Viele Unternehmen sind angesichts der Coronapandemie in eine Krise geraten oder müssen Insolvenz anmelden und haben Probleme, ihre Auszubildenden weiterzubeschäftigen. Damit die Lehrlinge ihre Ausbildung trotzdem zu Ende bringen können, gibt es verschiedene Hilfen. Und wer trotz coronabedingten Schwierigkeiten ausbildet, kann eine Prämie beantragen. Ein Überblick.
Ausbildungs- und Übernahmeprämie:
Kleine und mittlere Unternehmen, die wegen der Coronakrise in Schwierigkeiten sind, Kurzarbeit beantragen oder erhebliche Umsatzeinbußen hinnehmen mussten, sollen eine Prämie von 2.000 Euro pro in diesem Jahr abgeschlossenen Lehrvertrag erhalten, wenn sie das Ausbildungsniveau der drei Vorjahre halten. Erhöhen sie es, gibt es 3.000 Euro pro zusätzlicher Lehrstelle. Die Prämie können Unternehmen nach erfolgreichem Abschluss der Probezeit voraussichtlich bei der für sie zuständigen Arbeitsagentur beantragen. Außerdem sollen kleine und mittlere Unternehmen, die Azubis aus pandemiebedingt insolventen KMU bis zum Jahresende für die Dauer der restlichen Ausbildung übernehmen, eine Prämie in Höhe von 3.000 Euro erhalten. Die Auftrags- und Verbundausbildung soll ebenfalls gefördert werden. Diese Eckpunkte hat das Bundeskabinett am 24. Juni verabschiedet, Details regelt eine Förderrichtlinie, die noch ausgearbeitet wird. Aktuelle Informationen gibt es auf der IHK-Website.
Azubi transfer – Ausbildung fortsetzen:
Das Wirtschaftsministerium Baden-Württemberg unterstützt mit dem Prämienprogramm „Azubi transfer – Ausbildung fortsetzen“ Unternehmen, die Azubis eines anderen Betriebs übernehmen, der Insolvenz anmelden oder stillgelegt werden musste. Ziel ist es, den jungen Leuten die Fortsetzung ihrer Ausbildung zu ermöglichen. Dafür zahlt das Land dem Unternehmen eine Prämie in Höhe von 1.200 Euro. Die Voraussetzungen: Der ursprüngliche Ausbildungsbetrieb muss Insolvenz beantragt haben oder der Antrag auf Insolvenzeröffnung muss mangels Masse abgewiesen worden sein. Das Ausbildungsverhältnis muss außerdem beispielsweise bei einer Kammer eingetragen worden sein, und auch mit dem übernehmenden Betrieb muss ein entsprechendes Ausbildungsverhältnis bestehen. Die Unternehmen haben nach der Übernahme des Azubis drei Monate Zeit, den Antrag für die Prämie zu stellen. Berechtigt dafür sind kleine und mittlere Unternehmen der gewerblichen Wirtschaft oder freier Berufe mit Sitz in Baden-Württemberg. Für die eigenen Kinder kann die Förderung nicht beantragt werden. Das Programm gibt es seit April 2012, die Antragsformulare unter https://wm.baden-wuerttemberg.de/de/service/foerderprogramme/
Azubi im Verbund – Ausbildung teilen:
Das Wirtschaftsministerium Baden-Württemberg hat das Prämienprogramm „Azubi im Verbund – Ausbildung teilen“ aufgelegt, um Betriebe, die sich dazu bislang nicht in der Lage gefühlt haben, zu motivieren, junge Menschen mithilfe eines Partnerbetriebs auszubilden. So sollen mehr Ausbildungsplätze geschaffen werden. Im Stammbetrieb muss mindestens die Hälfte der Ausbildung absolviert werden, im Partnerbetrieb müssen es mindestens 20 Wochen sein. Bei einem Verbund zwischen zwei oder mehr Unternehmen gibt es eine Prämie in Höhe von 2.000 Euro, ist eine Bildungseinrichtung beteiligt, beträgt die Prämie 1.000 Euro. Außerdem soll das Programm Unternehmen in Kurzarbeit helfen. Sie können die Ausbildung für 4 bis 19 Wochen in einem Partnerbetrieb weiterführen lassen und sollen so dazu animiert werden, Ausbildungsverhältnisse auch in wirtschaftlich schwierigen Zeiten aufrecht zu erhalten. Als Beispiel nennt Anja Schröder, Ausbildungsberaterin bei der IHK Hochrhein-Bodensee, einen Gastronomiebetrieb, der während der Coronakrise geschlossen werden musste und seinen Azubi eine Zeitlang in einem Lebensmittelgroßhandel unterbringt. Der Stammbetrieb muss sechs Wochen lang die Ausbildungsvergütung weiterzahlen, erhält dafür aber eine Prämie von 1.000 Euro. Antragsberechtigt sind kleine und mittlere Unternehmen der gewerblichen Wirtschaft oder freier Berufe mit Sitz in Baden-Württemberg, die als sogenannter Stammbetrieb einen Ausbildungsvertrag abgeschlossen haben, der beispielsweise bei einer Kammer eingetragen ist. Die Prämie kann nicht für die eigenen Kinder beantragt werden. Das Programm gibt es seit 25. März, Anträge müssen gestellt werden, bevor der Azubi im Partnerbetrieb zu arbeiten beginnt.
