Der Coronavirus bereitet zurzeit sicherlich den meisten Unternehmen Sorgen. Darüber, wer bereits betroffen ist, an wen sich Unternehmen wenden können und wie sie sich generell auf Krisen vorbereiten sollten, spricht Christina Gehri von der IHK Südlicher Oberrhein im Interview.
Unternehmen aus Gastronomie, Hotellerie, Tourismus und Einzelhandel spüren bereits jetzt, Mitte März, Auswirkungen des Coronavirus, da Kunden ausbleiben. Diese sowie viele andere Unternehmen fürchten zum Teil sogar um Ihre Existenz. Wie schätzen Sie die Auswirkungen des Coronavirus auf die Unternehmen in der Region ein?
Das kann man genauso wenig voraussagen wie die Zahl der infizierten Personen. Je weiter und langfristiger sich das Virus ausbreitet, umso gravierender könnten die Folgen für die Unternehmen in der Region sein. Bereits jetzt spüren einzelnen Unternehmen Auswirkungen des Virus. Es werden Umsatzeinbußen und Lieferengpässe gemeldet, Messen werden abgesagt, auf Reisen wird verzichtet. Das genaue Ausmaß ist aber noch nicht abzusehen.
Was können Unternehmen zurzeit tun?
Das beginnt mit erweiterten Hygienemaßnahmen im Betrieb und reicht über das Einschränken von Geschäftsreisen, das Absagen von Messen und das Meiden von Menschenansammlungen bis hin zur Einrichtung eines Quarantänelagers für importierte Ware für eine gewisse Zeit.
Welche Hilfen für Unternehmen gibt es bereits?
Zum aktuellen Zeitpunkt gibt es das bereits bestehende Kurzarbeitergeld. Die Erleichterungen, auf die sich der Koalitionsausschuss verständigt hat, müssen aber noch verabschiedet werden, so dass sie wie geplant bis zum 1. April greifen können. Es gibt ein bestehendes Liquiditätsprogramm der KfW, der Kreditanstalt für Wiederaufbau. Ob es darüber hinaus Hilfen geben wird, ist noch nicht entschieden.
Können Unternehmen für Produktions- oder Lieferausfälle entschädigt werden?
Wenn die Ausfälle auf höhere Gewalt zurückzuführen sind, gibt es bei Produktions- und Lieferausfällen keine Pflicht zum Schadensersatz. Doch nicht jede Grippewelle stellt eine solche höhere Gewalt dar, gegen die der Unternehmer mehr oder weniger nichts machen kann. Wenn hingegen ganze Gegenden hermetisch abgeriegelt werden und deshalb keine Waren aus- oder eingeführt werden können, ist es sehr wahrscheinlich, dass Gerichte im Falle eines Rechtsstreits von höherer Gewalt ausgehen. Bei Hotelstornierungen in Gegenden, für die es keine Reisewarnungen gibt, werden Stornogebühren fällig, falls es Regelungen dazu gibt. Aber dies deckt den Ausfall nur teilweise.
Umfrage: Die Auswirkungen auf Unternehmen
Mehr als ein Viertel der Unternehmen in Baden-Württemberg erwartet in diesem Jahr infolge des Coronavirus einen Umsatzrückgang von über zehn Prozent. Das ergibt sich aus der vorläufigen Auswertung einer Umfrage des Deutschen Industrie- und Handelskammertags (DIHK) unter mehr als 10.000 Betrieben aus allen Regionen und Branchen, an der auch etwa 850 Unternehmen aus Baden-Württemberg teilgenommen haben. Derzeit ist die Betroffenheit von Auswirkungen der Ausbreitung des Coronavirus in der Südwest-Wirtschaft etwas höher als in Deutschland insgesamt. Über 56 Prozent der Unternehmen in Baden-Württemberg spüren bereits Auswirkungen des Coronavirus auf ihre Geschäfte, während es in Deutschland insgesamt knapp 52 Prozent sind. „Unsere exportorientierte Wirtschaft war natürlich recht schnell von Problemen bei Lieferketten und Geschäftsreisen betroffen“, sagt Wolfgang Grenke, Präsident des Baden-Württembergischen Industrie- und Handelskammertags (BWIHK). Laut Umfrage melden 43 Prozent der befragten Unternehmen in Baden-Württemberg, dass sie ihre Reisetätigkeiten einschränken und knapp 38 Prozent sagen Messen und Veranstaltungen ab als Schutzmaßnahmen.
