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Wirtschaft im Südwesten

3 | 2018

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Was sind typische Gründe für eine Schlichtung?

Die Gründe sind vielschichtig. In der Hauptsache geht es um Konflikte zwischen Auszubil-

denden und ihrem Ausbildungsbetrieb, die bereits eine höhere Eskalationsstufe erreicht

haben, sodass innerbetriebliche Instrumente der Konfliktbewältigung nicht mehr funktio-

nieren. Grundsätzlich kann eine Schlichtung in vielen Konstellationen sinnvoll sein, denn

die Miteinbeziehung einer neutralen Stelle hilft dabei, zu einer sachlichen, konstruktiven

und damit weniger emotionalen Gesprächsatmosphäre zurückzufinden. Ein hoher Anteil

der Schlichtungen findet vor dem Hintergrund einer bereits ausgesprochenen Kündigung

statt, die von einer Seite nicht akzeptiert wird. Hierzu muss man wissen, dass die Durch-

führung einer Schlichtung verpflichtend ist, bevor man sich eventuell vor Gericht um eine

Klärung bemüht. Hier wird übrigens auch der Sinn und Zweck unseres Schlichtungsaus-

schusses deutlich: es geht darum, eine möglichst pragmatische Lösung zu erarbeiten.

Das erspart allen Beteiligten einen langwierigen und auch kostspieligen Rechtsstreit.

Stellen Azubis oder Betriebe häufiger einen Antrag auf Schlichtung?

Etwa Dreiviertel der Schlichtungen finden auf Antrag von Auszubildenden statt.

Brauchen die Konfliktparteien vor dem Schlichtungsausschuss einen Anwalt?

Nein, eine Schlichtung ist ja keine Gerichtsverhandlung. Bei jeder Schlichtung ist seitens

des Ausschusses sowohl ein Arbeitnehmer- als auch ein Arbeitgebervertreter anwesend.

Insofern muss niemand befürchten, über den Tisch gezogen zu werden, weil er keinen

Rechtsbeistand hat. Erfahrungsgemäß macht es das Schlichten sogar eher leichter, wenn

keine Anwälte involviert sind, denn im Kern geht es ja um einen Kompromiss, der für beide

Seiten tragbar ist und nicht darum, dass eine Partei ihre Maximalforderungen durchsetzt.

Entstehen ihnen andere Kosten?

Nein, das Verfahren selbst ist gebührenfrei. Dies ist uns auch wichtig, denn die Hemm-

schwelle, eine Schlichtung in Anspruch zu nehmen soll möglichst niedrig liegen. Allerdings

trägt jeder Beteiligte die Kosten, die ihm durch das Verfahren entstanden sind, selbst.

Das können beispielsweise Fahrtkosten sein.

Wie viele Fälle hat der Schlichtungsausschuss 2017 behandelt und mit welchen

Ergebnissen – konnten die Ausbildungsverhältnisse fortgesetzt werden?

2017 hat der Schlichtungsausschuss insgesamt 35 Fälle behandelt. In neunzig Prozent

davon konnte eine Einigung erzielt werden. Das heißt, entweder wurde das Ausbildungs-

Schlichtungen zwischen Ausbildenden und Auszubildenden

»

Leichter

ohne Anwälte

«

Es kommt in den besten Betrieben vor: Streit zwischen Auszu-

bildenden und ihren Arbeitgebern. Wenn ein solcher Konflikt

nicht im Unternehmen selbst gelöst werden kann und so die

Fortsetzung der Ausbildung gefährdet, kann der Schlichtungsaus-

schuss der IHK helfen. Über dessen Arbeit und Aufgaben haben

wir uns mit IHK-Bildungschef Simon Kaiser unterhalten.

SIMON KAISER

Simon Kaiser (33) leitet den Geschäfts-

bereich Aus- und Weiterbildung der

IHK Südlicher Oberrhein und nimmt in

dieser Funktion an allen Sitzungen des

Schlichtungsausschusses teil. Kaiser hat

in Konstanz Politik- und Verwaltungs-

wissenschaft studiert. 2008 kam er zur

IHK nach Freiburg, zunächst in den Stab

des Hauptgeschäftsführers. 2014 wurde

Kaiser stellvertretender Leiter des Ge-

schäftsbereichs Aus- und Weiterbildung,

2016 dessen Leiter.