Immer mehr Menschen hören regelmäßig Podcasts. Auch für Unternehmen führt kein Weg an dem Audioformat vorbei. Kompliziert ist die Produktion nicht – dennoch lohnt es sich, vor dem Einstieg ein paar grundsätzliche Überlegungen anzustellen.
Im Auto, in Bus und Bahn, beim Sport oder abends beim Einschlafen – Podcasts begleiten uns mittlerweile regelmäßig durch den Alltag. Mit dem Einsetzen der Coronapandemie und den damit verbundenen Lockdowns stieg die Nutzung deutlich an. Laut einer YouGov-Umfrage laden sich rund 40 Prozent der Deutschen gelegentlich Beiträge in diesem Format herunter, bei den 18- bis 34-Jährigen gehören knapp 60 Prozent zu den Zuhörern.
Auch immer mehr Unternehmen überlegen deshalb, ob und wie sie mit sogenannten Corporate Podcasts Hörer erreichen können. Erfolgreiche Beispiele sind „Die Zukunft ist elektrisch“, der Podcast des Fahrzeugherstellers Audi, der seinem Publikum die verschiedenen Facetten der Elektromobilität nahebringt. Oder die „Werkstattgespräche“ der Baumarktkette Hornbach, bei dem unter anderem Dudelsackbauer, Experimentalflugzeugentwickler und Schuhmacherinnen zu Wort kommen. Ziel ist hier, sich als Baumarkt noch stärker bei Heimwerkern zu positionieren, die auch gerne mal ungewöhnliche Projekte angehen.
Doch auch kleinere Unternehmen sind schon in die Pod-castproduktion eingestiegen: Zum Beispiel die Nissen & Velten Software GmbH mit Sitz in Stockach. Das Softwareunternehmen bietet Businesslösungen für mittelständische Unternehmen im Bereich ERP, CRM, Logistik, E-Commerce und Stammdatenmanagement, mit einem Fokus auf den technischen Handel und Stahlhandel. Insgesamt sind rund 90 Mitarbeiter beschäftigt. Vor zwei Jahren habe er überlegt, wie sich die vielen Socialmediakanäle noch besser bespielen lassen, berichtet Pressesprecher Rainer Hill. „Einen großen Teil meiner Zeit spreche ich mit Kunden, um Anwenderberichte zu erstellen. Da war es dann gedanklich kein so großer Sprung, daraus noch mehr zu machen“, sagt Hill. Im Podcast „Digitalisierung im Großhandel“ interviewt er Kunden und Experten beispielsweise über Fragen der nachhaltigen ERP-System-Auswahl oder welche Chancen B2B-Marktplätze für den Fachhandel bieten.
Vorab-Fragen für den PodcastErfolg
- Welches Ziel soll der Corporate Podcast erfüllen, welche Zielgruppen erreichen?
- Welche Themen lassen sich finden, die spannend sind, Relevanz und Mehrwert für die Zielgruppe besitzen und gleichzeitig auf das Ziel einzahlen? Haben wir genügend solcher Themen?
- Welches Format ist hilfreich (Reportage, Interview et cetera) und was können wir dauerhaft leisten (Länge, Frequenz)?
- Welche Ressourcen sind nötig, welche vorhanden? Wer hat den Hut auf?
- Will/kann sich intern jemand kümmern oder soll lieber ein externer Dienstleister ran?
- Mit welcher Strategie gewinnen wir Reichweite in unserer Zielgruppe?
- An welchen Kennzahlen messen wir unseren Erfolg?
Dauerwerbesendung ist öde
Natürlich gehe es dabei um Imagebildung. „Wir wollen zeigen, dass wir uns auskennen“, sagt Hill. Er versuche weitgehend neutrale Beiträge zu produzieren, „denn 30 Minuten Werbung will ja keiner hören. Für mich steht der Nutzwert für unsere Kunden im Vordergrund.“ Die Folgen erscheinen etwa alle sechs Wochen. Die erfolgreichsten unter ihnen hatten zwischen 2.500 und 2.700 Hörer.
Auch die Volksbank Lahr pflegt zwei Podcastformate, den „Vobatalk“, der von Hitradio-Ohr-Chef Markus Knoll moderiert wird, und den „BlackVRst“-Podcast „dailylife“ für eher jüngeres Publikum. „Wir bespielen alle relevanten Kanäle, klassisch und digital, und so war der Start des Vobatalks im Januar 2020 für uns ein logischer Schritt“, sagt Kommunikationsleiterin Susanne Hauser. Interviewt werden zum Beispiel Europa-Park-Geschäftsführer Michael Mack oder Imotana-Geschäftsführer Mathias Leibitz, der maßgeschneiderte Fußballschuhe herstellt. Bislang sind 31 Podcasts produziert, rund 1.200 Abonnenten werden erreicht. Der Antrieb, so Hauser, sei nicht, die Rankinglisten zu stürmen, sondern Beiträge in den Kundenmagazinen zu verlängern.
