Waldkirch. Den Geschäftszahlen für 2020 sieht man auf den ersten Blick nicht an, wie herausfordernd das vergangene Jahr für die August Faller GmbH & Co.KG war: Der Hersteller von Verpackungen für den Pharma- und Healthcaremarkt steigerte den Umsatz im Vergleich zu 2019 zwar um 2,2 Prozent auf 143,1 Millionen Euro. „Der Umsatz war gut, das Ergebnis nur zufriedenstellend“, bilanzierte jedoch Geschäftsführer Daniel Keesman im April vor der Presse. Das Ergebnis nannte er nicht, betonte aber: „Wir sind sehr froh, dass wir im Gegensatz zu vielen anderen Unternehmen nicht vom dramatischen Einbruch in der ersten Coronawelle betroffen waren.“
Im Gegenteil: Faller Packaging – unter dieser Marke tritt das Unternehmen seit vergangenem Jahr auf – verbuchte im ersten Halbjahr 2020 eine überdurchschnittlich starke Nachfrage. „Es war fast ein Wild-West-Run auf alle Rohmittel“, sagte Keesman. Die Kunden füllten ihre Lagerbestände, und die Faller-Mitarbeiter absolvierten Extra-Schichten. Dies hatte für Faller angesichts der Zulagen höhere Kosten zur Folge, was sich negativ aus Ergebnis der regionalen Standorte auswirkte. Ab August dagegen verzeichnete Faller im Auftragseingang „relativ starke Rückgänge“, wie Keesman berichtete. Manche Kunden bestellten 20 bis 40 Prozent weniger als sonst. Stattdessen bauten sie ihre Lagerbestände ab. Gleichzeitig setzten sie viel weniger nichtverschreibungspflichtige Medikamente ab als in anderen Jahren, da es angesichts der Hygienemaßnahmen viel weniger Erkältungskrankheiten als sonst gab.
Insgesamt blieb die Produktionsmenge von Faller in der Region 2020 auf Vorjahresniveau. In Waldkirch, wo auch die Hauptverwaltung ihren Sitz hat, wurden circa 1,2 Milliarden Faltschachteln produziert, in Binzen 883 Millionen Packungsbeilagen und in Schopfheim 980 Millionen Haftetiketten. Zulegen konnte Faller in Dänemark (7,4 Prozent mehr Umsatz) und Polen (plus 9,8 Prozent), wo das Unternehmen Werke betreibt.
Faller beschäftigte 2020 über 1.300 Mitarbeiter an sieben europäischen Standorten, davon 591 in Waldkirch (2019: 581), 225 in Binzen (2019: 229) und 120 in Schopfheim (2019: 123). Neu dazugekommen ist das Werk im ungarischen Debrecen, dagegen wurden die Firmentöchter PCI in Großbeeren und Afas in Waldkirch verkauft. Bei der Umsatzentwicklung wurden die Zu- und Verkäufe mit eingerechnet, so dass der Umsatz für 2019 nachträglich mit 140 Millionen Euro angegeben wurde. Mit den damaligen Unternehmen waren es 145 Millionen Euro gewesen.
Für 2021 rechnet Keesman mit einem Umsatz von 149,7 Millionen Euro. Als Risiken in diesem Jahr nannte er gestiegene Rohstoffpreise, als Chancen Packmittel für Covid-19-Impfsoffe und -Testkits. „Wir hoffen auf eine Sonderkonjunktur in der zweiten und dritten Impfphase“, sagte er. Dann gelangen die Impfstoffe laut Keesman nicht mehr in Glasfläschchen in die Impfzentren, sondern vor allem in Einwegspritzen zu den Hausärzten. Für diese wiederum würden größere Verpackungen benötigt. „Da sind wir ausgezeichnet positioniert“, so Keesman. Faller produziert bereits Beipackzettel für einen Impfstoff, die in Impfzentren ausgegeben werden. Den Namen des Impfstoffproduzenten, dürfe er nicht nennen, so Keesman. Als weitere Neuheit hob er die Verpackungen für Coronaschnelltests hervor, die Faller für das Freiburger Start-up Spindiag entwickelt hat (siehe Bild).
2020 investierte Faller rund 8,8 Millionen Euro, für dieses Jahr sind 7,7 Millionen Euro geplant. „Wir wollen das Pulver trocken halten“, sagte Keesman. Denn bei Faller steht die größte Investition in der Unternehmensgeschichte an: Für rund 50 Millionen Euro (Bau- und Umzugskosten) soll im Gewerbegebiet Inried an der Ausfahrt Waldkirch-Ost der B 294 ein neuer Firmensitz entstehen. Mit einer modernen Produktionshalle samt Intralogistik, Hochregallager und einem Verwaltungsgebäude in Form eines Campus, der laut Geschäftsführer Michael Faller „nicht nur Arbeits-, sondern auch Begegnungsstätte“ sein soll. Die beiden rund 70 Jahre alten, etwa 300 Meter voneinander entfernten Werke im Waldkircher Zentrum sind laut Faller „am Ende ihrer Nutzungsdauer“ und sollen abgerissen und die Grundstücke verkauft werden. Die Stadt Waldkirch will dort Platz für Wohnraum und weiteres Gewerbe schaffen. Mit dem Verkauf soll laut Faller der Neubau „im Wesentlichen“ finanziert werden. Die Bauarbeiten sollen Ende 2022 oder Anfang 2023 beginnen und im Sommer 2024 fertiggestellt werden. Der Umzug mit teils neuen, teils den bisherigen Maschinen ist für das erste Quartal 2025 geplant. „Damit sichern wir langfristig die Zukunft unseres Standortes Waldkirch“, so Michael Faller.
mae