Kündigt ein Unternehmen ein Arbeitsverhältnis fristlos, weil es meint, die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses sei ihm nicht zuzumuten, und bietet es gleichzeitig dem Arbeitnehmer zur Vermeidung von Vergütungsrisiken für die Dauer des Kündigungsschutzprozesses eine Beschäftigung an, verhält sich der Arbeitgeber aus Sicht des Bundesarbeitsgerichts (Az. 5 AZR 255/22) widersprüchlich. Das lasse vermuten, dass das Beschäftigungsangebot nicht ernst gemeint sei. Das Unternehmen kann sich deshalb später vor Gericht auch nicht darauf berufen.
In dem verhandelten Fall vor dem BAG war ein Mitarbeiter als technischer Leiter beschäftigt und sollte eine per Änderungskündigung angebotene niedriger dotierte Stelle annehmen. Er lehnte ab und erschien auch nicht zur Arbeit. Es kam, wie es kommen musste: Das Unternehmen kündigte nochmals fristlos – ergänzte aber, dass man den Mitarbeiter an Tag x zum Arbeitsantritt erwarte, sollte er die fristlose Kündigung ablehnen. Der Mitarbeiter erschien nicht.
Die Änderungskündigung wie auch die anschließend erklärte fristlose Kündigung erkannten die Arbeitsgerichte als rechtsunwirksam. Zudem verlangte der Mitarbeiter noch für mehrere Monate Gehalt bis zum Antritt einer neuen Stelle. Das Unternehmen hielt dagegen und argumentierte, dass der Mann nach Ausspruch der fristlosen Kündigung nicht zur Arbeit erschienen sei.
Die Richter gaben dem Mitarbeiter Recht. Er musste nicht zur Arbeit erscheinen, weil die Arbeitgeberseite mit dem Ausspruch der fristlosen Kündigung selbst zum Ausdruck gebracht habe, dass ihr eine Weiterbeschäftigung des Mitarbeiters nicht zuzumuten gewesen sei. Sich später im Prozess auf das Weiterbeschäftigungsangebot zu berufen, sei widersprüchlich und nicht als ernsthaft zu erachten.
Text: Olaf Müller, Endriß und Kollegen
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