Ob in der Logistik, der Industrie oder der Gastronomie: Immer häufiger arbeiten Ungelernte oder Quereinsteiger in den Betrieben. Sie verfügen zwar über Berufserfahrung, können diese aber nicht mit Dokumenten belegen. Laut Studien trifft diese Situation in Deutschland auf gut 21 Millionen Menschen im berufsfähigen Alter zu. Angesichts von Fachkräftemangel und demografischer Entwicklung wird es jedoch immer wichtiger, Potenziale in der Belegschaft zu erkennen und gezielt zu fördern.
Auf Empfehlung des Rates der Europäischen Union wurde daher ein Verfahren entwickelt, mit dem berufspraktische Kompetenzen festgestellt und zertifiziert werden. Das Bundesbildungsministerium fördert das dazugehörige Projekt „ValiKom Transfer“. Es dient dazu, berufspraktische Kompetenzen, die außerhalb des Berufsbildungssystems erlangt wurden, festzustellen und zu bescheinigen. Mit dem Validierungsverfahren können Betriebe Wertschätzung gegenüber ihren Mitarbeitenden zum Ausdruck bringen. Gleichzeitig ist es für Ungelernte ein Leistungsnachweis, mit dem sie ihre Chancen auf eine qualifizierte Beschäftigung erhöhen können. Das Validierungsverfahren richtet sich an Personen ab 25 Jahren, die keine abgeschlossene Ausbildung haben oder als Quereinsteiger tätig sind und über mehrjährige Berufserfahrung verfügen. Deutsche, Migranten und Geflüchtete mit oder ohne Arbeit sind hier gleichermaßen angesprochen, sofern sie diese Voraussetzungen erfüllen und Deutsch sprechen.
Für die IHK Südlicher Oberrhein kümmert sich seit Anfang Mai der neue Mitarbeiter Patrick Bareiter (39) um das Projekt Valikom Transfer. Zuvor hat Bareiter bei der IHK zu Lübeck das Projekt Willkommenslotse aufgebaut und betreut. Er ist gelernter Industriemechaniker und hat Islamwissenschaften studiert. Als Projektmitarbeiter ist es seine Aufgabe, die Ratsuchenden von Anfang bis Ende des vierstufigen Verfahrens zu begleiten. „Dazu gehört zunächst ein Informationsgespräch über alle notwendigen Schritte. Dann steht Hilfe beim Ausfüllen der Dokumente an. Im Anschluss wird der entsprechende Referenzberuf ausgewählt, und nach der Bewertung erfolgt schließlich eine Beratung zu beruflichen Entwicklungsmöglichkeiten“, erklärt Bareiter. Am Ende steht ein Zertifikat über die teilweise oder volle Gleichwertigkeit zum Referenzberuf.
Die IHK startet Valikom Transfer mit den beiden Berufen Fachkraft für Lagerlogistik sowie Fachkraft für Metalltechnik und will das Angebot auf bis zu zehn Berufe ausweiten. Es können sich jedoch auch Personen und Firmen melden, die andere Berufe zertifiziert haben möchten. In diesen Fällen wird nach der Information und Beratung an andere zuständige Kammern verwiesen. „Das Schöne an diesem Projekt ist, dass bei der Bewertung der Fokus auf die Validierung der berufspraktischen Fähigkeiten durch das Lösen von praxisnahen Aufgaben aus dem Berufsalltag gelegt wird. Dadurch werden auch Personen angesprochen, die sich zum Beispiel eine Externenprüfung nicht zutrauen“, sagt Patrick Bareiter. Damit ergänzt Valikom Transfer das Angebot der Kammern von dualer Berufsausbildung, Teilqualifizierung und Anerkennungsverfahren ausländischer Berufsabschlüsse.
heo/pb
Patrick Bareiter,
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