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4 | 2016

Wirtschaft im Südwesten

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2010 gaben die Deutschen dann fast die Hälfte (45,8

Prozent) ihres Lebensmittelbudgets im Discounter aus.

Auf diesem Wert hat sich der Marktanteil stabilisiert, in

jüngster Vergangenheit war er minimal rückläufig.

Der Vormarsch von „Geiz ist geil“ scheint also gestoppt.

Mehr noch: Laut einer unternehmensinternen Kunden-

befragung von Edeka legen Verbraucher größeren Wert

auf die Erreichbarkeit des Geschäfts, die Auswahl der

Produkte, auf die Atmosphäre und die Kompetenz der

Mitarbeiter. Der Preis rangiert in dieser Aufzählung

erst an fünfter Stelle. Allerdings sind solche Angaben

durchaus mit Vorsicht zu genießen. „Gesagt ist nicht

das gleiche wie gelebt“, mahnt Olaf Kather vom Han-

delsverband und spricht von der „Schizophrenie des

Kundenverhaltens“.

Alle sind Pfennigfuchser, aber keiner will es zugeben.

Vielleicht ist diese Zwiespältigkeit ein Grund dafür,

dass die Grenzen zwischen Discountern und Vollsor-

timentern manchmal gar nicht mehr so eindeutig sind.

Denn während Edeka und Rewe einen bedeutenden

Teil ihres Umsatzes mit Handelsmarken („gut & güns-

tig“, „ja“) machen, nehmen Aldi und Lidl immer mehr

Markenprodukte ins Sortiment. IHK-Handelsexperte

Bertram Paganini beobachtet Angleichungen zwi-

schen Discount und Vollsortiment. Nicht immer liste

ein Vollsortimenter wirklich 20.000 oder mehr Artikel,

dagegen versuchten Discounter auch dem Trend zu

regionalen sowie Bioprodukten gerecht zu werden.

Nichtsdestotrotz setzen Edeka und Rewe auf die Ab-

grenzung zum Discounter, um ihre Marktanteile zu sta-

bilisieren beziehungsweise weiter auszubauen. „Das

Zusammenspiel aus Sortimentsvielfalt, Regionalität,

Atmosphäre und Qualität kann nicht beliebig nach

unten korrigiert werden“, sagte Edeka-Regionalleiter

Meng bei der Veranstaltung in Freiburg. Nur eine klare

Differenzierung zum Discount ermögliche eine Profilie-

rung gegenüber den Kunden. So verbuchen denn die

selbstständigen Edeka-Händler regelmäßig die höhe-

ren Umsatzzuwächse als die von der Zentrale geführten

Filialen, weil sie gezielter auf die Wünsche ihrer Kunden

eingehen können.

Arno Knapp, Expansionsmanager bei Rewe Südwest,

erläuterte den Nachhaltigkeitsanspruch seines Unter-

nehmens und in dem Zusammenhang auch die Anfor-

derungen an die Gebäudeplanung – schließlich hatte

die Architektenkammer mit eingeladen. Man lege Wert

auf gestalterische und ökologische Aspekte. Für sein

„Green Building Konzept“, wie es in der Region Südwest

beispielsweise 2012

in Neckarsulm verwirklicht wurde,

hat Rewe die Zertifizierung in Gold der Deutschen Ge-

sellschaft für Nachhaltiges Bauen erhalten.

Raumordnung will lenken

Diese Ausrichtung braucht Platz. Bei der Planung neu-

er Standorte stellen kleinere Flächen mit weniger als

1.000 Quadratmeter die Ausnahme dar – angepasst an

spezielle regionale oder lokale Gegebenheiten wie bei-

spielsweise ländliche Gebiete oder Hochfrequenzlagen

in Großstädten. Ein „für die Zukunft ausgerichteter

Edeka

Die Edeka-Gruppe ist bereits jetzt der größte Lebensmit-

telhändler in Deutschland mit etwa 11.500 Märkten, rund

336.000 Mitarbeitern und einem Gesamtumsatz von über 50

Milliarden Euro (2014). Eine Übernahme von Kaiser‘s Tengel-

mann, der Wirtschaftsminister Gabriel Mitte März zustimmte

(nachdem das Bundeskartellamt diese abgelehnt hatte), wird

den Abstand zu den Konkurrenten noch deutlich vergrößern

(siehe auch Grafik Seite 10). Die Poleposition auf dem Le-

bensmittelmarkt hatte Edeka 2005 mit der Übernahme der

deutschen Spar, zu der auch der Discounter Netto zählt, bereits

erfolgreich ausgebaut.

„Edeka“ leitet sich aus den drei Buchstaben E, D und K ab,

der Abkürzung für „Einkaufsgenossenschaft der Kolonialwa-

renhändler. Die ersten dieser Genossenschaften entstanden

um die vergangene Jahrhundertwende in Norddeutschland.

1907 wurde die „Zentraleinkaufsgenossenschaft des Verban-

des deutscher kaufmännischer Genossenschaften“ gegründet

– Vorläufer der Edeka-Zentrale in Hamburg. Die Geschichte

in der Region ist etwas jünger: 1927 taten sich 26 Kaufleute

in Offenburg zusammen. Heute ist Edeka Südwest die zweit-

größte von sieben Regionalgesellschaften mit insgesamt 1.350

Märkten, fünf Logistikzentren, über 43.000 Mitarbeitern und

rund 8,2 Milliarden Euro Umsatz. Das Absatzgebiet erstreckt

sich über Baden-Württemberg, Rheinland-Pfalz und das Saar-

land nach Südhessen und Westbayern. Das Vertriebskonzept

reicht vom kleinen „nah und gut“-Markt (bis 600 Quadrat-

meter), über den regulären Edeka (bis 3.000 Quadratmeter)

bis zum großen E-Center oder Marktkauf (über 3.000 Qua-

dratmeter) und umfasst zudem den Discounter Treff 3000.

Zu Edeka Südwest gehören auch die Bäckereikette K&U, der

OrtenauerWeinkeller, Schwarzwald Sprudel, der Delikatessen-

service Frischkost, Südwest Fleisch sowie der Schinken- und

Wursthersteller Schwarzwaldhof. Etwa zwei Drittel der Märkte

(970) werden von rund 500 selbstständigen Einzelhändlern

geführt, die auch immer noch Eigentümer der Genossenschaft

sind, indirekt also auch die Filialen der Zentrale betreiben. In

den vergangenen fünf Jahren haben über siebzig Lebensmit-

telhändler den Schritt in die Selbstständigkeit gewagt. Jährlich

werden zwischen 20 und 30 neue Märkte eröffnet.

kat