Offenburg. Am Anfang stand ein Projekt für Herrenknecht. Bertold Huber (im Bild rechts), Christian Zimmermann und vier Ingenieurskollegen am Steinbeis Transferzentrum der Hochschule Offenburg entwickelten im Auftrag des Schwanauer Herstellers von Tunnelbohrmaschinen eine Art Navi, mit dem kleinere Maschinen auf Kurs bleiben. „Es war klar, dass die feinmechanischen Geräte auch irgendwo gefertigt werden müssen“, erzählt Huber. Weil das weder an der Hochschule noch beim Auftraggeber Herrenknecht (Huber: „Bei denen beginnt Blech bei 20 Zentimentern“) möglich war, entschieden sich die Ingenieure für den Schritt in die Selbstständigkeit. Im Februar 1996 gründeten Huber und Zimmermann ihre Genesys Elektronik GmbH. Christian Zimmermann erlebt das 25. Jubiläum nicht – er ist 2019 mit nur 54 Jahren gestorben. Seit gut einem Jahr teilt sich Bertold Huber die Geschäftsführung mit seinem Sohn David (im Bild links), einem Wirtschaftsingenieur.
Seinerzeit startete man zu sechst, denn die vier anderen Steinbeis-Kollegen des Projektteams waren in die neue Firma gefolgt. Heute beschäftigt Genesys etwa 30 Mitarbeiter, darunter einige Werkstudenten, und ist immer noch auf das „Generieren von Systemen“ – daher der Firmenname – spezialisiert. Allerdings längst nicht mehr nur im Tunnelbau. Das mittlerweile deutlich größere Geschäftsfeld ist Automotive. Auf der Referenzliste von Genesys stehen Namen wie Audi, BMW, Daimler und Volkswagen. Die Offenburger haben einen „Automotive Dynamic Motion Analyzer“, kurz: ADMA, entwickelt, der jegliche Bewegung von Fahrzeugen misst – „ähnlich wie das Gleichgewichtsorgan des Menschen“, erklärt Bertold Huber. Er kann für unterschiedliche Zwecke der Automobilindustrie verwendet werden. Ende der 1990er-Jahre ging es vor allem um Fahrdynamik (Stichwort: Elchtest), später standen Assistenzsysteme wie Einparkhilfen im Fokus, und mittlweile liegt der Schwerpunkt auf autonomem Fahren. Der ADMA wird nicht im Fahrzeug verbaut, sondern entweder im Innenraum oder auf dem Dach des Fahrzeugs platziert und für Tests verwendet – ähnlich einem Messschieber in der Fertigung, den man ab und an zur Überprüfung anlegt.
Die Systeme von Genesys kosten fünf- bis sechsstellige Beträge. Die Stückzahlen sind relativ gering, jährlich entstehen zwischen 100 und 200 Geräte. Damit setzte das Unternehmen in den vergangenen Jahren durchschnittlich sechs bis sieben Millionen Euro um und will weiter organisch wachsen. Corona war natürlich ein Thema, traf Genesys aber weniger als andere. „Es pendelt sich aktuell wieder auf dem Sollwert ein“, sagt David Huber. Der Exportanteil von derzeit etwa 15 Prozent soll steigen. Ein weiteres Standbein: Kamerasysteme für die automatisierte Qualitätskontrolle, die von metallverarbeitenden Betrieben genutzt werden. Die Bildverarbeitung ist in der Omni Control Prüfsysteme GmbH organisiert. Sie enstand 1997 als Jointventure mit einem großen Ortenauer Automobilzuliefererer und ist heute eine hundertprozentige Tochterfirma von Genesys.
An der Fertigung, die bei Genesys Manufaktur heißt, sind viele regionale Zulieferer beteiligt, die beispielsweise Elektronikbaugruppen liefern. Bei Genesys werden sie montiert und intensiv geprüft. Ihre Stärke sehen die Ingenieure immer noch in der Entwicklung. „Wir machen viele Forschungsprojekte mit Hochschulen und Universitäten, damit wir sehen, wo die Reise hingeht“, sagt Bertold Huber. So wolle man am Puls der Zeit bleiben und den Kunden Innovationen bieten. Ein wichtiger Kunde und Kooperationspartner ist immer noch Herrenknecht. Rund tausend Geräte hat Genesys seit 1996 für den Tunnelbohrspezialisten gebaut. Fast alle sind nach wie vor im Einsatz.
kat