Durch das Mutterschutzgesetz werden Frauen während der Schwangerschaft und nach der Entbindung vor Gefahren für Mutter und Kind geschützt. Daraus erwachsen Pflichten und Aufgaben für den Arbeitgeber – und das auch schon, bevor überhaupt jemand schwanger ist. Das ist vielen Unternehmen gar nicht recht bewusst. Was Firmen rund ums Kinderkriegen zu beachten haben, erklärt Frau Zäh vom Regierungspräsidium Freiburg, Referat Industrie, Schwerpunkt Arbeitsschutz.
Frau Zäh, Ihr Referat hat die Einhaltung des Mutterschutzgesetzes im Auge. Was bedeutet das genau?
Bei uns müssen Arbeitgeber unverzüglich jede angestellte Frau aus dem Regierungsbezirk Freiburg melden, jede Auszubildende und auch jede Schülerin, sobald eine Schwangerschaft bekannt wird. Das erfolgt per Brief oder E-Mail; auf unserer Webseite gibt es entsprechende Formulare. Darin wird uns mitgeteilt, dass es diese schwangere Frau gibt, wie sie heißt, wann Entbindungstermin ist, und bestenfalls steht auch drin, als was sie beschäftigt ist. Dazu ist das Unternehmen verpflichtet. In unserer täglichen Arbeit merken wir aber immer wieder, dass diese Pflicht nicht allen Arbeitgebern bekannt ist.
Auch Kündigungen werden von uns bearbeitet. Wenn eine schwangere Frau entlassen werden soll – was ja nicht so einfach ist, weil sie ein besonderes Kündigungsschutzrecht hat –, beurteilen das auch wir.
Infos und Experten
Die Meldestelle des Regierungspräsidiums Freiburg:
Dienstsitz Freiburg
Telefon: 0761 208-2183
Mail: mutterschutz@rpf.bwl.de
Außenstelle Donaueschingen
Telefon: 0771 8966-2798
Mail: mutterschutz@rpf.bwl.de
Ortenaukreis
Telefon: 0761 208-2176
Landkreise Breisgau-Hochschwarzwald, Lörrach, Waldshut
Telefon: 0761 208-2754
Landkreise Emmendingen, Schwarzwald-Baar-Kreis, Tuttlingen
Telefon: 0761 208-2745
Landkreise Konstanz, Rottweil
Telefon: 0761 208-2742
Meldeformulare sowie weitere Infos beim Regierungspräsidium Baden-Württemberg
https://rp.baden-wuerttemberg.de/themen/wirtschaft/seiten/mutterschutz/#c114712
Information „Mutterschutz – Rechte und Pflichten“ unter www.ihk.de/freiburg – 3949306
IHK-Ansprechpartnerinnen:
IHK Hochrhein-Bodensee
Barbara Bücheler
Telefon: 07531 2860-155
Mail: barbara.buecheler@konstanz.ihk.de
IHK Schwarzwald-Baar-Heuberg
Katharina Walther
Telefon: 07721 922-140
Mail: walther@vs.ihk.de
IHK Südlicher Oberrhein
Andrea Buhl-Kaiser
Telefon: 0761 3858-251
Mail: andrea.buhl-kaiser@freiburg.ihk.de
Sie erfahren von einer Schwangerschaft, was passiert dann?
Unser sechsköpfiges Team nimmt bei nahezu jeder Meldung eine Gefährdungsbeurteilung vor: Sind die Angaben zum Arbeitsplatz plausibel? Kann die Frau so weiterarbeiten, muss man Maßnahmen durchführen oder ein Beschäftigungsverbot aussprechen? Und wir stehen sowohl dem Arbeitgeber als auch der Arbeitnehmerin telefonisch immer zur Seite. Das ist ein kostenfreies Angebot: Man kann einfach anrufen und sich von uns beraten lassen. Falls der Betrieb sich nicht sicher ist oder Probleme hat, kommen wir auch kostenlos vorbei und schauen die Arbeitsplätze an. Allerdings können wir auch unangekündigt reinschauen und prüfen. Wir sehen uns hauptsächlich in beratender Funktion, aber wir haben natürlich auch Kontrollaufgaben.
Wie käme es zu einem Beschäftigungsverbot?
