schlaglichter aus der Wirtschaft.
Gut jedes zweite Unternehmen in der Region Schwarzwald-Baar-Heuberg spürt deutliche Auswirkungen der Coronapandemie. Das ergab eine bundesweite IHK-Umfrage, an der sich auch die IHK Schwarzwald-Baar-Heuberg beteiligt hatte. Steffen P. Würth, Geschäftsführer Straub-Verpackungen GmbH und IHK-Vizepräsident: „Es ist keine Überraschung, dass unsere exportorientierte Wirtschaft als Teil der internationalen Lieferkette die Auswirkungen zu spüren bekommt. Die Unternehmen gehen aber so professionell wie möglich mit der Situation um, treffen ihre Vorkehrungen und Maßnahmen.“
Die Lage in den Unternehmen
In der Region Schwarzwald-Baar-Heuberg hatten von den 33 antwortenden Unternehmen Mitte März rund 60 Prozent Vorkehrungen getroffen. Dazu zählten Notfallpläne, angepasste Arbeitsabläufe, verringerte Reisetätigkeiten, die Ausweitung von Homeoffice-Arbeitsplätzen bis hin zur Beschaffung von Medizin und Hygieneartikeln. Knapp 90 Prozent der Unternehmen in der Region erwarteten Auswirkungen auf ihre Geschäfte. Hauptgründe dafür sind die Absage von Messen und Veranstaltungen, eine geringere Nachfrage sowie anhaltende Unsicherheiten. Zumeist zeigt sich ein ähnliches Bild: Bei den Industriebetrieben heißt es zwar, vielfach es sei noch zu früh, um die Lage umfassend zu bewerten. Noch seien die Lager ausreichend gefüllt. „Doch die Lagerbestände werden natürlich nicht ewig halten. Teilweise werden auch vermehrt deutsche Lieferanten einbezogen“, weiß IHK-Hauptgeschäftsführer Thomas Albiez. Solche Alternativen gebe es allerdings nicht für alle Zulieferteile und noch weniger für Rohstoffe.
Robert Fleischer, Niederlassungsleiter der Emons Spedition GmbH in Villingen und Mitglied im IHK-Verkehrsausschuss: „Das Coronavirus hat natürlich erhebliche Auswirkungen auf die Lieferketten – mit Engpässen im Luft- und Seeverkehr, Laufzeitverzögerungen im Landverkehr und Sendungen, die nicht ausgeliefert werden können. Die Logistikketten arbeiten unter Volllast. Aber die Unternehmen stimmen sich intern und mit externen Partnern fortlaufend ab, um auf aktuelle Entwicklungen zu reagieren. Die Transportwirtschaft rechnet mittel- und langfristig mit teilweise erheblichen wirtschaftlichen Folgen. Allein der Rückgang der interkontinentalen Containerschifffahrt könnte im Jahr 2020 bis zu 20 Prozent weniger Straßentransporte bedeuten.“
Sehr viel stärker betroffen sähen sich Betriebe, die Dienstleistungen anbieten, sagt Thomas Albiez. Durch den starken Rückgang jedweder Mobilität – seien dies private und Geschäftsreisen, Meetings oder Schulungen – entfielen Hotels und Restaurants, Reisebüros, Messeveranstaltern und -bauern sowie Bildungsanbietern und anderen ihre Kunden und Aufträge. Während Industriebetriebe Produktionen zum Teil verschieben könnten, sei dies zum Beispiel in Restaurants nicht möglich – sie könnten nicht ein paar Monate später einfach mehr Kunden bewirten. Der einmal eingetretene Schaden sei irreversibel. Besonders die Hotellerie und Gastronomie leidet massiv an einem Gästeschwund.
Michael Steiger, Vorsitzender des IHK-Tourismusausschusses: „Wir haben einen massiven Rückgang. Was gerade passiert ist eine massive Bedrohung für die Gastronomie hier im Umkreis.“ Alle Betriebe leiden besonders unter dem Fernbleiben von Geschäftsleuten. Diese bildeten für viele Hotels und Restaurants in der Region einen erheblichen Kundenanteil. „Durch die Absagen sämtlicher Messen, Seminare und der meisten Geschäftsreisen verzeichnen wir einen Rückgang von mehr als 80 Prozent bis hin zu Schließungen“, erklärt Steiger. Gerade in Tourismushochburgen wie Triberg machten ausbleibende Besucher den Gastronomen stark zu schaffen.
