Zell am Harmersbach. Ein Schwarzwälder, ein Schweizer, zwei italienische Namen und eine Entwicklung, die großen Stromverbrauchern Einsparungen verspricht: Davon handelt die Geschichte der Livarsa GmbH aus dem idyllischen Zell am Harmersbach, die Geschäftsführer Mario Ditella erzählt. Sie beginnt im Jahr 2010, als Ditella, gelernter Industriekaufmann, Technischer Fachwirt und zweifacher Familienvater, der seit seinem 17. Lebensjahr immer gearbeitet und nebenbei sein Haus gebaut hat, mit knapp 40 Jahren ohne Job dasteht. Ein guter Freund aus der Schweiz, wo Ditella drei Jahre die Niederlassung seines früheren Arbeitgebers betreute, vermittelt ihm den Kontakt zu dem anderen Mann mit italienischem Namen. Salvi Donato, Elektriker und als Sohn italienischer Einwanderer in der Schweiz aufgewachsen, ist auch gerade dabei, sich beruflich neu zu orientieren. Er hat über seinen italienischen Cousin ein junges Unternehmen nahe Verona kennengelernt, das einen Trafo zum Stromsparen entwickelt, aber noch nicht auf dem Markt etabliert hat. Donato gründet in der Schweiz eine Firma, die dies tun soll. Für den Firmennamen leiht er sich die Anfangsbuchstaben seiner drei Töchter Livia, Ariana und Sabrina.
So entstand 2010 die Schweizer Mutterfirma Livarsa. Sie verkaufte in den ersten zwei, drei Jahren etwa 50 Systeme an Industrieunternehmen im Umkreis. Bald wurde klar: Die Technik funktioniert. Auch war, bedingt durch die Reaktorkatastrophe von Fukushima und den deutschen Atomausstieg, das grüne Bewusstsein geschärft. Ditella und Donato beschlossen deshalb, Livarsa auch in Deutschland aufzubauen und gründeten dafür eine gemeinsame GmbH. Ditella, der Schaffer, startete in die Kaltakquise, doch merkte schnell: Er hatte kaum etwas in der Hand, es fehlte an Marketingmaterial. „Wir konnten die Technik den Kunden nicht erklären“, sagt er. Um den Energieexperten in den Unternehmen besser gegenübertreten zu können, schrieben sie also eine technische Dokumentation, die das Prinzip ihrer Technik erklärt. Das beruht, sehr verkürzt, auf der Minimierung von Energieverlusten, die dadurch entstehen, dass viele Stromverbraucher in einem Netz viel Widerstand erzeugen. Vergleichbar einem Gewässer, in dem viele Schwimmer viele Wellen aufwühlen. Die Livarsa-Lösung glättet die Wellenberge – technisch: Oberwellen –, indem sie ein Magnetfeld aufbaut, das seinerseits Induktionsstrom herstellt und dieser dann quasi als Gegenstrom fungiert.
Dass die Technik funktioniert, bewiesen die bis dato installierten Systeme. Doch ein weiteres Problem blieb: Man musste die Einsparungen nachvollziehbar messen können. Die Daten waren ja da. Dafür suchten sich Ditella und Donato wissenschaftlichen Beistand. Gemeinsam mit der Hochschule Offenburg und unterstützt von „innoEFF“ entstand das registrierte ECV-Messverfahren („Energy Comparison Value“), ein neuer Maßstab, um Effizienzsteigerungen in einem gesamten Stromnetz nachweisen zu können. Ende 2019 wollte Livarsa damit durchstarten – stattdessen kam Corona und damit eine Zwangspause im Vertrieb. Jetzt zieht das Geschäft wieder an, für 2021 planen Ditella und Donato 2,1 Millionen Euro Umsatz. Es gibt viele Anfragen, einige Kunden wollen die Livarsa-Lösung an ihren Standorten europaweit einsetzen. Die Liste der installierten Systeme liest sich wie ein Who‘s-Who mittelständischer Industriebetriebe in der Region. Auch große Warenhäuser oder Logistiker sind interessiert. „Unsere Lösung eignet sich für alle Gebäude, die viel Strom verbrauchen“, betont Ditella. Mittlerweile gebe es Bafa-Förderungen für die Installation.
Das Marktpotenzial scheint groß, Livarsa selbst möchte allerdings klein bleiben und, wie bisher schon bei Vertrieb, Installation und Marketing, mit Partnern zusammenarbeiten. Ditella und Donato können sich weitere Niederlassungen als Joint Ventures vorstellen. Und sie verhandeln gerade mit einem Investor, um Contractingmodelle anbieten zu können, bei denen sie die Anlagen selbst betreiben. Die Geschichte von Livarsa wird also fortgesetzt.
kat
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Sie haben den Stromverbrauch im Blick: die Livarsa-Geschäftsführer Mario Ditella (links) und Salvi Donato.