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Wirtschaft im Südwesten

4 | 2016

10

titel

Lebensmittel-Vollsortimentsmarkt“ benötige indes

eine Verkaufsfläche von mindestens 1.500 Quadrat-

metern, erläuterte Meng.

Das hat rechtliche Konsequenzen. Denn große Einzel-

handelsprojekte mit mehr als 800 Quadratmetern Ver-

kaufsfläche fallen nicht nur unter das Baurecht, für das

die einzelne Kommune zuständig ist, sondern auch un-

ter die Raumordnung, für die das Regierungspräsidium

verantwortlich zeichnet. So soll die Entwicklung des

Einzelhandels gezielt gesteuert werden. Was die Raum-

ordnung will, erläuterte Johannes Dreier, Leiter des

entsprechenden Referats im Regierungspräsidium:

Attraktive Ortskerne schaffen und Einkaufszentren

auf der grünen Wiese vermeiden, Nahversorgung im

ländlichen Raum sicherstellen sowie die Anbindung an

den öffentlichen Nahverkehr gewähren. „Der Einzel-

handel wird von der Raumordnung und dem Baurecht

so gut es geht in diese Bereiche gesteuert“, sagte

Dreier. Die juristischen Instrumente dafür bieten der

Landesentwicklungsplan und die Regionalpläne.

Tendenzen für eine Rückbesinnung

Die hehren Ziele von Raumordnung und Baurecht wer-

den im Einzelfall allerdings oft großzügig ausgelegt,

zumal sie Formulierungen wie „zentrenrelevante Sor-

timente“ enthalten, die viel Interpretationsspielraum

lassen. Handelsverbandschef Kather findet ohnehin,

„dass die Raumordnung zum Teil nicht mehr den

Konzepten des Einzelhandels entspricht“. Es gelte

Antworten auf neue Fragen zu finden. Wie müssen

beispielsweise reine Showrooms beurteilt werden und

sind Ein-Euro-Shops unter zentrenrelevanten Kriterien

wirklich eine Gefahr für die Innenstadt?

Die rechtliche Planung versucht immer auch künftige

Entwicklungen vorauszusehen. Das ist insbesondere

im Lebensmitteleinzelhandel allerdings eine schwierige

Aufgabe. Wo geht die Entwicklung hin? Das Internet, so

viel scheint sicher, wird auch künftig keine große Rolle

spielen. Allerdings setzt der Onlinehandel am ehesten

jenen großen Einkaufszentren an den Ortsrändern zu,

die vielen kleinen Geschäften in den Zentren die Exis-

tenz kosteten. Der Oberkircher Architekt Matthias Stip-

pich, der über Architektur im Einzelhandel promoviert

hat, sieht Tendenzen für eine Rückbesinnung – aus-

gelöst durch die Veränderung des Konsum- und Wer-

tebewusstseins. Bio, vegetarisch, vegan sind Trends,

denen sich kein Lebensmittelmarkt entziehen kann und

die auch die Struktur des Handels verändern können.

Das zeigen beispielsweise die „Temma“-Filialen, mit

denen Rewe in diese Richtung experimentiert (siehe

auch Kasten Seite 8). Die knapper werdenden Flächen

und die damit zusammenhängende Entwicklung der

Baukosten könnten solche Trends vor allem in großen

Städten verstärken. Handel ist Wandel, betonte denn

auch Edeka-Mann Meng und zitierte eine Branchen-

weisheit: „Wer nicht mit der Zeit ging, ist mit der Zeit

gegangen.“

Kathrin Ermert

Die Handelsexperten

der

IHKs

:

Hochrhein-Bodensee

Bertram Paganini

Tel. 07531 2860-130

bertram.paganini@ konstanz.ihk.de

Schwarzwald-Baar-

Heuberg

Barbara Sand

Tel. 07721 922-167

barbara.sand@vs.ihk.de

Südlicher Oberrhein

Thomas Kaiser

Tel. 07821 2703-640

thomas.kaiser@ freiburg.ihk.de

Edeka ist bereits jetzt der

größte Lebensmittelhändler

in Deutschland. Durch die

Übernahme von Kaiser‘s

Tengelmann, die Wirtschafts-

minister Sigmar Gabriel

entgegen der Weisung des

Bundeskartellamts Mitte

März genehmigte, wächst der

Abstand zu den Konkurren-

ten. Allerdings hat Rewe, die

Nummer zwei auf dem Markt,

beim Oberlandesgericht Düs-

seldorf Beschwerde gegen

die Entscheidung eingereicht.