Informationen
Unternehmen, die wegen der Coronapandemie in existenzielle Not geraten sind und Soforthilfe der Landesregierung beantragen möchten, müssen dies online machen unter
https://wm.baden-wuerttemberg.de/soforthilfe-corona/
Die ausgefüllten Anträge müssen eingescannt oder abfotografiert und dann hochgeladen werden unter www.bw-soforthilfe.de
Die IHK übernimmt die Plausibilitätsprüfung.
Die IHK Schwarzwald-Baar-Heuberg hat einen Themenschwerpunkt auf ihrer Internetseite eingerichtet, auf der sich Informationen, Risikobewertungen und Vorsichtsmaßnahmen zum Umgang mit dem Coronavirus und seinen wirtschaftlichen Folgen finden. Außerdem wird über abgesagte Veranstaltungen oder Prüfungen informiert: www.ihk-sbh.de/corona
Außerdem steht ein IHK-Team für Anfragen über die Hotline 07721 922-244 zur Verfügung.
Mögliche Auswirkungen
Knapp ein Drittel der Unternehmen rechnet laut IHK-Umfrage mit einem erheblichen Umsatzrückgang von mehr als zehn Prozent. Rund 40 Prozent der Unternehmen wagte im März noch keine Umsatzprognose. Je länger die Pandemie anhält, desto stärker werden die Auswirkungen sein. Selbst wenn die Region Schwarzwald-Baar-Heuberg weitestgehend von Infektionen verschont bliebe, würde sich die Betroffenheit anderer Regionen und Länder stark auf die Mitgliedsunternehmen auswirken, so Thomas Albiez. Denn wo Lieferketten unterbrochen würden, drohten Dominoeffekte über alle Wirtschaftszweige und Betriebsgrößen hinweg.
Wie sich die Unternehmen vorbereiten
Viele Unternehmen treffen Vorkehrungen gegen die Verbreitung des Coronavirus. Das reicht von Hygienevorschriften wie „richtigem“ Händewaschen oder Niesen und Sicherheitsvorschriften bei Anlieferungen und Abholungen bis zur beruflichen und privaten Mobilität der Mitarbeiter: Verzicht auf vermeidbare Reisen und Kontakte, stattdessen digitale Kommunikation via Skype oder Teams. 43 Prozent der in der IHK-Studie befragten Unternehmen in Baden-Württemberg melden, dass sie ihre Reisetätigkeiten einschränken, und knapp 38 Prozent sagen Messen und Veranstaltungen als Schutzmaßnahmen ab. So werden Reisen zu Lieferanten, Kunden, Fortbildungen et cetera auf das Notwendigste reduziert. Vielfach werden externe Besuche an die Firmenstandorte vermieden, technische und vertriebliche Schulungen im Haus abgesagt oder wenn möglich durch Videokonferenzen ersetzt. Die Mitarbeiter sowie das Reinigungspersonal werden zu intensiven Hygienemaßnahmen angewiesen.
Neben diesen konkreten Handlungsanweisungen heißt es für Unternehmen, sich umfassend zu informieren und mit Partnern, Dienstleistern und Unternehmen im aktiven Austausch zu bleiben, sagt Thomas Albiez. Angesichts der aktuellen Entwicklungen werde vielfach eine interne Task Force eingerichtet, die sich in kurzen Abständen zur Lage und deren Dynamik austauscht, um Maßnahmen abzuleiten. „Wir halten es grundsätzlich für sehr wichtig, Ruhe auszustrahlen, zu informieren und Bewusstsein zu schaffen“, sagt der IHK-Hauptgeschäftsführer. Thomas Albiez ist überzeugt: „Gesundheitsbehörden, Politik, Wirtschaft und Bevölkerung können diese Herausforderung meistern, wenn wir alle besonnen und kooperativ agieren. Es ist nicht übertrieben zu sagen, dass das Schadenspotenzial, das in unangemessenem oder gar panischem Verhalten liegt, größer ist als das des Virus selbst.“
Text: doe/bk
Bild: ithipone – Adobe Stock
Link zum Interview mit der IHK-Präsidentin Birgit Hakenjos-Boyd