Die vergangenen Monate standen im Zeichen der konjunkturellen Erholung. Insbesondere in jenen Branchen, die von den Maßnahmen zur Eindämmung der Covid-19-Pandemie hart getroffen wurden, wie dem Hotel- und Gastgewerbe, zeichnet sich langsam eine Normalisierung der Geschäfte ab. Trotzdem dämpfen gleich mehrere Faktoren die Freude.
In der aktuellen IHK-Konjunkturumfrage steigt der Index der Geschäftslage im Vergleich zum Frühsommer um 17 Punkte kräftig an und erreicht mit 34 Punkten erstmals wieder sein Vorkrisenniveau. 88 Prozent der Unternehmen bewerten ihre aktuelle Geschäftslage als gut oder befriedigend. Nur 12 Prozent leiden weiterhin unter einer schlechten Geschäftslage.
Nichtsdestotrotz zeigten vor allem die vergangenen Wochen, dass die sehr optimistischen Prognosen vom Beginn des Jahres aktuell etwas nach unten korrigiert werden müssen. Zu viele Störfeuer begleiten den wirtschaftlichen Aufschwung. Neben dem Fachkräftemangel, der bereits vor der Pandemie für große Sorgenfalten in den Unternehmen sorgte, sind es nun vor allem auch die Energie- und Rohstoffpreise, die in Zeiten einer weltweit anziehenden Konjunktur kräftig steigen. Hinzu kommen Engpässe bei der Verfügbarkeit von Vorprodukten und mangelnde Transportkapazitäten im Seehandel. All dies führt in Summe dazu, dass die Industrie am Oberrhein aktuell keine verbesserte Lagebewertung mehr verzeichnen kann.
Entsprechend der zahlreichen Ungewissheiten verbessert sich der Index der Geschäftserwartungen nur noch leicht. Er steigt von 18 auf 21 Punkte (siehe auch Grafik oben). 34 Prozent der Unternehmen gehen von einer Verbesserung der Geschäfte in den kommenden zwölf Monaten aus, 12 Prozent sind vom Gegenteil überzeugt.
Auch hier zeigt sich eine Diskrepanz zwischen der Indus-trie und den übrigen Branchen. Nur in der Industrie wird der Ausblick aktuell negativer bewertet als im Frühsommer.
Auch auf dem Arbeitsmarkt hat sich die konjunkturelle Erholung bereits bemerkbar gemacht. So lag die Arbeitslosenquote im Kammerbezirk im September 2021 bei 3,5 Prozent und damit wieder deutlich niedriger als vor einem Jahr (4,3 Prozent) und bereits fast wieder auf Vorkrisenniveau (3,2 Prozent, September 2019). Erstmals seit Beginn der Pandemie schafft es auch der Index der erwarteten Beschäftigung wieder knapp in den positiven Bereich. Von -8 steigt er auf 6 Punkte, so dass jene Unternehmen, die zusätzliche Einstellungen planen, wieder in der Mehrzahl sind.
Fachkräftemangel zurück im Fokus
Jeweils im Herbst werden die Unternehmen der Region auch zu ihren Erfahrungen bei der Fachkräftesuche befragt. Nachdem sich hier Jahr für Jahr eine Zuspitzung der Situation abzeichnete, gab es im Herbst des vergangenen Jahres im Zuge der Covid-19-Pandemie und der damit einhergehenden abnehmenden Nachfrage nach Fachkräften erstmals eine deutliche Trendumkehr. Zum Herbst 2021 aber wird das alte Niveau bereits wieder erreicht. 60 Prozent der Unternehmen geben an, dass sie offene Stellen aktuell nicht besetzen können, nur 17 Prozent haben keine Probleme.
Differenziert man nach Branchen, zeigen sich hier erneut das Hotel- und Gastgewerbe und die Bauwirtschaft an der Spitze. In beiden Branchen können jeweils 74 Prozent der Betriebe offene Stellen aktuell nicht besetzen. Eingeschränkte Öffnungszeiten beziehungsweise abgelehnte Aufträge sind oftmals die Folge dieser Entwicklung.
Einmal mehr zeigt sich auch, dass es vor allem Fachkräfte mit abgeschlossener Berufsausbildung sind, die den Betrieben fehlen. 82 Prozent derjenigen Betriebe, die vergeblich Fachkräfte suchten, benötigen Menschen mit diesem Qualifikationsniveau. Beachtenswert ist jedoch auch, dass bereits mehr als jedes dritte Unternehmen angibt, auch keine Ausbildungsanfänger zu finden. Ebenso gelingt es 28 Prozent der Betriebe nicht, Stellen zu besetzen, die keine abgeschlossene Berufsausbildung oder ein Studium voraussetzen. Dies zeigt, dass der Fachkräftemangel immer mehr von einem Problem in der Spitze zu einem Problem in der Breite wird und man in Regionen mit geringer Arbeitslosigkeit wie dem Südlichen Oberrhein schon von einem Arbeitskräftemangel sprechen kann.
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