Das Beschäftigungsverbot kann ein Arzt aussprechen, aber auch der Arbeitgeber. Da gibt es eine klare Trennung: Der Arzt ist für alle medizinischen Indikationen zuständig. Das heißt, wenn zum Beispiel ein Risiko für eine Fehlgeburt besteht oder wenn Erkrankungen in der Schwangerschaft vorliegen, die das Arbeiten unmöglich machen, dann stellt der Arzt die Schwangere frei. Geht es aber um Gefährdungen am Arbeitsplatz, derentwegen die Frau nicht arbeiten kann, dann ist es die Pflicht des Arbeitgebers, sie freizustellen. Beispiel: Kindergarten. Dort gibt es ein hohes Infektionsrisiko. Wenn Schwangere etwa keine natürliche Immunität gegen Windpocken haben, dürfen sie dort nicht mehr arbeiten, denn diese Krankheit kann für schwangere Frauen sehr kritisch werden. Ebenfalls problematisch sind zu hohe Gewichtsbelastungen, wenn die schwangere Frau beispielsweise regelmäßig mehr als fünf Kilo tragen müsste. Oder eine Tätigkeit wie Fensterputzen, bei der sie sich in ihrer Haupttätigkeit regelmäßig zum Reinigen zehn Mal die Stunde strecken müsste. Dann käme es zu einem Beschäftigungsverbot. Aber der Arbeitsplatz kann natürlich auch umgestaltet werden: Eine medizinische Fachangestellte, die wegen fehlender Immunitäten keinen Patientenkontakt mehr haben darf, könnte etwa am Empfang eingesetzt werden. Auch Arbeitszeitreduzierungen sind oft ein gangbarer Weg.
Wenn eine Schwangerschaft nicht gemeldet wird und Sie erfahren davon: Was hat das für Konsequenzen?
Je nach Sachlage könnte das ein Bußgeld oder ein Ordnungswidrigkeitsverfahren nach sich ziehen. Im Normalfall versuchen wir aber, das ohne solche Konsequenzen zu klären. Oftmals ist der Grund für eine fehlende Meldung einfach Unwissenheit. Dann informieren wir gerne und das hat auch erst mal keine Konsequenzen.
Grundsätzlich versuchen wir zunächst bei einem Vor-Ort-Termin zu klären, was Mutterschutz bedeutet. Wir werden erst dann ungemütlich, wenn wir das Gefühl haben, das Vorgehen des Betriebs ist systematisch oder es funktioniert gar nichts.
Ein Unternehmen muss Ihren Besuch also nicht fürchten?
Nein. Wir wollen ja auch nicht, dass Frauen partout zu Hause bleiben müssen. Unser Ziel ist, dass die Schwangeren weiterhin arbeiten können – in einem sicheren Rahmen. Einige Arbeitgeber kennen sich in Sachen Mutterschutz zu wenig aus und wissen nicht, was sie für Möglichkeiten hätten, beispielsweise durch eine Umgestaltung.
Mit Blick auf den aktuellen Fachkräftemangel ist es für Unternehmen sehr wichtig, die Arbeitskraft – zumindest teilweise – zu erhalten. Und das ist sehr oft möglich. Falls tatsächlich ein Beschäftigungsverbot ausgesprochen wird, bekommt der Arbeitgeber über die Krankenkasse der schwangeren Frau die Einbußen über das Umlageverfahren – die Umlage 2 – abgefedert. Finanziell machen also die wenigsten Betriebe dadurch einen Verlust.
Unternehmen müssen aber auch unabhängig von einer Schwangerschaft die Belegschaft regelmäßig zum Thema Mutterschutz informieren, richtig?
Ja, und da gibt es verschiedene Optionen. Bei der Einstellung gibt es meistens eine Arbeitsunterweisung, die dann jährlich wiederholt werden muss. Das ist eine gute Gelegenheit, auch auf das Thema Mutterschutz einzugehen. Die gesamte Belegschaft – Frauen wie Männer – müssen dazu regelmäßig informiert werden. Das ist schon deswegen sinnvoll, weil so auch die männlichen Kollegen Bescheid wissen und entsprechend Rücksicht nehmen können.
Übrigens: Selbst, wenn noch keine schwangere Frau im Betrieb ist, muss für jeden Arbeitsplatz eine potenzielle Risikobewertung in einer Gefährdungsbeurteilung abgebildet werden. Der Arbeitgeber muss eine Gefährdung ausschließen und wenn er das im Fall der Fälle nicht nachweisen kann, kommt er seinen Pflichten nicht nach. Ob Schwangerschaft oder nicht: Wenn man Risiken nicht bewertet und dann etwas passiert, hat man als Arbeitgeber ein Problem.
Und natürlich ist es ratsam, sobald eine Schwangerschaft bekannt wird, ein Gespräch mit der Frau zu führen und sie aufzuklären, welchen Tätigkeiten sie nachgehen darf und welchen nicht. Beispielsweise ist der Arbeitgeber verpflichtet, der Schwangeren zusätzliche Pausen einzuräumen. Zudem muss sie die Möglichkeit haben, sich jederzeit hinsetzen und auch hinlegen zu können.
Das Gespräch führte Daniela Becker.