Der Blick über den Tellerrand inspiriert oft zu neuen Ideen. Unter „Frisch gedacht“ stellen wir deshalb Firmen aus der Region vor, die Themen aus dem Betriebsalltag mal anders angehen. Zum Staunen und Nachmachen. Diesmal: Das Staatsweingut Freiburg füllt Wein in Bierflaschen ab.
Nein, das ist kein Werbegag, sondern eine bier- beziehungsweise weinernste Sache. Denn es geht um Nachhaltigkeit und das Ziel, CO2 einzusparen. „Schon vor rund 15 Jahren haben wir unseren ersten CO2-Fußabdruck erstellen lassen. Zu unserem Erstaunen kam dabei heraus, dass der entscheidende Faktor gar nicht ist, was wir im Weinberg oder Keller machen, denn alleine Transport und Verpackung sind zusammen für rund 50 Prozent unseres Ausstoßes verantwortlich“, erklärt Kolja Bitzenhofer, Leiter des Staatsweinguts Freiburg.
Der größte „Übeltäter“: die Glasflasche. Denn für die Herstellung von Glas braucht es enorm viel Energie, selbst wenn Altglas aus den Containern beigemischt wird. Mehrweg heißt also die Lösung. Da es aber kein einheitliches Mehrwegsystem für Weinflaschen gibt, musste eine andere Idee her. „Da sind wir schnell bei den Bierflaschen gelandet. Die dicken Flaschen können nicht nur über 50 mal befüllt werden, bevor sie abgenutzt ins Altglas wandern, sondern auch das Pfandsystem ist etabliert und wird von den Kunden deutschlandweit akzeptiert“, so Bitzenhofer.
Weil das Staatsweingut seinen Wein hauptsächlich in der Region verkauft, hat sich Kolja Bitzenhofer für den Flaschentyp entschieden, den die Ganter-Brauerei benutzt. „Dorthin kommen die Flaschen aus den Leergutautomaten der Supermärkte zurück und werden wieder befüllt“, erklärt der Leiter des Weinguts. Letztendlich sei es aber egal, wer die Flaschen weiter verwendet, denn schließlich gehe es in erster Linie darum, den Kreislauf nicht zu unterbrechen.
Bei Ganter wurden dann auch die Etiketten für die Wein-Bierflaschen getestet. „Wir können nicht unsere normalen Etiketten nehmen, denn die sind dafür gemacht, sehr lange und vor allem auch bei Feuchtigkeit gut auf den Weinflaschen zu kleben. Bei Pfandflaschen müssen die Etiketten aber einfach abzulösen sein“, erklärt Kolja Bitzenhofer.
Mitte November vergangenen Jahres kamen dann die ersten 2.000 Halbliter-Flaschen auf den Markt – befüllt mit dem Bestseller des Staatsweinguts, einem Weißburgunder, und verschlossen – natürlich – mit Kronkorken. „Das mag etwas gewöhnungsbedürftig sein, aber wir haben keine einzige negative Rückmeldung unserer Kunden erhalten“, berichtet Bitzenhofer, der mit einem Augenzwinkern darauf verweist, dass auch die teuersten Champagnerflaschen mit Kronkorken verschlossen sind, bis sie degorgiert werden.
Die neuen Weißburgunderflaschen waren binnen vier Wochen ausverkauft. „Ein toller Start, mit dem Erfolg hätten wir so nicht gerechnet“, sagt Kolja Bitzenhofer, der sich auf etwas mehr kritische Stimmen eingestellt hatte. Auch die Größe scheint bei Weinliebhabern sehr gut anzukommen. Mittlerweile sind weitere Flaschen abgefüllt, ab Mai sollen ein Rosé, ein Rotwein und zwei Bio-Weine des Staatsweinguts ebenfalls in Mehrweg-Bierflaschen auch im regionalen Handel erhältlich sein. „Aktuell, im Teststadium, in dem kleinere Mengen als bei einer normalen 0,75-Weinflasche verkauft werden, fällt die Wirtschaftlichkeit etwas geringer aus“, so der Weingutleiter. „Doch nur vorrübergehend, da wir die Menge an Halbliterflaschen verfünfachen wollen, sinken die Kosten auf das Niveau der Dreiviertelliterflasche – mit dem Zusatznutzen der Nachhaltigkeit.“
Daniela Santo
Bild: Kolja Bitzenhofer mit der Bier-Weinflasche