Erfolg, Geld, Ruhm und Ehre hatten Bertram Bittel und Dieter Heyl schon – in ihrem ersten Leben. Im Ruhestand haben sie sich erfolgreich dem Kampf gegen das Karpaltunnelsyndrom verschrieben.
Achern. Es gibt Erfolgsgeschichten, die liegen buchstäblich von Anfang an auf der Hand. Bertram Bittel und Dieter Heyl sind gerade dabei, die ihrige gemeinsam fortzuschreiben. Weil sie im wahrsten Sinne des Wortes den Nerv treffen. Aber dazu später.
Ihre Erfolgsstory findet in genau der Branche statt, in der die sogenannte EU-Medizinprodukte-Verordnung reihenweise Unternehmen killt. Und sie schreiben sie auch noch als Gründer. Wobei – so richtig um Erfolg, Geld, Ruhm und Ehre geht es den beiden Herren aus Achern nicht. Hatten sie schon alles. Bertram Bittel war Direktor Technik und Produktion des Südwestrundfunks in Baden-Baden, Dieter Heyl unter anderem Werkleiter bei Mercedes-Benz in Malaysia beziehungsweise Leiter Qualitätsmanagement Daimler Chrysler in Indien. Der eine hatte als Teamchef der ARD viele Leute im Einsatz, wenn die Übertragung der Fußball-WM in Südafrika oder Brasilien funktionieren sollte. Der andere baute in Asien ein ganzes Montagewerk auf. Sie sind 71 (Bittel) und 66 (Heyl) Jahre alt, beide sind sie Ingenieure. Ein wenig spät dran für ein Start-up vielleicht. Aber dafür sind sie beseelt von dem, was sie tun: Menschen vor Operationen bewahren und von Schmerzen befreien.
Im ehemaligen Fitnessraum von Dieter Heyl mitten in einem Acherner Stadtteil befinden wir uns im Chefbüro-Besprechungsraum-Marketingabteilung-Carpastretch-Universum. Sorgfältig beschriftete Kartons lagern hier, Präsentationskoffer, Messe-Ausstattung, Besprechungs- und Schreibtisch stehen da. Wie aus dem Off kommend, liegt gleich zu Beginn des Interviews ein medizinisches Handmodell vor Dieter Heyl – und er erklärt (fast so gut wie ein Arzt oder Physiotherapeut), was der Carpastretch-Geschichte zugrunde liegt: das Karpaltunnelsyndrom. Das Anschwellen von Bindegewebe und Sehnen in der Hand, was den Karpaltunnel verengt und einen Druck auf den Nerv ausübt, führt zu Taubheit, Prickeln, Schmerzen.
Im ehemaligen Fitnessraum von Dieter Heyl mitten in einem Acherner Stadtteil befinden wir uns im Chefbüro-Besprechungsraum-Marketingabteilung-Carpastretch-Universum. Sorgfältig beschriftete Kartons lagern hier, Präsentationskoffer, Messe-Ausstattung, Besprechungs- und Schreibtisch stehen da. Wie aus dem Off kommend, liegt gleich zu Beginn des Interviews ein medizinisches Handmodell vor Dieter Heyl – und er erklärt (fast so gut wie ein Arzt oder Physiotherapeut), was der Carpastretch-Geschichte zugrunde liegt: das Karpaltunnelsyndrom. Das Anschwellen von Bindegewebe und Sehnen in der Hand, was den Karpaltunnel verengt und einen Druck auf den Nerv ausübt, führt zu Taubheit, Prickeln, Schmerzen.
„90 Prozent der Patienten landen in Deutschland auf dem OP-Tisch“, weiß Heyl. Auch ihm selbst habe das gedroht. Aber er hatte einfach keine Lust auf die chirurgische Lösung. Der Ingenieur in ihm hat ihn angefeuert, tief ins Thema einzutauchen und eine Alternative zu finden: „Wie wir aus dem Sport wissen, lassen sich Sehnen und Bänder durch Dehnung verlängern. Also entwickelte ich eine Dehnbandage, die zur Druckentlastung im Karpaltunnel führt.“ Die Bandage funktionierte. Dieter Heyl probierte es erfolgreich an sich selbst aus – und mittlerweile haben es ihm rund 4.000 Patienten gleichgetan. Patent angemeldet und erteilt!
„Es ist ein unglaublich schönes Gefühl, wenn Menschen Dankesschreiben schicken, weil sie aufgrund unserer Erfindung keine Schmerzen mehr haben“, ist Heyl tief berührt von der Resonanz all jener, die die von ihm entwickelte Carpastretch-Dehnbandage für eine Stunde am Tag anlegen. Allerdings: Nicht alles, was heilt, landet automatisch in Arzt- oder Physiotherapiepraxen. „Es ist in der Medizintechnikbranche sehr, sehr schwer, als Neuling mit innovativen Ideen Fuß zu fassen“, ist die Erfahrung des Duos. Und die verordnenden Ärzte sowie die bezahlenden Krankenkassen von etwas Neuem zu überzeugen, sei gerade für eine kleinere Firma ohne aufwendigen Vertrieb eine echte Herausforderung. Erst die Zuteilung einer Hilfsmittelnummer sichert CarpaStretch den Zugang zur Verordnungsfähigkeit im Bereich der gesetzlichen Krankenkassen. Bertram Bittel: „Das Beharrungsvermögen zugunsten etablierter Lösungen ist recht ausgeprägt.“
Dass Dieter Heyls Stretch-Bandage einen geschmeidigen Weg nehmen konnte in diesen festgebackenen Strukturen, ist vielleicht auch seinem Zusammentreffen mit Bertram Bittel geschuldet. Die beiden mussten einen Oberkircher Biergarten aufsuchen, um sich kennenzulernen – sie wohnen Luftlinie nur ein paar hundert Meter auseinander. Jeder erzählte beim ersten Aufeinandertreffen, was er so macht, und als Dieter Heyl von seiner Bandage berichtete, fielen Bertram Bittel gleich eine ganze Reihe potenzieller Nutzer ein: „Unter anderem meine Assistentin, deren beider Hände betroffen waren.“
Als ob es nie anders gewesen wäre, gehörten die beiden von Stund an zusammen. Vielleicht war ja der ehemalige SWR-Mann vom lieben Gott geschickt worden… „Bertram war die perfekte Ergänzung“, freut sich Ingenieur Heyl und blickt auf mittlerweile vier gemeinsame Jahre in der Geschäftsführung der 2016 gegründeten Carpastretch GmbH zurück.
Und es läuft, wie es eben läuft, wenn es passt: Die mittlerweile in Indien hergestellte Stretch-Bandage hat die Klassifizierung zum Medizinprodukt geschafft – auch weil Bittel gut vernetzt ist mit der Beratungsfirma Regular Systems, die in genau solchen Fällen Support liefert. Auf die Frage, ob sie bereit sind, zu philosophieren, warum ihnen das Glück hold ist, sind Bittel und Heyl schnell auf dem gemeinsamen Punkt: „Wir machen einfach das, was wir machen wollen. Es macht uns Spaß und wir helfen Menschen damit.“
Doris Geiger