Tuttlingen. „Wir haben die Krise hinter uns gelassen, die Neuausrichtung nahezu abgeschlossen und sind bereit für die nächsten 100 Jahre.“ Das sagte Carsten Liske, vorsitzender geschäftsführender Direktor (CEO) der Chiron Group, Mitte Juni anlässlich der virtuellen Hausmesse „Open House Online“ vor der Presse. Seit März/April seien die Werke in Tuttlingen und Neuhausen ob Eck wieder voll ausgelastet, die Kurzarbeit habe beendet werden können. Liske rechnet damit, Ende 2021 wieder das Niveau von 2019 erreicht zu haben und dann auch bald wieder den Rekordumsatz von 500 Millionen Euro aus dem Jahr 2018. 2020 verbuchte Chiron angesichts der Coronapandemie vor allem im Bereich Automotive deutliche Rückgänge im Vergleich zum Vorjahr, wenn auch geringere als der Branchenschnitt. Zahlen nannte Liske nicht.
Bereits 2019 war der Umsatz von Chiron angesichts der Krise der Automobilindustrie um elf Prozent auf 443 Millionen Euro eingebrochen. Diese Branche zählt neben Maschinenbau, Medizin- und Präzisionstechnik, Luft- und Raumfahrt sowie Werkzeugherstellung zu den wichtigsten Kunden des Spezialisten für CNC-gesteuerte, vertikale Fräs- und Fräs-Dreh-Bearbeitungszentren sowie Turnkey-Fertigungslösungen. Im Rahmen der Neuausrichtung verkaufte Chiron vergangenes Jahr die Scherer Feinbau GmbH in Bayern. Alle anderen deutschen Einheiten der Gruppe, allen voran die Stama Maschinenfabrik GmbH, samt der Marken Chiron, Stama und CMS wurden hingegen in der Chiron Group SE verschmolzen. Mit dem Kauf der Schweizer Mecatis SA kam zudem die Marke Factory 5 hinzu. Neuheiten aller Marken präsentierte Claus Eppler, Leiter Forschung und Entwicklung (CTO), vor der Presse. Er schwärmte von deren Präzision und wies auf das breite, auf dem Baukastenprinzip basierende Produktprogramm des Unternehmens hin.
Vor 100 Jahren startete Chiron übrigens als Handwerksbetrieb für chirurgische Instrumente – so, wie es für Tuttlingen damals typisch war. Etwa 30.000 verschiedene Produkte finden sich in einem Katalog der Anfangsjahre. Im Laufe der Zeit probierte das Unternehmen Verschiedenes aus – so nach dem Zweiten Weltkrieg auch kurz die Produktion kleiner Automobile. Einen Wendepunkt markiert laut Unternehmenschronik der Einstieg der Düsseldorfer Hoberg & Driesch-Gruppe, die 1957 Gesellschafter wurde: Ab 1958 entwickelte und produzierte Chiron Baueinheiten zum Bohren, Fräsen und Gewindeschneiden, 1961 wurden die ersten Sondermaschinen ausgeliefert, und 1972 entstanden die ersten Bearbeitungszentren. Längst zählt Chiron zu den weltweit führenden Anbietern in diesem Bereich. 2.100 Mitarbeiter sind in der Gruppe beschäftigt, die meisten von ihnen in Tuttlingen und Neuhausen ob Eck.
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Kleine Unternehmenschronik
1921: Chiron startet als Handwerksbetrieb mit der Herstellung chirurgischer Instrumente
1943: Im Zweiten Weltkrieg werden Sanitätsausrüstungen für die Wehrmacht und Komponenten für die ersten Strahltriebwerke gefertigt
1945: Nach Kriegsende produziert Chiron wieder chirurgische Instrumente, beginnt aber auch mit der Entwicklung und dem Bau von Kompressoren und Farbspritzpistolen
1949: Kleine Automobile werden entwickelt und gebaut. Nach drei Prototypen ist Schluss. Dafür setzt Chiron auf Niederdruck- und Hochdruckkompressoren und steigt in den Bau von Pflanzenschutzgeräten und Straßenmarkierungsmaschinen ein.
1957: Die Hoberg & Driesch-Gruppe erwirbt die Geschäftsanteile von Chiron.
1958: Die Entwicklung und Herstellung von Baueinheiten zum Bohren, Fräsen und Gewindeschneiden beginnt.
1961: Die ersten Sondermaschinen für den Werkzeugmaschinenbau werden ausgeliefert.
1972: Die ersten Bearbeitungszentren entstehen
1993: Chiron gründet ein Vertriebs- und Serviceunternehmen in den USA
1999: Entwicklung der zweiten Generation der Doppelspindler
2001: Die Redaktion der Fachzeitschrift Maschinenmarkt verleiht Chiron den MM-Award.
2004: Chiron wird mit dem bundesweit ausgeschriebenen Ausbildungs-Ass in Silber prämiert
2005: Das 5.000 Quadratmeter große Chiron-Forum wird eröffnet
2010: Einführung der Fließmontage im Werk Neuhausen, Standort in der Türkei wird eröffnet
2011: Chiron verdoppelt die Montagefläche in Amerika und gründet einen Standort in Indien
2012: Am Standort in Tuttlingen werden zehn Millionen Euro investiert
2021: 100 Jahre Chiron
Quelle: Chiron