
Freiburg. Er ist ein freundlicher Herr, der charmant plaudern und schlau analysieren kann. Doch Peter Unmüßig hat viele Feinde. „Ich bin ein sehr polarisierender Typ“, sagt er. „Normale Menschen sind entweder für oder gegen mich.“ Warum ist das so? Es liegt wohl am Erfolg, meint Unmüßig. „Wenn man ein bisschen Geld verdient, steckt man schnell in einer Schublade.“ Und erfolgreich ist er: Sein Unternehmen, das sich im Gegensatz zum Familiennamen nicht mit ß, sondern mit ss schreibt, ist auf sogenannte mündelsichere Kapitalanlagen spezialisiert. Es realisiert Großprojekte, beispielsweise Bürogebäude, Hotels oder Shoppingcenter für institutionelle Anleger wie Pensionskassen, Banken und Versicherer. Nicht nur in Freiburg, sondern auch in vielen anderen deutschen Städten. Rund 1,5 Milliarden Euro Projektvolumen hat das Unternehmen ständig in der Pipeline und zählt damit zu den zehn bedeutendsten deutschen Projektentwicklern. In Freiburg hat Unmüssig Dutzende große Neubauten und Sanierungen wie Westarkaden, Motel One, Medicus und Green City Tower am Güterbahnhof oder Palais Dreisameck umgesetzt. Natürlich pflegt der Chef dafür Kontakte zu Politik, Verwaltung und Banken. Peter Unmüßig eckt vielleicht auch an, weil sein elegantes Erscheinungsbild Klischees zu bestätigen scheint. Er trägt Oberlippenbart, wallendes Haar, gerne farbige Krawatten und gestreifte Hemden. Früher wollte er von allen gemocht werden, wollte allen sagen, dass er ein netter Kerl ist. Aber irgendwann habe er erkannt: viel Feind, viel Ehr. Kreativität und Persönlichkeit entstünden nur im Kampf.
Peter Unmüßig ist ein Bobbele. Er wurde vor bald 70 Jahren am 6. April 1951 in Freiburg geboren, als jüngstes von vier Kindern und erster Sohn – „es war klar, dass ich mal übernehmen soll“. Sein Vater Adolf Unmüßig („ein toller, innovativer Ingenieur“) hatte direkt nach Kriegsende 1945 ein Baugeschäft gegründet und so am (Wiederauf)Bau Freiburgs mitgewirkt. Peter Unmüßig sollte auch Ingenieur werden, hat sich aber anders entschieden. „Ich bin durch und durch Kaufmann“, erzählt er. Nach einer „abenteuerlichen Schulkarriere“ vom Bertholdgymnasium übers Kolleg St. Blasien zum Abitur am Kepler-Gymnasium mit 22 Jahren absolvierte er das BWL-Studium in Frankfurt umso schneller: In nur vier Jahren beendete er es mit Prädikatsexamen. Er startete ein Zweitstudium in Jura und wollte eigentlich noch mehr von der Welt sehen. Doch die schwere Erkrankung des Vaters beendete diese Pläne. Mit 26 Jahren stieg Peter Unmüßig ins Unternehmen ein, das damals noch ein reines Bauunternehmen war und viele Gewerke beschäftigte. Zu Hochzeiten waren es rund tausend Mitarbeiter.
Peter Unmüßig weitete das Portfolio in den ersten Jahren noch aus auf Tief-, Tunnel- und Kabel- sowie Schlüsselfertigbau. Bald schwenkte er aber zunehmend ins Kaufmännische um. In der Zeit, als viele große Bauunternehmen pleitegingen – besonders in Erinnerung ist die Holzmann-Insolvenz 1999 – hatte Unmüssig längst den Schwerpunkt auf Projektentwicklung verlegt. „Dieses Geschäft ist sehr komplex, risikoreich und interdisziplinär“, sagt Unmüßig und betont gleichzeitig die mittelständische Prägung des Unternehmens: Man denke langfristig, verkonsumiere nicht den Gewinn, sondern reinvestiere in die „Fettpolster“, auch um sichere Arbeitsplätze bieten zu können. Rund 80 Mitarbeiter beschäftigt Unmüssig in Freiburg, vor allem Kaufleute, Juristen, Betriebs- und Immobilienfachwirte. Eine Tochterfirma gibt es in Ungarn, eine weitere in Guatemala, der Heimat seiner zweiten Frau. Viermal jährlich reisen die beiden normalerweise nach Mittelamerika, wo sie Aufsichtsratsvorsitzende eines Agrarkonzerns ist und er sich um seine Niederlassung kümmert.
Aus erster Ehe hat Unmüßig drei Kinder. Die Familie ist ihm sehr wichtig. An Zeit hat es zwar immer gefehlt, aber er versuchte, Quantität mit Qualität und Intimität aufzuwiegen. Nach der Trennung war er sogar einige Jahre alleinerziehender Vater und reiste mit seinen Kindern um die ganze Welt. Sein Erfolg als Vater ist ihm mindestens so wichtig wie der als Unternehmer. „Das Endergebnis zeigt mir, dass ich nicht alles falsch gemacht haben kann“, sagt Unmüßig. Der jüngste Sohn Maximilian Unmüßig ist mittlerweile im Familienunternehmen und schickt sich an, die Nachfolge zu übernehmen – wobei Peter Unmüßig nicht vorhat, so bald in Ruhestand zu gehen. Tochter Annabell Unmüßig leitet die Boardinghousekette Black F, nur der älteste Sohn Philipp Unmüßig arbeitet nicht in der Bau-, sondern der Pharmabranche.
Peter Unmüßig, der so viele Neubauten realisiert hat, wohnt seit mehr als dreißig Jahren in einer Altbauvilla im Freiburger Ortsteil Günterstal. Beruflich dagegen ist er ein Nomade, zieht circa alle zehn Jahre in eines seiner neu entwicklten Gebäude, wie vor einigen Wochen erst in das Bürohaus Medicus am Rande des Freiburger Güterbahnhofareals. Mindestens ein weiteres Mal möchte er auf alle Fälle noch sein Büro verlegen: in den „Bismarckturm“, den er am nördlichen Ende der Freiburger Bahnhofsachse plant.
kat