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3 | 2018

Wirtschaft im Südwesten

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R

elativiert ein Arbeitnehmer in der Betriebsöffent-

lichkeit den Holocaust, so kann dies eine fristlose

Kündigung rechtfertigen. Dies gelte jedenfalls dann,

wenn ein Arbeitnehmer massenhafte Gaskammer-

morde aus dem Zweiten Weltkrieg in Abrede stelle und

auch das Ausmaß der Deportation von Juden relativie-

re. Solche Äußerungen hätten zumindest volksverhet-

zenden Charakter und störten den Betriebsfrieden.

Sie müssten auch nicht einmalig hingenommen und

vor Ausspruch einer Kündigung zum Gegenstand einer

Abmahnung erhoben werden. Das geht aus einem

Urteil des Arbeitsgerichts Hamburg hervor (Urteil vom

18. Oktober 2017, 16 Ca 23/17).

Bei einem 59-jährigen Mitarbeiter eines Unterneh-

mens aus der Wohnwirtschaft, der dort als Liegen-

schaftsbetreuer tätig gewesen ist, wurden zunächst

bei der Rückgabe des Dienstfahrzeuges mehrere

Musik-CDs mit rechtsradikalen Inhalten gefunden.

Deswegen kam es im Betrieb des Arbeitgebers zwi-

schen dem Arbeitnehmer und einer weiteren Mitarbei-

terin zu einem Gespräch. Dabei kam auch das Thema

Holocaust zur Sprache. Der Arbeitgeber warf dem

Arbeitnehmer nach Anhörung der weiteren Mitarbei-

terin vor, dass dieser in dem Gespräch den Holocaust

verleugnet und im Übrigen weitere volksverhetzende

Äußerungen von sich gegeben habe. Der Arbeitgeber

nahm dies zum Anlass, eine fristlose sowie eine hilfs-

weise ordentliche Kündigung des Arbeitsverhältnisses

auszusprechen.

Das Arbeitsgericht Hamburg befand die fristlose Kün-

digung als rechtswirksam, da der Arbeitnehmer seine

Pflicht zur Rücksichtnahme auf die Interessen des

Arbeitgebers verletzt habe, indem er gegenüber einer

weiteren Mitarbeiterin und somit in der Betriebsöf-

fentlichkeit volksverhetzende und den Betriebsfrie-

den störende Äußerungen von sich gegeben habe.

Er habe das Ausmaß der Deportationen relativiert

sowie die Exekutionen bestritten. Einer Abmahnung

bedurfte es in diesem Fall nicht, da es sich um einen

besonders schweren Pflichtverstoß handelte. Für den

Arbeitnehmer sei auch erkennbar gewesen, dass der

Arbeitgeber solche volksverhetzenden Äußerungen

auch nicht einmalig in seiner Betriebsöffentlichkeit

hinnehmen würde.

Olaf Müller, Endriß und Kollegen

Testamentsanfechtung

Jetzt ist das Amtsgericht zuständig

S

oweit der Erblasser über den Inhalt seines

Testaments im Irrtum war, kann es durch

diejenigen angefochten werden, denen die

Aufhebung der letztwilligen Verfügung unmit-

telbar zu statten kommt (siehe WiS 2/2018).

Das gilt auch, wenn der Erblasser durch Dro-

hung – zum Beispiel mit Strafanzeige oder

damit, ihm in der Not nicht zu helfen – ge-

zwungen wurde, ein Testament bestimmten

Inhalts zu errichten.

Die Anfechtung kommt ferner dann in Be-

tracht, wenn der Erblasser einen zur Zeit des

Erbfalls vorhandenen Pflichtteilsberechtigten

übergangen hat, dessen Vorhandensein ihm

nicht bekannt war oder der erst nach der Tes-

tamentserrichtung geboren oder pflichtteils-

berechtigt geworden ist. Dies ist zum Beispiel

dann der Fall, wenn der Erblasser wieder hei-

ratet oder jemanden adoptiert. Denn hier-

durch wird sein neuer Ehegatte beziehungs-

weise der Adoptierte pflichtteilsberechtigt.

Hierbei steht das Anfechtungsrecht nur dem

übergangenen Pflichtteilsberechtigten zu.

Die Anfechtung muss grundsätzlich durch

Erklärung gegenüber dem Nachlassgericht

innerhalb eines Jahres nach Kenntnis des

Anfechtungsgrundes erfolgen. Zuständiges

Nachlassgericht ist das Amtsgericht am letz-

ten Wohnsitz des Verstorbenen. Abweichend

hiervon waren bis Ende 2017 in Baden-

Württemberg die staatlichen Notariate als

Nachlassgerichte zuständig. Diese Sonderzu-

ständigkeit endete zum Jahresbeginn. Seither

sind auch in Baden-Württemberg wie in allen

anderen Bundesländern die bei den Amts-

gerichten angesiedelten Nachlassgerichte

zuständig. Mit erfolgreicher Testamentsan-

fechtung wird die angefochtene letztwillige

Verfügung so behandelt als wäre sie nicht

erfolgt.

Unter denselben Voraussetzungen ist auch

ein Erbvertrag anfechtbar. Der wesentliche

Unterschied zur Testamentsanfechtung ist,

dass der Erblasser selbst anfechtungsberech-

tigt ist, mit dem Ziel, seine eigene erbver-

tragliche Erklärung zu beseitigen. Außerdem

hat die Anfechtung in notariell beurkundeter

Form gegenüber dem Vertragspartner und

erst nach dessen Tod gegenüber dem Nach-

lassgericht zu erfolgen.

Csaba Láng,

Sozietät, Jehle, Láng, Meier-Rudolph, Köberle

Fristlose Kündigung

Wenn ein Arbeitnehmer den Holocaust relativiert

Bild: ra2 studio - Fotolia

Eine Abmahnung

ist in diesem Fall

nicht nötig