https://wm.baden-wuerttemberg.de/de/service/foerderprogramme/
IHK-Lehrstellenbörse:
Die Lehrstellenbörse der IHKs ist ein etabliertes Instrument für junge Menschen bei der Suche nach einem Ausbildungsplatz. Angesichts der Coronakrise sollen zudem Lehrlinge, deren Ausbildungsbetrieb Insolvenz anmelden musste, bei der Suche nach einem Unternehmen, in dem sie ihre Ausbildung weiterführen können, unterstützt werden. Anja Schröder von der IHK Hochrhein-Bodensee rät solchen Azubis, beim Registrieren in der Börse anzugeben dass sie eine persönliche Kontaktaufnahme wünschen. Dafür wurde auf dem Onlineportal vor Kurzem ein Kästchen eingeführt, das angeklickt werden kann. „Dann können wir die Azubis aus insolventen Betrieben besser unterstützen und ihnen helfen, einen neues Unternehmen zu finden, das zu ihnen passt“, sagt die Ausbildungsberaterin.
Text: mae
Bild: SolStock
IHK-Umfrage unter Ausbildungsbetrieben
Rund ein Drittel der Ausbildungsbetriebe im Land will coronabedingt gar nicht mehr oder weniger ausbilden als im Vorjahr. Das hat eine Befragung des Baden-Württembergischen Industrie- und Handelskammertags (BWIHK) bei 3.344 Ausbildungsbetrieben im Land ergeben. Laut diesem Stimmungsbild sind die kaufmännischen Berufe am stärksten betroffen. Hier geben 36 Prozent der teilnehmenden Betriebe an, gar nicht mehr oder weniger ausbilden zu wollen. Besonders krass ist die Situation in den Branchen Freizeit, Tourismus und Gastgewerbe. Hier planen 23 Prozent der Betriebe vorläufig gar nicht mehr auszubilden, 27 Prozent ihr Ausbildungsengagement zu verringern. 17 Prozent wollen die Zahl der Ausbildungsplätze aufstocken, 32 Prozent wollen sie auf gleichem Niveau halten. Etwas besser ist die Lage im Einzelhandel. Hier gibt ein Fünftel der Befragten an, gar nicht mehr ausbilden zu wollen, 22 Prozent reduzieren die Zahl der Ausbildungsplätze, 41 Prozent wollen das Niveau halten und 17 Prozent dieses ausbauen. In der Investionsgüterindustrie wollen 17 Prozent nicht mehr ausbilden, 26 Prozent reduzieren, 42 Prozent die Zahl ihrer Lehrstellenangebote beibehalten und 15 Prozent mehr Lehrstellen anbieten. Der Rückgang zeigt sich laut BWIHK an der Zahl der neu abgeschlossen Ausbildungsverträge im Land. Demnach sind zum 31. Mai mit 19.256 rund ein Fünftel weniger neu abgeschlossene Ausbildungsverträge bei den IHKs eingetragen als zum gleichen Stichtag des Vorjahres. Ein positives Ergebnis der Befragung ist, dass bestehende Ausbildungsverhältnisse offenbar eher weniger gefährdet sind als zunächst befürchtet. Dies zeigt sich bei der Kurzarbeit. Hier bestätigen 80 Prozent der Befragten, dass ihre Azubis derzeit nicht von Kurzarbeit betroffen sind. Dennoch sehen sich 12 Prozent aktuell betroffen, 8 Prozent werden noch in diesem Ausbildungsjahr ihre Azubis in Kurzarbeit schicken.
bwihk
Ansprechpartner
IHK Hochrhein-Bodensee:
Alexandra Thoß
Telefon: 07531 2860-131
Mail: alexandra.thoss@konstanz.ihk.de
IHK Schwarzwald-Baar-Heuberg:
Wolf-Dieter Bauer
Telefon: 07721 922-168
Mail: bauer@vs.ihk.de
IHK Südlicher Oberrhein:
Simon Kaiser
Telefon: 0761 3858-150
Mail: simon.kaiser@freiburg.ihk.de