„Dafür, dass wir so klein sind, haben wir eine tolle Kernstadt hinbekommen“
Mit ihren fünf Ortschaften und 7.300 Einwohnern ist Elzach zwar die flächengrößte Gemeinde im Landkreis Emmendingen, ansonsten aber eher klein: Nur 3.300 Einwohner zählt die Kernstadt, die restlichen Bürger verteilen sich auf die übrigen Stadtteile. Und doch gelingt es Elzach immer wieder, tausende Besucher anzuziehen und sich als lebendige Kleinstadt zu profilieren – sei es mit seinem jährlichen Schwarzwald Heimat Markt und dessen Maskottchen, dem pinken Hirsch, sei es durch Aktionen wie ElzArt, bei der Graffiti-Künstler Fassaden bunt gestalten und seitdem ein gigantischer Hirsch aus der Hauswand gegenüber dem Rathaus bricht.
Vielen in der Region gilt Elzach trotz seiner überschaubaren Größe als ein Vorreiter einer aktiven und vorausschauenden Innenstadtgestaltung. – Für so etwas braucht es vor allem Menschen, die mitmachen und anpacken. Im Gespräch erklären Bürgermeister Roland Tibi und Ulrich Volk, Inhaber der Schuhhäuser Schuh Volk und Vorsitzender des Gewerbevereins Elzach, wo die Lust zum Engagement bei allen Beteiligten herkommt.
Welche Idee steckt hinter Ihrer Art von Stadtentwicklung?
Roland Tibi, Bürgermeister (im Bild links): Wir möchten, dass Elzach als Ort erlebbar ist. Dass man sich gerne hier aufhält, als Bürger, als Besucher, als Kunde. Wir haben neben Geschäften – viele davon mit langer Tradition – auch eine gute Gastronomie etablieren können. Wir haben Plätze zum Sitzen und Verweilen eingerichtet – etwa an der Elz oder am Mühlenkanal, mit Blick in die Natur, haben ausreichend Schulen und Kindergärten, ein Haus des Gastes, Parkplätze, sogar kleine Handwerksbetriebe im Zentrum – und eben lebendige Veranstaltungen, die das Gemeinschaftsgefühl stärken. In der Summe macht das einen Ort erlebbar. – Und dafür, dass wir so klein sind, haben wir eine tolle Kernstadt hinbekommen.
Ulrich Volk, Ladeninhaber und Vorsitzender des Gewerbevereins: Zugegebenermaßen haben viele Städte eine gute Ausgangslage zum Beispiel mit Blick auf die Natur. Aber was uns in Elzach bei der Umsetzung in die Karten spielt, ist die gute Größe. Hier kennt man sich noch und ist gut vernetzt. Das ist in größeren Städten schwieriger.
Eine überschaubare Zahl von Mitstreitern bedeutet aber auch, dass wirklich alle mitziehen müssen – und dass alle in die gleiche Richtung unterwegs sind. Volk: Ja, das stimmt. Es darf nicht jeder in seiner eigenen Glaskugel für sich werkeln. Unsere Überzeugung ist, wir müssen das gemeinsam machen. Dann profitiert einer vom anderen. Wenn wir etwas entwickeln, geht es nie um Eigeninteressen, es geht immer um die Marke Elzach. Alles was wir tun, ist immer auf den Kunden, den Bürger, den Besucher ausgerichtet. Jeder Akteur hier muss bereit sein, sich zum Wohle aller zu engagieren. Mit diesem Selbstverständnis sind wir in den vergangenen fünf Jahren ganz gut gefahren. – Aber so etwas muss natürlich aktiv aufgebaut werden und wachsen. Wichtig ist, dass wir uns mit dem Erreichten nicht zufriedengeben. Gerade in einer Zeit, in der der Onlinehandel durch die Pandemie zugenommen hat, müssen wir uns immer wieder die Frage nach den Bedürfnissen der Menschen stellen, damit sie die Innenstadt besuchen.
Wann haben Sie angefangen, dieses Selbstverständnis aufzubauen?
Volk: Der Gewerbeverein hat sich vor einigen Jahren quasi neu erfunden, weil die Zusammenarbeit in die Jahre gekommen war. Damals hatten wir 86 Mitglieder. Heute sind es über 120 und wir müssen gar nicht mehr um Mitglieder werben. Die Unternehmen kommen von selbst auf uns zu, um sich zu engagieren.
Wie erklären Sie sich den Zuspruch?
Volk: Weil wir über unsere sieben Fachgruppen sehr viele unterschiedliche Protagonisten mit ins Boot holen. Das befördert den Austausch und die Vernetzung – und bringt gute Ideen zu Tage – auch wenn wir uns ganz klar nicht immer einig sind. Neben Handel haben wir Gastronomie und Bäcker, Industrie und Handwerk, Gesundheitswesen und Freie Berufe an Bord. Auch die Verbraucher sind im Vorstand vertreten. – Und ein ganz wichtiger Aspekt ist der Nachwuchs.
Welchen Nachwuchs meinen Sie?
Volk: Die Jungunternehmer. Uns ist wichtig, die nächste Generation an die Hand zu nehmen und ihnen einen guten Start zu ermöglichen – und sie aktiv in die Stadtgestaltung mit einzubinden. Wir haben hier einen sehr hohen Anteil von Jungen, die ein Unternehmen oder einen Laden übernommen oder etwas Neues gegründet haben – von Gastronomie bis zum Industriebetrieb. Das sind nicht nur wichtige Arbeitgeber und Arbeitsplätze. Das ist auch ein wichtiges Zeichen. Dafür, dass unsere Bemühungen in die richtige Richtung gehen. Und ein Signal nach außen, dass Elzach lebenswert ist.
Wie sieht Ihre Strategie für die Zukunft aus?
Tibi: Wir sind und werden hier trotz einiger Betriebe kein großer Industriestandort. Dafür möchten wir künftig den Tourismus mehr stärken. Das spielt letztlich auch allen Beteiligten in die Karten und sichert der Stadt die Vitalität, die wir für die Zukunft brauchen.
Interview: uh