Podcast als perfekter Einstieg
„Audio und Voice sind die Zukunftsthemen schlechthin“, sagt Stephan Schreyer, der für Unternehmen strategische Audio- und Digitalberatung anbietet. Das Medium sei so beliebt, weil die Interaktion damit schnell, einfach und bequem sei. Zudem werde die Gesellschaft immer bildschirmmüder, insbesondere für die jüngere „Generation Kopfhörer“ seien beispielsweise Podcasts das Medium schlechthin. Für Unternehmen sei die Produktion eines Podcasts der perfekte Einstieg, sich diesem Bereich zu nähern. „Wenn Sie auditiv nicht wahrgenommen werden, bekommen Sie früher oder später ein Problem“, sagt Schreyer. Der Vorteil von Audio: Damit lassen sich Emotionen stärker wecken als mit anderen Contentformen. Denn das Sprachzentrum sitzt nah am Belohnungszentrum, so der Experte.
Die technischen Einstiegshürden sind für Podcasts relativ niedrig: Inzwischen gibt es leistungsfähige Mikrofone zwischen 100 und 500 Euro. Auch ein Tonstudio ist nicht notwendig, es langt ein ruhiger Raum. Ist die Internetverbindung stabil, lassen sich Interviews auch über Zoom oder Teams führen. Die Nachbearbeitung in Programmen wie Audacity ist kostengünstig und einfach, wenn man den Dreh mal raus hat. „Wenn das Grundgerüst steht, ist der Aufwand relativ gut zu managen“, sagt Hauser.
Kein Start ohne Strategie
Das Format Podcast sei für alle Unternehmensgrößen geeignet, und auch jeder Bereich, also von Vertrieb über Marketing bis Recruiting könne profitieren, sagt Stephan Schreyer. „Wichtig ist aber: Nicht einfach loslegen, sondern vorher überlegen, wie ein Podcast auf ein bestimmtes Unternehmensziel einzahlen und ob ein Podcast dies auch leisten kann.“ Das können Image und Markenbildung sein oder das Anwerben von Fachkräften.
Auch sollte man sich Kennzahlen überlegen, anhand derer man seine Ziele misst. Der Daimlerkonzern hatte sich für seinen Podcast „HeadLights“ das Ziel gesetzt, eine bestimmte Zahl neue Bewerber zu gewinnen – und erreicht. Pi mal Daumen lässt sich sagen: Wenn 60 Prozent des Publikums weniger als drei Viertel des gesamten Podcasts hören, gibt es Nachbesserungsbedarf. Ein Podcast sollte möglichst regelmäßig erscheinen, zum Beispiel alle 14 Tage. Sehr relevant ist laut Schreyer auch eine Reichweitenstrategie. Denn die Konkurrenz ist riesig. Allein bei Spotify sind im zweiten Quartal 2021 rund 70.000 deutschsprachige Podcasts erschienen, Tendenz steigend. Der Trend, so Schreyer, gehe weg vom Interview hin zu narrativen Erlebnissen, wie etwa dem hochgelobten fünfteiligen Podcast „Finding van Gogh“ des Städel Museums Frankfurt.
Text: db
Bild (oben): Adobe Stock, oneclic
Bild (unten): Rainer Hill (l.), PR-Manager bei Nissen & Velten, interviewt seinen Consultingleiter Lutz Thielemann im Firmenpodcast zum Thema Erfolgsfaktoren in ERP-Softwareprojekten.
IHK-Podcasts
Die „Blaue Welle“ der IHK Südlicher Oberrhein mit Geschichten aus der Wirtschaft.
www.podcast.de/podcast/929759
Podcasts der IHK Schwarzwald-Baar-Heuberg zu aktuellen Themen von Innenstadt bis Nachfolge.
www.schwarzwald-baar-heuberg.ihk.de – Podcast
Die DIHK-Podcastreihe „Sei ein Mentor“ mit Storys aus dem Ausbilder-Alltag
www.dihk-bildungs-gmbh.de/ausbildung/fuer-ausbilder/podcast-sei-ein-mentor