Freiburg. Wie bei Miraculix sieht es im Labor der Polysecure GmbH auf dem Werksgelände im Freiburger Gewerbegebiet Haid aus, wo in großen Kolben eine mysteriöse Flüssigkeit dampft. Das ist natürlich kein Zaubertrunk. Doch etwas Magisches hat das Pulver, das am Ende entsteht, schon. Firmenchef Jochen Moesslein nennt es „Feenstaub“. Die winzigen Partikelchen lassen sich in kleinsten Mengen Kunststoffen oder Farben beimischen. Sie bleiben für das bloße Auge unsichtbar, fluoreszieren aber im Laserlicht und können so Produkte beziehungsweise Materialien eindeutig identifizieren. Wie ein Barcode oder sogar so einmalig wie ein Fingerabdruck. Diese Technologie wird seit einigen Jahren bereits als Plagiatschutz genutzt. Und aktuell partizipiert Polysecure an sieben Forschungsprojekten, deren Ziel es ist, die Recyclingquote zu erhöhen und Verpackungsmüll zu reduzieren.
Der Hintergrund: Eine bessere Wiederverwertung funktioniert nur, wenn Kunststoffe sortenrein getrennt werden. Denn aus Mischungen kann kein neuer hochwertiger Kunststoff entstehen. Die sogenannten Marker oder auch Tracer von Polysecure können der entscheidende Code dafür sein. Vergleichbar der Postleitzahl im Briefzentrum sorgen sie in der Sortieranlage dafür, dass gleiches bei gleichem landet. Allerdings sind Abfälle, anders als Briefe, häufig zerknüllt, zerrissen und somit eine deutlich größere Herausforderung bei der Erkennung. Außer fluoreszierende Tracer und Laser braucht es also gute Kameras und Sensoren, die sie schnell und sicher erkennen. Deshalb arbeitet Polysecure bei der Entwicklung seiner Sortieranlagen mit der Carl Zeiss AG zusammen. Überhaupt kennt das kleine Freiburger Unternehmen keine Scheu vor großen Namen: Siemens, Continental, BASF, Nestlé sind nur einige der Kooperationspartner. In dem kürzlich gestarteten EU-Projekt „Circular FoodPack“ beispielsweise will Polysecure zusammen mit 14 Unternehmen aus der Lebensmittel- und Verpackungsindustrie die zirkuläre Verwendung von Essensverpackungen erleichtern. Diese sind häufig – um die hohen Anforderungen an Schutz und Sicherheit von Lebensmitteln zu erfüllen – Kunststoff-Mehrschichtverbunde, die mit bisherigen Recyclingtechnologien nicht aufbereitet werden können. Weil man sie dennoch gemeinsam mit anderen Verpackungen sammelt, verschlechtern sie die Recyclingquote, und ein Großteil des Verpackungsmülls wird verbrannt oder exportiert.
Dabei gehen viele Wertstoffe verloren – pro Tonne 1.000 Euro und mehr, hat Moesslein berechnet. Von seiner Tracertechnologie verspricht er sich deshalb ein großes Potenzial. Denn die Gesetzgebung auf nationaler und internationaler Ebene schreibt immer höhere Recyclingquoten vor. Mittelfristig muss jedes Produkt auf Kreislauffähigkeit umgestellt werden und eine Art Produktpass bekommen, der seine Inhaltsstoffe enthält. Tracer machen das möglich. Sie sind zudem sehr robust, überstehen eine Vielzahl von Wiederverwertungsrunden. „Das ist weltweit ein Milliardenmarkt“, sagt Moesslein. Und für den sei Polysecure strategisch hervorragend aufgestellt. Bis dahin wächst das 2009 gegründete Unternehmen Schritt für Schritt mit Markerlösungen für Plagiatschutz, Eigentums- und Originalitätsnachweise. Parallel steckt Polysecure „erhebliche Ressourcen in die Weiterentwicklung der Technologieplattform“, betont Moesslein, der sich auch seit 20 Jahren im Umwelt- und Energieausschusses der IHK Südlicher Oberrhein engagiert. Der Umsatz von Polysecure liegt noch im einstelligen Millionenbereich. Doch das Wachstum deutet sich schon an: Die Zahl der Mitarbeiter hat sich binnen eines Jahres auf 36 verdoppelt.
kat
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Der Physiker Jochen Moesslein und sein Team haben Marker entwickelt, die unterm Laser fluoreszieren und die für den Nachweis, das Verfolgen sowie Sortieren von Materialien und Produkten beispielsweise in der Kreislaufwirtschaft verwendet werden können.