Der Blick über den Tellerrand inspiriert oft zu neuen Ideen. Genau hier setzt unser Format „Frisch gedacht“ an. Wir stellen Firmen aus der Region vor, die Themen aus dem Betriebsalltag mal anders angehen. Zum Staunen und Nachmachen. Diesmal: ein besonderer Recruitingansatz bei der Testo SE & Co. KGaA in Titisee-Neustadt.
Herr Jung, Testo setzt bei der Suche nach Fach- und Führungskräften unter anderem auf Boomeranging. Was steckt hinter dieser Recruitingsstrategie?
Thomas Jung: Nun, für mich ist Boomeranging mehr ein neuer Denkansatz als eine Strategie. Blicken wir mal 20, 30 Jahre zurück: Wenn damals jemand ein Unternehmen verlassen hat, war es undenkbar, diesen Menschen nochmal einzustellen. Weg war weg. Diese Haltung kann man sich heute in Zeiten des Personalmangels nicht nur nicht mehr leisten. Sie passt auch nicht mehr zu unserem Selbstverständnis. Insofern ist Boomeranging für mich eher eine Kulturveränderung. Aber zurück zur Frage, was das überhaupt ist: Wir sprechen seit einiger Zeit, wenn wir Stellen zu besetzen haben, gezielt auch frühere Kolleginnen und Kollegen an, die uns in guter Erinnerung geblieben sind. Daher das Bild vom Boomerang.
Wie erfolgreich ist das?
Ganz ordentlich. Allein in diesem Jahr haben wir bis dato rund zehn Prozent unserer freien Stellen mit ehemaligen Mitarbeitern besetzen können. Wenn wir Neuausschreibungen haben, fragen wir bei unseren Führungskräften in die Runde, ob ihnen jemand einfällt, der in der Vergangenheit gut war und bei dem sich die Ansprache lohnen könnte.
Und dann sprechen Sie die Ehemaligen einfach an?
Ja. Wobei wir nicht so ganz aus dem Blauen heraus bei ihnen aufschlagen. In den Austrittsgesprächen, die unsere Führungskräfte mit scheidenden Kollegen führen, fragen wir an, ob wir uns denn später nochmal melden dürfen.
Sie sind also nicht nachtragend…
Auf keinen Fall. Berufswechsel gehören zum Leben dazu. Manchmal erfordern die Lebensumstände einen Umzug. Andere ziehen in die Welt, weil sie nach Jahren bei Testo auch nochmal woanders Erfahrungen sammeln möchten. Und manche kommen dann gerne wieder.
Wie war es bei Ihnen, Frau Kreuz-Schwär?
Laura-Jo Kreuz-Schwär: Ich habe mit Testo studiert und war dann als Enterprise Architect im Bereich IT tätig. Nach insgesamt sieben Jahren kam dann der Wunsch nach einer neuen Herausforderung. Ich bin dann für zwei Jahre zu einer Versicherung nach Basel gegangen. Der Kontakt zu den Testo-Kollegen und -Freunden ist in dieser Zeit aber nie abgerissen.
In welchem Bereich arbeiten Sie jetzt?
Seit März 2022 bin ich zurück, jetzt als Modern Work Managerin und Product Ownerin für Microsoft 365. Mein Netzwerk und meine Vorerfahrungen im Unternehmen haben das Ankommen und Einarbeiten deutlich leichter gemacht. Es war wie nach Hause kommen.
Davon profitieren beide Seiten…
Thomas Jung: Absolut. Sowohl Recruiting als auch Onboarding sind für beide Seiten einfacher. Man kennt sich schon und im Recruitingprozess kann unter Umständen der eine oder andere Schritt übersprungen werden, was vieles beschleunigt und Kosten spart. Dafür ist ein professionelles Offboarding umso wichtiger. Man muss auf jeden Fall dieses Abschlussgespräch führen und auf eine für beide Seiten positive Trennung hinwirken. Aber das ist es in jedem Fall wert.
Ulrike Heitze