3 | 2018
Wirtschaft im Südwesten
23
Bildungsmesse Colmar lockt über 19.400 Besucher – 24 Unternehmen am Gemeinschaftsstand der IHK
Badische Betriebe zeigen Präsenz
S
eit 40 Jahren informiert die Regionalmesse „Sa-
lon Formation Emploi Alsace“ in Colmar Schü-
ler, Arbeitskräfte und Lehrer über Möglichkeiten
der (Fort-) Bildung sowie die Jobsuche. Bereits zum
sechsten Mal war dabei Ende Januar auch die IHK
Südlicher Oberrhein vor Ort und bot Unternehmen
aus dem Kammerbezirk die Möglichkeit, an einem
Gemeinschaftsstand französische Azubis oder Fach-
kräfte zu finden.
Fachkräfte fehlen in vielen Betrieben und Branchen.
Um weiter zukunftsfähig zu bleiben, müssen die Firmen
daher auch neue Wege gehen. Dazu gehört beispiels-
weise, bei der Suche nach Azubis und Fachkräften
einen Blick über den Rhein zu werfen. „Für unsere
Wirtschaftsregion ist die grenzüberschreitende Aus-
bildung ein strategisches Zukunftsthema“, betonte
IHK-Präsident Steffen Auer auf der Regionalmesse in
Colmar. An zwei Tagen informierten hier insgesamt
mehr als 300 Aussteller über die vielen Möglichkeiten
bei der Jobsuche. Einmalig in Europa für eine Job- und
Bildungsmesse war dabei die grenzüberschreitende
deutsch-französische Halle vier. Die mehr als 19.400
französischen Messebesucher hatten dort die Mög-
lichkeit, ihr Deutsch in einem Sprachtest zu prüfen,
und in Erfahrungsberichten von Arbeitnehmern den
Alltag von Grenzgängern näher kennenzulernen. Zu-
dem konnten sie sich über Lehrstellen, Praktika oder
Stellenangebote in deutschen Betrieben informieren.
„Wir sind stolz, dass es uns auch in diesem Jahr ge-
lungen ist, mit 24 Unternehmen und 32 Ständen auf
dem Gemeinschaftsstand der IHK das Engagement
der badischen Betriebe bei der grenzüberschreitenden
Ausbildung zeigen zu können“, sagte Auer. Der Ge-
schäftsführer von Schwarzwald-Eisenhandel beschäf-
tigt in seinem Betrieb derzeit selbst zwei französische
Auszubildende. Auer: „Wir haben bisher nur gute Er-
fahrungen gemacht.“ Allerdings übt der IHK-Präsident
auch Kritik: „Von den französischen Partnern würden
wir uns eine einfachere Abwicklung und schnellere Dis-
kussion wünschen. Die Bürokratiebelastung durch die
Verschärfung des französischen Entsendegesetzes ist
enorm.“ Zudem seien die Schulen gefragt: „Jugendliche
haben noch Hemmungen vor der deutschen Sprache
und werden in den Schulen noch zu wenig vorbereitet“,
sagte Ausstellerin Renate Schwarz, Ausbildungskoor-
dinatorin für den Vertrieb Deutschland Süd von Obi.
„Im Moment läuft die Azubisuche daher noch sehr
schleppend. Einfacher ist es bei der Mitarbeitersuche,
hier konnten wir bereits zwei französische Arbeitneh-
mer für uns gewinnen und es läuft sehr gut“, berichtet
Schwarz.
Diese Erfahrungen bestätigt auch Markus Bösch, Per-
sonalverantwortlicher bei der Spedition Karl Dischinger
in Ehrenkirchen: „Wir würden gerne mehr französische
Azubis einstellen, aber gerade die jungen Leute trauen
sich noch nicht ganz so ran. Vor allem die Sprache ist
eine Herausforderung. Bisher sind es deshalb noch
wenige, die bereit sind, diesen Schritt zu wagen“. Den-
noch nutzt Dischinger die Möglichkeit des IHK-Gemein-
schaftsstand zum sechsten Mal. Bösch: „Es geht uns
auch darum, Präsenz zu zeigen. Dafür ist dieser Ort
eine gute Plattform. Zudem ist für Aussteller die Messe
unkompliziert in der Organisation, denn durch die Hilfe
der IHK ist der Aufwand überschaubar“.
Der IHK und den deutschen Ausstellern in Colmar ist
bewusst: Grenzüberschreitende Zusammenarbeit kann
nur Schritt für Schritt unter Beteiligung und mit dem
Engagement aller Akteure funktionieren. Dass dies
durchaus möglich ist, dafür ist Pierre Kurtz ein gutes
Beispiel. Der 22-jährige Franzose hat 2016 seine Aus-
bildung als Verfahrenstechniker bei den Badischen
Stahlwerken in Kehl abgeschlossen. Zuvor hatte er in
Frankreich bereits eine Lehre zum Schreiner absolviert,
jedoch in seinem Wunschberuf keinen Arbeitsplatz
gefunden. Daher entschied er sich für eine Ausbildung
in Deutschland. Diese hat Pierre Kurtz nicht nur erfolg-
reich abgeschlossen, sondern wurde als bundesbester
Auszubildender in der Verfahrenstechnik geehrt. Er
arbeitet noch immer in seinem Ausbildungsbetrieb.
„Die Ausbildung ist natürlich sehr umfangreich und
die Sprache muss man auch erst lernen. Aber es ist
auf jeden Fall machbar, wenn man motiviert ist“, findet
Kurtz. Und das Arbeiten in Deutschland hat in seiner
Familie eine Tradition: Sein Vater ist auch Grenzgänger
und arbeitet bereits seit rund 30 Jahren in Deutschland.
„Bei mir hat es auch super funktioniert, ich würde es
wieder so machen“, sagt Kurtz.
heo
Pierre Kurtz (l.) von BSW in Kehl
kommt aus Frankreich und war
bundesbester Auszubildender im
Bereich Verfahrensmechaniker.
Auf der Messe stand er mit Rico
Schmieder (r.), Personalreferent, für
Fragen über den Alltag von Grenz-
gängern zur Verfügung.
» Azubisuche
läuft schleppend,
Mitarbeitersuche
ist einfacher«