Der Forderung des DIHK-Präsidenten Eric Schweitzer nach schnell wirksamen Sofortmaßnahmen schließt sich Grenke an: „Wenn die Umsätze bei gleichzeitig schwindenden Reserven in den Unternehmen weiter einbrechen, kann das für viele Betriebe existenzbedrohend werden.“ Sinnvoll wären Stundungen von Steuern, Sozialabgaben sowie ein rascher Zugang zu Überbrückungshilfen wie Kurzarbeitergeld und Liquiditätsmittel mit der Voraussetzung, dass Unternehmen zeitnah und unbürokratisch unterstützt würden.
bwihk
An wen können sich betroffene Unternehmen wenden?
Grundsätzlich an die IHKs. Sie geben zu allen Fragen eine Orientierung und sind auch Ansprechpartner rund um die Unternehmenssicherung. Wegen Kurzarbeitergeld können sich die Unternehmen direkt an die Arbeitsagentur wenden, für die Pandemieplanung an das Bundesamt für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe. Es hat ein Handbuch zur betrieblichen Pandemieplanung für das Influenzavirus veröffentlicht, das unter www.dguv.de abgerufen werden kann. Es soll als Ratgeber für Betriebe dienen, die einen eigenen Pandemieplan aufstellen wollen, um der Fürsorgepflicht gegenüber den Arbeitnehmern gerecht zu werden und gleichzeitig den Geschäftsbetrieb aufrecht erhalten zu können. Das Handbuch funktioniert als Leitfaden mit Checklisten. Weitere Informationen für Unternehmen zum Coronavirus hat das Bundeswirtschaftsministerium ins Netz gestellt unter www.bmwi.de.
Können Unternehmen sich eigentlich vor Pandemien oder ähnlichen Katastrophen, die sie in eine existenzielle Krise stürzen können, schützen – und wenn ja wie?
Nein. Aber es ist immer wichtig, besonnen zu reagieren. Dabei hilft der bereits erwähnte Pandemieplan, um sich selbst und die Mitarbeiter zu schützen. Zur Krisenprävention empfehlen wir grundsätzlich, wenn sich eine akute Krise anbahnt, schnell zu reagieren und Lösungen zu finden. Die Liquidität des Unternehmens sollte unverzüglich gesichert und verbessert werden. Die IHKs haben dafür einen Leitfaden zur Krisenprävention und zum Krisenmanagement erarbeitet, der heruntergeladen werden kann unter www.suedlicher-oberrhein.ihk.de/starthilfe/unternehmenssicherung/unternehmenssicherung-3945186 .
Wie sollten Unternehmer Ihren Betrieb generell vor Krisen schützen, die ja von einer Überschwemmung bis hin zum plötzlichen Tod des Chefs reichen können?
Die IHK hat ein Notfallhandbuch für Unternehmer erstellt, das in ruhigen Zeiten vorbereitet werden muss. Man kann es kostenfrei bei uns beziehen oder herunterladen unter www.suedlicher-oberrhein.ihk.de/starthilfe/unternehmensnachfolge/notfallhandbuch-wenn-der-chef-ausfaellt-4025272. Im laufenden Betrieb muss man den Blick dafür behalten, dass die Liquidität und ein straffes Kostenmanagement elementar sind. Man kann aber nur Vorkehrungen nach bestem Wissen und Gewissen treffen. Wenn eine Krise eintritt, sind ein kühler Kopf und strategisch sinnvolles Handeln sehr wichtig. Auch da unterstützen wir unsere Mitgliedsunternehmen mit Beratung. Ob diese Maßnahmen dann alle standhalten können, ist nicht vorhersehbar.
Interview: mae
Bild: Romolo Tavani – Adobe Stock
Zu Fragen rund um den Coronavirus hat die IHK verschiedene Ansprechpartner, je nachdem um welchen Bereich im Unternehmen es gut. Zum Thema Unternehmenssicherung gibt es folgende Ansprechpartner:
IHK Hochrhein-Bodensee:
Alexander Vatovac
Telefon: 07531 2860-135
Mail: alexander.vatovac@konstanz.ihk.de
IHK Schwarzwald-Baar-Heuberg:
Marlene Hauser
Telefon: 07721 922-348
Mail: hauser@vs.ihk.de
IHK Südlicher Oberrhein:
Christina Gehri
Telefon: 0761 3858-142
Mail: christina.gehri@freiburg.ihk.de