In unserer Rubrik „Aus dem Südwesten“ stellen wir Produkte vor, die viele kennen, von denen aber wenige wissen, dass sie in der Region hergestellt werden. Diesmal: Bühnenvorhänge von Gerriets aus Umkirch.
Von Zagreb bis New York
In diesen Wochen nehmen nach coronabedingten Pausen weltweit immer mehr Theater- und Opernhäuser ihren Spielbetrieb wieder auf. Viele der Bühnenvorhänge, die sich dabei öffnen, stammen von der Gerriets GmbH mit Sitz in Umkirch. So wie der hier abgebildete Hauptvorhang des Kroatischen Nationaltheaters in Zagreb – ein Projekt von Gerriets aus dem Jahr 2015. Auch die Semperoper in Dresden, das Theater des Westens in Berlin, das Royal Opera House in London oder die Metropolitan Opera in New York hat das Familienunternehmen ausgestattet. Sowohl mit dem Hauptvorhang als auch mit bis zu zehn dahinter verborgenen weiteren Bühnenvorhängen wie den sogenannten Gassen, Rückhängern und Schalldeckern sowie der entsprechenden Technik dazu. Und häufig auch mit dem Tanzboden für die Bühne sowie weiteren Stoffen oder Projektionsfolien für verschiedene Bühnenbilder. Die Gerriets GmbH zählt zu den sogenannten Hidden Champions und ist Weltmarktführer in ihrem Segment.
Zusammenspiel von Design und Technik
Jeweils 6,50 Meter breit und 10,84 Meter hoch sind die beiden Teile des Hauptvorhangs im Theater in Zagreb. Darüber hängt die 2,60 Meter hohe und 11,20 Meter breite sogenannte Soffitte. Beide wurden aus weinrotem Bühnenvelour von Näherinnen im Werk von Gerriets im elsässischen Volgelsheim gefertigt – jeweils mit extra Stoffzugabe für die Falten. Außerdem fertigten sie für die Soffitte von Hand 35 und für den Hauptvorhang 75 Zentimeter lange goldene Fransen nach Vorbild des Vorgängers aus dem Jahr 1995. Auf die Rückseite des Vorhangs nähten sie einen blickdichten Futterstoff. Zudem fertigten sie weitere, hinter dem großen verborgene, Vorhänge, die beispielsweise in Umbaupausen heruntergelassen werden und den dabei entstehenden Lärm von den Zuschauern fernhalten. Die Schienen, an denen die Vorhänge im Theater befestigt sind, und die Technik, mit der sie geöffnet und geschlossen werden, entstehen am Stammsitz von Gerriets in Umkirch. In der Schlosserei und der Metallverarbeitung werden die einzelnen Teile gefertigt, montiert und getestet. Gerriets-Mitarbeiter bauen schließlich alles vor Ort auf. „Die Technik ist extrem komplex, und die Vorhänge müssen absolut fehlerfrei und im genauen Maß vernäht sein, damit das Zusammenspiel reibungslos funktioniert“, erklärt Marketingleiter Andreas Gause die Herausforderung bei Aufträgen wie diesem.
Auch für Messen, Events und Büros
Zum Großhandel mit und der Konfektionierung von bühnentechnischen Textilien, mit denen Hans Gerriets das Familienunternehmen ab 1946 in Freiburg erfolgreich aufbaute, sind längst weitere Standbeine hinzugekommen: zum einen Projektionsfolien für Messen und Events, zum anderen Tanz- und andere Bodenbeläge sowie die Technik zum Aufhängen und Bewegen der Folien, Leinwände oder Vorhänge. Jüngstes und am stärksten wachsendes Standbein sind schalltrennende Vorhänge für Großraumbüros oder Besprechungsräume. Auf Großhandel und Projekte entfällt jeweils rund die Hälfte des Umsatzes. Im Geschäftsjahr 2019/2020 (bis 31. März) setzte Gerriets 32 Millionen Euro um. Im Geschäftsjahr 2020/21, das mitten im ersten Lockdown startete, war dies anders. Vor allem die Bereiche Messe und Events brachen ein, der Umsatz ging auf 20 Millionen Euro zurück. Die Mitarbeiterzahl konnte dank teilweiser Kurzarbeit aber stabil gehalten werden: An sechs Standorten weltweit sind rund 250 Mitarbeiter beschäftigt, davon 80 in Umkirch und 100 in Volgelsheim.
Text: mae
Bild: Maori