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4 | 2016

Wirtschaft im Südwesten

61

SteUern

PraxiSWiSSen

D

urch das sogenannte amtshilferichtlinien-

Umsetzungsgesetz vom 26. Juni 2013 wurde

das einkommensteuergesetz um Paragraf 50i er-

weitert, der etwa ein Jahr später um den absatz

2 ergänzt wurde. Ziel der einführung des neuen

Paragrafen war es, die Umgehung der Wegzugs-

besteuerung nach dem außensteuergesetz zu

verhindern. Da im Gesetzestext jedoch der aus-

landsbezug fehlt, waren wortgetreu viele – auch

inländische – Umstrukturierungen unter einschal-

tung von Personengesellschaften nicht mehr steu-

erneutral möglich.

Kurz vor Weihnachten 2015 hat das Bundesministe-

rium der Finanzen nun einen lange erwarteten erlass

zur anwendung des oben genannten Paragrafen he-

rausgegeben. Mit diesem wird der Praxis „aus Grün-

den der sachlichen Unbilligkeit“ die Möglichkeit ein-

geräumt, die anwendung des Paragrafen 50i absatz

2 für bestimmte „inlandsfälle“ – wie zum Beispiel

einbringung in eine Kapitalgesellschaft oder Perso-

nengesellschaft, Übertragungen von Mitunterneh-

meranteilen auf eine natürliche Person, Übertragung

von einzelwirtschaftsgütern, Umwandlungen und

Strukturwandel – zu vermeiden. Dazu ist ein über-

einstimmender antrag sowohl des übertragenden als

auch des übernehmenden rechtsträgers bezüglich

der nichtanwendung des ergänzten Paragrafen er-

forderlich. Voraussetzung dafür, dass das Finanzamt

dem antrag zustimmen muss, ist unter anderem,

dass das deutsche Besteuerungsrecht hinsichtlich

der laufenden einkünfte und des Gewinns aus der

Veräußerung oder entnahme nicht ausgeschlossen

oder beschränkt wird.

auch wenn das Schreiben des Bundesfinanzministe-

riums für einen Großteil der Umstrukturierungsfälle

Klarheit schafft, lässt es eine Vielzahl an rechts-

und Verfahrensfragen für betroffene Familienunter-

nehmen offen - zum Beispiel, welche auswirkungen

sich auf die Gewerbesteuer, die Zuständigkeit der

Finanzbehörden sowie die Verfahrensdauer ergeben.

aus diesen Gründen ist der Bundestag aufgefordert,

durch eine gesetzliche regelung nachzubessern.

Hanns-Georg Schell,

Bansbach GmbH

B

etrieblich veranlasste Zinsaufwendungen sind

grundsätzlich Betriebsausgaben. Der Gesetzge-

ber hat allerdings ihre steuerliche abzugsfähigkeit

mit der Unternehmenssteuerreform 2008 begrenzt.

nach dieser sogenannten Zinsschranke dürfen Zins-

aufwendungen, die die Zinserträge eines Betriebs

übersteigen (negatives Zinssaldo), nur bis zur höhe

von 30 Prozent des um die Zinsaufwendungen und

abschreibungen erhöhten und um die Zinserträge

verminderten Gewinns (verrechenbares eBitDa) als

Betriebsausgabe steuerlich abgezogen werden. Der

überschießende, nichtabziehbare aufwand ist in die

folgenden Wirtschaftsjahre vorzutragen.

Der Bundesfinanzhof (BFh) sieht in seiner entschei-

dung vom 14. Oktober vergangenen Jahres (i r 20/15)

dadurch den allgemeinen Gleichheitsgrundsatz in

der Form des „objektiven nettoprinzips“ verletzt,

weil sich die Steuerlast nicht mehr nach dem net-

toeinkommen und damit der finanziellen Leistungs-

fähigkeit richte. Denn die Zinsschranke könne dazu

führen, dass der Zinsaufwand gar nicht abzugsfähig

sei, zum Beispiel weil Zinsvortrag immer weiter vor-

getragen werden müsse und somit erst dann ergeb-

niswirksam werde, wenn einkommen erwirtschaftet

werde, das den Zinsaufwand übersteige. auch könne

der Zinsvortrag verloren gehen, etwa durch eine Um-

strukturierung der Steuerschuldnerin.

Die einschränkung des nettoprinzips

sei jedenfalls in reinen inlandsfällen

wie dem entschiedenen auch nicht zur

Sicherung des deutschen Steuersub-

strats gerechtfertigt. Der BFh hat den

Fall nun dem Bundesverfassungsge-

richt zur entscheidung vorgelegt.

Sollte das Bundesverfassungsgericht

dem BFh folgen, eröffnet dies größere Gestaltungs-

spielräume. Die Gesellschafter sind dann freier in

der entscheidung, ihre Gesellschaft mit eigenkapital

oder mit Darlehen zu finanzieren. Für ausländische

Gesellschafter gilt dies nicht; falls die Finanzverwal-

tung sie aber – wie vor 2008 – anders als deutsche

Gesellschafter behandelt, könnte dies gegen euro-

päisches recht verstoßen.

Albert Schröder

Friedrich Graf von Westphalen & Partner

Die Zinsschranke könne

dazu führen, dass der

Zinsaufwand gar nicht

abzugsfähig sei

Erlass zu Paragraf 50i des Einkommensteuergesetzes

Mehr Rechtssicherheit bei

Umstrukturierungen

Urteil des Bundesfinanzhofs

Zinsschranke ist verfassungswidrig