Mönchweiler. Ein Autotyp ist sie eigentlich gar nicht, sagt Ute Grießhaber. Sie fährt lieber Fahrrad, und das viel. Jedes Wochenende ist die quirlige Unternehmerin mit Mann und Mountainbike unterwegs – ohne Motor. Doch ihr Unternehmen, die Weißer + Grießhaber GmbH aus Mönchweiler nahe Villingen, hat sich unter ihrer Leitung mehr und mehr zum Automobilzulieferer entwickelt. Etwa zwei Drittel des Umsatzes erwirtschaftet sie mittlerweile in diesem Sektor. Auf der Referenzliste stehen große Namen wie Bosch, Conti und ZF. Rund eine Milliarde präzise technische Kunststoffteile produziert Weißer + Grießhaber jährlich. Sie steuern beispielsweise Bremsen oder Sitzverstellungen im Auto, sind in Mahlwerken von Kaffeemaschinen und Einzugsystemen von Schubladen zu finden oder lenken den Wasserfluss im Bad. Mit seinen 330 Mitarbeitern setzte das Unternehmen vergangenes Jahr rund 56 Millionen Euro um. Die Zahlen haben sich fast verdreifacht, seit Ute Grießhaber im Jahr 2001 die Firma übernommen hat.
Für ihre unternehmerischen Leistungen hat die 58-Jährige im Dezember die Wirtschaftsmedaille des Landes erhalten. Mutter und Vater Grießhaber, die mittlerweile 80 und 84 Jahre alt sind, waren mächtig stolz. Dagegen gibt sich die Geehrte selbst bescheiden. Sie lässt sich nicht so gern aufs Podest heben. „Manch einer muss von da am Ende wieder herunterklettern“, sagt Ute Grießhaber. Sie reicht die Lorbeeren lieber weiter. „Ich seh den Erfolg nicht nur im meiner Person begründet“, betont sie beim Gespräch im Konferenzraum am Firmensitz in Mönchweiler. Aufrecht und aufmerksam sitzt sie da. Sie ist zierlich und zugleich sportlich, redet sehr natürlich und lacht viel. Chefallüren sind ihr fremd. Ute Grießhaber strampelt natürlich in der Firmenmannschaft beim Mountainbikerennen mit. Sie schätzt die Arbeit im Team, kann delegieren und sich auf andere verlassen, vor allem auf den technischen Geschäftsführer Reinhard Fauser an ihrer Seite. „Arbeiten macht mir richtig Spaß“, sagt sie. Und das merkt man.
Ute Grießhaber wuchs in Villingen auf, absolvierte nach der Schule eine kaufmännische Ausbildung und studierte anschließend Betriebswirtschaft in Pforzheim. Ihre erste Stelle trat sie bei der IHK Schwarzwald-Baar-Heuberg an, deren Vollversammlung sie seit vergangenem Jahr angehört, wechselte aber nach zwei Jahren ins Familienunternehmen. Sie kann sich noch gut an den Abend im Jahr 1969 erinnern, als ihre Eltern ihr und ihrer jüngeren Schwester abends am Küchentisch erzählten, dass sie – zusammen mit Lothar Weißer – ein eigenes Geschäft gründen wollen. Fünfzig Jahre sind seither vergangen, 2019 feiert Weißer + Grießhaber Jubiläum. Die damals achtjährige Ute stellte sich eine Bäckerei oder Metzgerei vor und war etwas enttäuscht, als sie die Maschinen am ersten Firmensitz sah, einer Zweizimmerwohnung in der Villinger Kanzleigasse. Anfangs fertigte Weißer + Grießhaber seine präzisen Kunststoffteile vorwiegend für die Uhrenindustrie. Das Unternehmen wuchs rasch und zog bald nach Mönchweiler, wo es mittlerweile drei Werke gibt, ein viertes soll dieses Jahr gebaut werden. Die Grießhaber-Mädchen packten selbstverständlich mit an, verdienten dort in den Ferien ihr erstes Geld. „Heute würde man das Kinderarbeit nennen“, sagt Ute Grießhaber lachend. Trotz der Größe ist Weißer + Grießhaber ein echtes Familienunternehmen geblieben. Die Schwester der Chefin kümmert sich ums Personal, der Schwager um die Formentechnik und ihr Lebensgefährte um Umwelt- sowie Gebäudetechnik. In ein paar Jahren wird auch Martin Weißer, der Sohn von Lothar Weißer, in den Familienbetrieb einsteigen. Eine Frau in Führungsposition kennen die Mitarbeiter seit jeher. Mutter Christa Grießhaber arbeitete von Beginn an als Prokuristin.
Dass Ute Grießhaber im Unternehmen ihrer Eltern geblieben ist, liegt auch am Heimweh. Als ihr damaliger Freund, mit dem sie heute noch liiert ist, sein Geografiestudium beendet hatte, machten sich die beiden auf nach Kanada. Kauften dort ein Auto und ein Zelt und reisten über ein halbes Jahr durchs weite Land. Ohne Handy, Internet, E-Mail und Whatsapp. Doch dann packte die Schwarzwälderin die Sehnsucht nach zuhause. Die zwei kehrten zurück nach Deutschland, und Ute Grießhaber stieg wieder in den Familienbetrieb ein. Doch Camper sind sie geblieben. Ein Bus hat das Zelt ersetzt, damit bereist das Paar Europa. Jeden Urlaub verbringen sie so, selbst den Skiurlaub. „Man kann aus dem Luxusleben auch mal raus“, sagt sie.
kat