12 | 2017
Wirtschaft im Südwesten
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Hurricane hat uns in diesem Herbst das Geschäft or-
dentlich verhagelt“, sagt Deininger. Zwischenzeitlich
seien jedoch alle Schäden behoben. Er rechnet daher
wieder mit steigenden Buchungen.
Die Aventoura GmbH, die in Freiburg 25 und auf Kuba 15
feste sowie rund 30 freie Mitarbeiter beschäftigt, zählt
zu der Handvoll Kubaspezialisten, die es im deutsch-
sprachigen Raum gibt. Die eigene Niederlassung in
Kuba, die er von Anfang an unterhält, ist für Deininger
eines der Erfolgsgeheimnisse. Dass der heute 53-jäh-
rige Diplom-Betriebswirt zum Reiseunternehmer und
Kubaspezialisten wurde, verdankt er zwei glücklichen
Fügungen, wie er es nennt. Anfang der 1990er-Jahre
nahm der damals selbstständige Softwareentwickler
im Bereich EDV-Support während einer Ecuadorreise
an einer Trekkingtour teil, die die Teilnehmer zu ei-
nem Projekt zur Aufforstung des Regenwaldes führte.
Zurück in Freiburg erzählte er seinem Bekannten Leo
Pröstler davon, der für sein damaliges Unternehmen,
den Waschbär-Versand, eine solche Reise zu den Ur-
sprüngen seiner Produkte veranstalten wollte – und
schon hatte Deininger den Auftrag dafür. Diese Reise
wurde eine der ersten der 1995 gegründeten Aventoura
GbR. In Kuba verliebte sich Deininger, wie er sagt, bei
einem Zwischenstopp seines Fliegers im Jahr darauf.
1997 nahm Deininger Kuba als neue Destination in
seinen noch kleinen Katalog auf – „ein Meilenstein“,
wie er dazu heute sagt. Neben klassischen Rundreisen
bietet er in dem Land seit vielen Jahren auch Wander-
und Fahrradtouren an. „Mit unseren Fahrradtouren
in Kuba sind wir in Deutschland Marktführer“, sagt
Deininger, der 150 Fahrräder samt Anhänger und eine
Werkstatt vor Ort unterhält.
Neue Angebote und weitere Länder in der Region
sind nach und nach dazu gekommen. Costa Rica ist
inzwischen seine zweitwichtigste Destination. Rund
60 Prozent der Reisen vertreibt Aventoura direkt –
über einen Magalog, eine Mischung aus Magazin und
Katalog, über Telefon und Internet. „Wir setzen auf
die persönliche Betreuung unserer Kunden und auf
Mitarbeiter, die alle Länderexperten sind“, betont Dei-
ninger. Die übrigen 40 Prozent der Reisen vermitteln
Partner. Das sind vor allem unabhängige, auf Kuba
und/oder Lateinamerika spezialisierte Reisebüros,
aber auch große Veranstalter wie Thomas Cook. Trotz
des kontinuierlichen Wachstums des Unternehmens
ist Deiningers Anspruch derselbe wie zu Beginn: „Wir
wollen mit unseren Reisen einen Beitrag zur sinnvollen
Entwicklung eines Projektes, einer Region oder eines
Landes leisten“, sagt er. „Das war unser Ursprung.
Und das versuchen wir immer noch zu verwirklichen.“
D
as Reisebüro Growe in Gottmadingen ist so-
wohl Reisevermittler als auch -veranstalter.
Über dem Eingang prangt ein Tui-Logo, in ei-
nem Schaufenster werben Plakate für die Schiffsreise
mit der Hurtigruten in Norwegen, vor der Türe stehen
Aufsteller mit Plakaten von Schauinsland-Reisen. „Wir
sind unabhängig. Das ist das Maß aller Dinge für uns“,
sagt Alexander Growe. Der 43-jährige gelernte Reise-
verkehrskaufmann aus Gailingen ist mit dem elterlichen
Reisebusbetrieb groß geworden, den der Vater 1971
gegründet und bis vor zehn Jahren geführt hat. Einige
Jahre arbeitete der Junior nach seiner Ausbildung unter
anderem als Busfahrer dort, bis er 1999 die Growe
GmbH gründete und in Gottmadingen das gleichnamige
Reisebüro eröffnete. Er startete mit der Organisation
von Busreisen und mietete die Fahrzeuge dafür bei
verschiedenen Unternehmen in der Region, anstatt in
eigene zu investieren.
„Von Anfang an hing das Damoklesschwert Internet
über uns“, sagt Growe. Gleichwohl ist seine Firma kon-
tinuierlich gewachsen, abgesehen von einem Einbruch
im Zuge der Finanzkrise im Jahr 2009. „Aber auch,
weil die Anzahl der Reisebüros kleiner wird“, gibt er
zu bedenken. Das Problem: Häufig berät er Menschen,
die sich in mehreren Reisebüros danach erkundigen,
was ein bestimmter Flug kostet. „Denen geht es rein
um den Preis. Wenn ich nur lange genug suche, finde
ich aber online oft den billigsten“, sagt Growe. Daher
befürchtet er, „dass reine Vermittler ohne eine Spezi-
alisierung wie zum Beispiel auf Australien bald nicht
mehr da sind, außer sie sind so groß, dass sie dies über
den günstigen Einkauf wettmachen können“.
Alexander Growe hält mit einem eigenen Katalog mit
begleiteten Gruppenreisen dagegen. 21 verschiedene
Angebote sind darin für 2018 zu finden, zum Beispiel
eine Schiffsreise von Hamburg nach Norwegen samt
kleiner Rundreise, eine Flusskreuzfahrt ins Donaudelta,
eine Rundreise in Costa Rica mit zwei Fahrradausflü-
gen sowie eine Kunst- und Kulturreise nach Böhmen.
Die Reisen veranstaltet Growe selbst oder mit Part-
nern – bei der Reise nach Böhmen arbeitet er mit dem
Bildungswerk der Erzdiözese Freiburg zusammen. Er
übernimmt auch Angebote von Partnerbüros wie Ideal-
Tours aus Lörrach, mit denen er in dem bundesweiten
Netzwerk „Aktives Reisebüro“ zusammengeschlossen
ist, dem er vorsteht. Außerdem arbeitet Growe mit
»Wir sind unab-
hängig. Das ist
das Maß aller
Dinge für uns.«
Alexander Growe, Reisebüro
Growe, Gottmadingen
»Einen sinnvollen
Beitrag zur Ent-
wicklung eines
Landes leisten«
Gerd Deininger,
Aventoura, Freiburg
DEFINITION
Reiseveranstalter sind laut Deutschem Reise-
verband (DRV) Unternehmen, die eigene und
fremde Leistungen wie Hotels, Flüge oder Miet-
wagen zu Pauschalreisen zusammenfassen,
über Kataloge und im Internet bewerben und
sie Dritten zum Verkauf zur Verfügung stellen.
Reisebüros dagegen sind laut DRVVermittler, die
einzelne Leistungen wie einen Flug oder einen
Aufenthalt in einem Ferienhaus, aber auch Pau-
schalleistungen ihren Kunden verkaufen. Doch
auch Reisevermittler können als Reiseveranstal-
ter auftreten (siehe Kasten „Neues Reiserecht“
nächste Seite). Es gibt verschiedene Arten von
Reisebüros: konzerngebundene, Franchiseneh-
mer oder Kooperationspartner von/mit Konzer-
nen sowie freie Reisebüros.
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