4 | 2016
Wirtschaft im Südwesten
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GRÜNDeR
Leute
Sie haben sich als systemische Familientherapeutin
selbstständig gemacht und bieten auch Pilgerreisen
an. Das sind eher ungewöhnliche Wirtschaftsbran-
chen. Warum sind Sie iHK-Mitglied?
Weil ich denke ich, dass ich über die Zugehörigkeit zur
IHK meine Zielgruppe besser erreichen kann.
Wie kamen Sie darauf, Pilgerreisen für
Führungskräfte anzubieten?
Das hat mit meinen Mann zu tun, der Geschäftsführer
eines unternehmens ist. er ist mein Übungsprojekt:
An ihm sehe ich, wie angespannt und ausgelaugt Füh-
rungskräfte häufig sind. Dass Pilgern einem helfen
kann, loszulassen und einfach loszugehen, um dann
gestärkt wieder in den Alltag zurückzukehren, habe
ich selbst erlebt: Nach meiner berufsbegleitenden
Ausbildung zur systemischen Familientherapeutin war
ich – mit zwei unterbrechungen – insgesamt 103 tage
allein unterwegs. Ich bin zuerst mit dem Fahrrad und
dann zu Fuß 2.340 Kilometer gepilgert – von Gei-
singen bis zum Kap Finisterre jenseits von Santiago
di Compostela an der spanischen Küste, also noch
weiter als Hape Kerkeling.
Was haben Sie vor ihrer Selbstständigkeit und der
Pilgerreise gemacht?
Ich bin eigentlich erzieherin und habe fünfzehn Jah-
re auch als solche gearbeitet und weitere zehn Jahre
als sozialpädagogische Familienhelferin, also eine Art
Super-Nanny. Das Zertifikat als systemische therapeu-
tin, das ich am Bodensee-Institut in Radolfzell erwor-
ben habe, war eigentlich auch als Handwerkszeug für
diese Funktion gedacht.
Und warum dann stattdessen der neustart?
Als ich unterwegs war, hab‘ ich gedacht: Ich will ei-
gentlich gar nicht mehr zurück in meine Stelle. Fa-
milienhelferin ist ja auch ein schwieriger Job, da ist
viel Zwang dabei. Die Familien wollen die Hilfe häufig
gar nicht, sondern bekommen uns vom Jugendamt
verordnet. Das Pilgern hat mir gezeigt, dass es schön
sein kann, sich einfach zu trauen und allein etwas
zu wagen. Diese erfahrung gebe ich nun weiter mit
meinen Angeboten. Mit Frauengruppen war ich bereits
dreimal unterwegs, Anfang Mai gehe ich das erste Mal
mit Führungskräften: vier tage auf dem Jakobsweg
von Beuron nach Geisingen. Dafür sind übrigens noch
Plätze frei.
Woher hatten Sie ihr Startkapital?
Aus eigenen Mitteln, ich brauchte auch nicht so viel,
hauptsächlich für Werbemittel wie Flyer. Mein thera-
pieraum, der auch für die Vorbereitungstreffen der
Reisen dient, ist in unserem eigenen Haus.
Wie läuft’s bislang?
es ist noch ein bisschen mühsam, weil systemische
therapie keine Kassenleistung ist. Meine Klienten müs-
sen alles selbst zahlen. Für die Akquise der Reisen halte
ich auch Vorträge übers Pilgern.
Interview: kat
Heidrun Hog-Heidel lädt Führungskräfte zur Pilgerreise
loslassen
und losgehen
Pilgern für Führungskräfte
Gründerin:
Heidrun Hog-Heidel (48)
Ort:
Geisingen
Gründung:
Mai 2014
Branche:
Reise & therapie
Idee:
Wandern mit innerem Ziel