Ingrid Lang, auch bekannt als „FrauEinzelhandel“, ist spezialisiert auf Marketing im stationären Einzelhandel. Sie verbindet die stationäre mit der Onlinewelt in Schulungen, auch für die IHKs, Coachings und Kurztutorials auf Instagram.
Frau Lang, was macht Instagram für den Einzelhandel so interessant? Ist es „nur“ das digitale Schaufenster?
Ingrid Lang: Es ist tatsächlich mehr als das. In einem ganz normalen Schaufenster kann man lediglich seine Produkte präsentieren. Ein Gefühl vom Laden kriegt der Kunde dadurch aber nicht. In einem Instagram-Account kann man aber genau das vermitteln und das transportieren, was man sonst auf der Ladenfläche hat. Wie ist die Ladenbesitzerin? Wie die Mitarbeiter? Was für ein Flair hat das Geschäft? So kann man mit Instagram potenzielle Kunden emotional genauso erreichen wie im Laden vor Ort.
In welchen Branchen funktioniert es besonders gut?
Tatsächlich in allen! Auf Instagram findet man jegliche Nischen. Zum Beispiel ein Einzelhändler, der nur Kaffeemaschinen vorstellt, sonst nichts, und damit unglaublich Erfolg hat. Man kann jedes Produkt mit Expertise, Witz und Sympathie ausstatten. Man kann aber schon sagen, dass das am besten mit Dingen funktioniert, die zu unserem Alltag gehören, von der Kleidung über Brillen bis hin zu Lebensmitteln. Es gibt Marken, die haben klein angefangen und sind durch Instagram noch bekannter geworden, etwa wie die Ladeninhaberin Nicole Mohrmann aus München. Sie hat während Corona einen crazy Instagram-Account aufgebaut und im Lockdown dort ihre Sachen verkauft. Mittlerweile hat sie außerdem einen Onlineshop mit Kunden aus ganz Deutschland. Instagram funktioniert aber nicht nur bei Ad-hoc-Käufen, sondern auch, wenn es um größere Investitionen geht. Man sieht etwas, das bleibt im Kopf und einen Monat später denkt man wieder dran und kauft es. Das ist, wie an einem Schaufenster vorbeizulaufen.
Wem auf Instagram ein Produkt aufgefallen ist, der kauft es dann auch nur online?
Es gibt Kunden, die eigentlich nur online einkaufen. Sie wird man ganz selten komplett als Offline-Käufer kriegen. Es gibt aber auch die hybride Customer Journey (Anm. d. R.: Kundenreise), also online und offline. Ein Beispiel: Ich sehe einen Laden auf Instagram, der mir sympathisch vorkommt und mich catcht. Bin ich das nächste Mal in der Stadt, gehe ich da hin und kaufe mir eine Bluse – offline.
Ingrid Lang
… hat ihren eigenen Concept Store aufgebaut und Instagram dazu gezielt eingesetzt. Sie kennt die Herausforderungen im Alltag auf der Ladenfläche – ob online oder offline. Sie lebt in Stuttgart.
Wem auf Instagram ein Produkt aufgefallen ist, der kauft es dann auch nur online?
Es gibt Kunden, die eigentlich nur online einkaufen. Sie wird man ganz selten komplett als Offline-Käufer kriegen. Es gibt aber auch die hybride Customer Journey (Anm. d. R.: Kundenreise), also online und offline. Ein Beispiel: Ich sehe einen Laden auf Instagram, der mir sympathisch vorkommt und mich catcht. Bin ich das nächste Mal in der Stadt, gehe ich da hin und kaufe mir eine Bluse – offline.
Wie mache ich die Community überhaupt auf mein Geschäft aufmerksam?
Im Idealfall, weil dort die meisten Gespräche stattfinden, hat man an der Kasse ein Schild mit seinem Instagram-Account mit zusätzlichem QR-Code. Den Account-Namen sollte man auch auf den ausgelegten Visitenkarten nicht vergessen. Darüber hinaus sollte man Kunden direkt fragen, wie sie auf den Laden aufmerksam geworden sind und ob sie den Instagram-Account schon kennen. Auch im Schaufenster und an der Ladentür kann man wunderbar Sticker mit dem Account-Namen und einem QR-Code anbringen. Eine Stammkundin kann man zum Beispiel auch mal fragen, ob sie den Laden in ihrer Story markieren kann, wenn sie ein Kleidungsstück aus meinem Store trägt. So sehen es wiederum ihre Freunde und werden inspiriert, mir zu folgen und vielleicht im Laden vorbeizuschauen. Im Grunde ist das Mund-zu-Mund-Propaganda in der digitalen Welt.
Was wollen meine Follower sehen, was sollte ich posten?
Am besten spiegelt man das wider, was auch auf der Ladenfläche passiert. Man gibt also einen Einblick in den Laden. Dabei zeigt man nicht nur Angebote, sondern lässt beispielsweise eine Mitarbeiterin eine Bluse zeigen, erklärt, aus welchem Material sie besteht, wo sie hergestellt wird. Viele denken, sie müssten, ganz professionell und trocken, nur die Bluse zeigen. Nein. Das fühlt sich als Follower nämlich so an, als ob man in einem Laden gleich zur Kasse geschubst werden würde. Hier fehlt einfach der Smalltalk, das Herzliche und Persönliche. Dabei muss nicht alles perfekt sein, sondern viel mehr authentisch. Wer auf der Ladenfläche einen bestimmten Humor hat, darf den auch auf Instagram so platzieren.
Was ist beim Posten zu beachten?
Generell empfiehlt es sich, schöne persönliche Bilder zu zeigen, vom Inhaber selbst, von den Mitarbeitern, vom Laden und den Produkten, gern gemischt mit Herstellerbildern. In der Story geht es um den Alltag: Welche Ware ist heute gekommen, was ist heute im Laden passiert? Man kann auch mal die Community fragen, was man vielleicht ordern soll, was sich die Kunden wünschen würden. Ich vergleiche das gern mit einer Reality-Show, die süchtig macht, weil man einfach wissen will, wie es weitergeht und was als nächstes kommt. Auf keinen Fall sollte man sich darauf beschränken, nur ab und zu etwas zu posten, beispielsweise wenn Sale ist. Das macht keinen sympathischen Eindruck und hat wieder das Gefühl vom Direkt-zur-Kasse-Schubsen.
Welche Fehler gilt es zu vermeiden?
Wer sich selbst nicht vor der Kamera zeigt, hat meist weniger Erfolg. Denn Menschen kaufen von Menschen. Dieses Potenzial, das man als stationäres Geschäft hat, sollte man auch auf Instagram nutzen.
Muss man viel Zeit in Instagram investieren?
Man sollte Instagram ernst nehmen und sich gleichzeitig fragen, warum man das Staubsaugen oder die Schaufensterdeko nicht als Zeitinvest sieht. Instagram sollte genauso eine Alltagsaufgabe sein und zum täglich Brot werden. Am Anfang braucht man dazu sicher etwas länger, aber die Lernkurve bei Instagram ist steil, so dass es bald leichter und schneller von der Hand geht, wenn man dran bleibt. Und das lohnt sich in jedem Fall.
Das Gespräch führte Daniela Santo
Bild (oben): Adobe Stock – wichayada