„Chef, kann ich von Ko Samui aus arbeiten?“ – Fragten sich Führungskräfte früher bei so einem Satz, ob sie sich verhört hätten, müssen sie heute immer
öfter ernsthaft darüber nachdenken. Denn mehr und mehr Mitarbeiter kommen auf den Geschmack: Arbeiten dort, wo man auch Urlaub macht. Ein Traum für Arbeitnehmer, ein Alptraum für Arbeitgeber? Rechtlich ist Workation eine komplexe Angelegenheit. Was Unternehmen – und Mitarbeiter – dabei beachten müssen.
Work-Life-Balance, New Work, Home-Office… die Arbeitswelt hat sich in den letzten Jahren verändert. Auch die Pandemie hat gezeigt, dass gute Arbeit nicht nur im Betrieb oder im Büro geleistet werden kann, sondern auch von zu Hause oder von überall auf der Welt. Vor einigen Jahren in vielen Unternehmen noch undenkbar, ist es heute schon (fast) Alltag: „Workation“. Das Wortspiel aus Arbeiten (work) und Urlaub (vacation) bedeutet für Arbeitnehmer die mobile Arbeit insbesondere von schönen (Urlaubs-)Orten aus dem Ausland – und übrigens nicht zu verwechseln mit „bleisure“, der Verlängerung einer Dienstreise („business“) um ein paar Tage Urlaub („leisure“).
Workation wird in der Regel mindestens über mehrere Wochen bis zu einem Jahr genutzt und von Arbeitnehmern und teilweise auch schon von Bewerbern im Vorstellungsgespräch gefordert. Arbeitgeber erlauben Workation häufig, ohne sich Gedanken über die arbeits-, sozialversicherungs- und steuerrechtlichen Aspekte einer Arbeit im Ausland zu machen. Das kann zu erheblichen finanziellen Risiken führen, von Bußgeldern über Steuerzahlungen bis zur Nachent-richtung von Sozialversicherungsbeiträgen.
Lesefutter
Workation ist kein Mitarbeiterwunsch,den man im Unternehmen mal schnell umsetzt, daran lassen die Autoren des neuen Taschenguides Workation keinen Zweifel. So ein Angebot will gut vorbereitet sein. Und an was Mitarbeiter und Betriebe dabei alles denken müssen, findet sich hier gut und schnell zusammengefasst. Die Einzelfallprüfung ersetzt der Ratgeber nicht, aber er kann dabei als Gedankenstütze dienen.
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Omer Dotou/Anne-Katrin Schwanitz/Steffi Hochgraef | Workation | Taschenguide Haufe | 128 Seiten | 11,99 Euro (Print und eBook)
Vor der Zusage sehr kritisch prüfen
Das Arbeitsrecht beispielsweise richtet sich – jedenfalls nach einer gewissen Dauer – nach dem Ort, an dem der Arbeitnehmer gewöhnlich seine Arbeitsleistung erbringt. Bei Workation in Rio de Janeiro sind plötzlich brasilianische Feiertage zur berücksichtigen, bei einer Tätigkeit in Jakarta die indonesische Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall. Bei Workation im nichteuropäischen Ausland oder bei einer 24 Monate übersteigenden Workation im europäischen Ausland kann es zu einer doppelten Sozialversicherungspflicht kommen.
Workation kann auch steuerrechtliche Auswirkungen haben, der Arbeitnehmer kann im Ausland steuerpflichtig werden, wenn er – wie in vielen Doppelbesteuerungsabkommen geregelt – mehr mehr als 183 Tage im Ausland tätig ist. Für Arbeitgeber besteht bei Workation zudem das Risiko, dass sie damit eine Betriebsstätte im Ausland gründen – mit nicht unerheblichen Folgen etwa im Steuerrecht.
Jeder Fall liegt anders
Für Workation müssen im Vorfeld in jedem Einzelfall aufgrund des Tätigkeitsortes im Ausland, der Dauer des Auslandsaufenthaltes und der Art und Weise der Tätigkeit die arbeits-, sozialversicherungs- und steuerrechtlichen Aspekte überprüft werden. Um finanzielle und sonstige Risiken zu vermeiden, sollten Arbeitgeber vor der Abreise mit ihren Arbeitnehmern Vereinbarungen treffen etwa über eine Ergänzung zum Arbeitsvertrag, mit Blick auf die Reisekosten-richtlinie oder als Teil einer Betriebsvereinbarung. Unterm Strich ist Workation ist eine knifflige Sache, einerseits. Andererseits wird sie bei Arbeitnehmern immer begehrter – und rechtlich möglich ist sie ohnehin. Unternehmen werden über kurz oder lang nicht umhinkommen, sich mit dem Thema mal zu befassen.
Text: Erik Schmid und Leander Kirste, Advant Beiten
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