In unserer Rubrik „Aus dem Südwesten“ stellen wir Produkte vor, die viele kennen, von denen aber wenige wissen, dass sie in der Region hergestellt werden. Diesmal: Pharmafläschchen für die Impfstoffproduktion aus dem Müllheimer Werk der Schott AG.
Fläschchen für zwei Milliarden Impfdosen
Produkte aus dem Müllheimer Werk der Schott AG sind zurzeit in vielen Medien zu sehen. Denn in ihnen gelangt seit Ende Dezember der Impfstoff gegen Covid-19 in die Impfzentren im ganzen Land. Das Unternehmen produziert in Müllheim Fläschchen aus sogenanntem Borosilicatglas (siehe Bild), in die der Covid-19-Impfstoff abgefüllt und in denen er gelagert sowie transportiert wird, bis er in Spritzen aufgezogen und verimpft werden kann. Schott gehört nach eigenen Angaben zu den weltweit führenden Anbietern von Pharmaverpackungen aus Glas und Kunststoff. Jährlich werden elf Milliarden pharmazeutische Fläschchen, Ampullen, Spritzen und Karpulen produziert. „Ein äußerst großer Anteil davon sind Fläschchen aus Borosilicatglas“, heißt es vom Unternehmen. Anfang Januar hatte Schott Aufträge über Fläschchen für rund zwei Milliarden Impfdosen für den Covid-19-Imfpstoff. Wie viele davon in Müllheim produziert werden, nennt Schott aus Wettbewerbsgründen nicht. Die Fläschchen gehen von dort weltweit an Pharmaunternehmen beziehungsweise an deren Abfüller. Details veröffentlicht Schott aufgrund von Geheimhaltungsabkommen nicht.
Vollautomatische Produktion
Die Fläschchen für den Covid-19-Impfstoff sind ISO-genormte Standardfläschchen mit einem Volumen von zwei bis zehn Milliliter. Sie sind zwischen 3,5 und 4,5 Zentimeter hoch und haben einen Durchmesser von 1,6 bis 2,4 Zentimeter. Die Produktion: Zuerst werden 1,5 Meter lange Röhren aus Borosilicatglas hergestellt. Diese erhält das Müllheimer Werk vom Standort Mitterteich in Bayern. In Müllheim werden die Röhren vollautomatisch zu den Fläschchen weiterverarbeitet. Diese werden anschließend – ebenfalls vollautomatisch – gewaschen, getrocknet, geprüft, verpackt und verschickt. Die Pharmafläschchen haben laut Schott mehrere Besonderheiten: Das Borosilicatglas ist chemisch nahezu inert, das heißt, es gibt keine Wechselwirkung zwischen Glas und Impfstoff. Außerdem bleibt es bei Temperaturen von minus 200 bis plus 500 Grad Celsius stabil. All dies ist wichtig, damit die Wirksamkeit des Impfstoffes nicht beeinträchtigt wird. Zudem sind die Fläschchen und die Abfüllanlagen der Pharmazieunternehmen aufeinander abgestimmt. Das gilt auch für die Verschlüsse, die von Herstellern wie West, Dätwyler oder Aptar stammen.
Seit 1970 Werk in Müllheim
Das Müllheimer Werk von Schott ist eines von 14 weltweit, in denen das Unternehmen die Fläschchen für Coronaimpfstoff herstellt und zugleich das Kompetenzzentrum des Konzerns für diese Fläschchen. Es wurde 1970 gegründet, rund 300 Mitarbeiter sind hier beschäftigt (ohne Leiharbeiter). Seit vergangenem Jahr entsteht in Müllheim eine Produktion für Polymerspritzen. Mehr als 100 Millionen Euro werden investiert, und 100 zusätzliche Arbeitsplätze sollen entstehen. Die Schott AG wurde 1884 unter anderem von Otto Schott in Jena gegründet, der um 1890 das Borosilicatglas erfand. Seit den 1930er-Jahren stellt der Konzern daraus Pharmafläschchen für Medikamente her. Neben Spezialglas werden auch Produkte aus Glaskeramik und anderen verwandten Hightech-Materialien produziert. Sie kommen neben der Pharma- zum Beispiel in der Hausgeräte-, Automobil- und Luftfahrtindustrie sowie in Elektronik, Optik und Life Sciences zum Einsatz. Schott hat seinen Hauptsitz in Mainz, wo das Unternehmen nach dem Zweiten Weltkrieg neu aufgebaut wurde. Weltweit sind rund 16.200 Mitarbeiter beschäftigt. Im Geschäftsjahr 2018/2019 wurden circa 2,2 Milliarden Euro umgesetzt. Alleinige Aktionärin der Schott AG ist die Carl-Zeiss-Stiftung, der auch die Carl Zeiss AG gehört.
mae