Wirtschaft im Südwesten
4 | 2016
UnTErnEHMEn
Textilveredlung an der Wiese GmbH
stoffballen gehen auf
lÖRRach-bROmbach.
Über die Eigenschaften
von Stoffen, die man trägt beziehungsweise wie das
Gewebe seine Eigenschaften erhält, macht man sich in
der regel keine Gedanken – es sei denn, man hat einen
näheren Bezug zur Textilindustrie. Wie kommt es etwa,
dass manche Kleidungsstücke oder Tischdecken nicht
knittern, ausbleichen oder glänzend an der Oberfläche
sind? Wer kann mit dem Begriff „Einlagen“ etwas an-
fangen? Steffen Herrmannsdörfer, Geschäftsführer der
Textilveredlung an der Wiese aus Lörrach, kann es. Er
ist Experte auf dem Gebiet der Veredlung von Stoffen.
Der studierte Bekleidungsingenieur, der ein Hemd mit
feinen Karos trägt, zeigt auf den Kragen, die Knopfleiste
und die Manschetten. „Unsere verklebbaren Wäsche-
einlagen geben Form und Halt“, erklärt er. Die Ware aus
Lörrach geht ausschließlich zu namhaften Herstellern,
Billighersteller zählen nicht zum Kundenkreis. Fehlen
Beschichtungspunkte, kommt es zu kleinen Falten und
Wellen an den entsprechenden Stellen. „Perfektion ist
ein Muss“, sagt der Firmenchef.
Die verklebbaren Wäscheeinlagen tragen zu einem Fünf-
tel des Umsatzes bei. Den Großteil macht traditionell
veredelter Afrikadamast aus (fast 50 Prozent, „in den
letzten zehn Jahren haben wir die Produktion verzehn-
facht“), gefolgt von Tisch- und Bettwäsche (15 Prozent),
veredelten Hemden- und Blusenstoffen (15 Prozent) so-
wie Technischen Textilien (3 Prozent). Letztere sind ein
neues Geschäftsfeld. „Dort sind die Anforderungen am
höchsten. Wir bearbeiten Stoffe für OP-Textilien oder
auch Glas- und Carbonfasergewebe für den Orthopädie-
bedarf.“ neu sind auch Aufträge im Bereich Corporate
Identity. So „finished“ die Textilveredlung zum Beispiel
Stoffe für die blauen Hemden und Blusen der Mitarbeiter
der Deutschen Bahn. Der richtige Farbton entstand im
hauseigenen Labor. „Unser Unternehmen ist ein reiner
Dienstleister“, sagt Herrmannsdörfer. Das bedeutet, die
internationalen Kunden liefern rohgewebe und erhalten
sie gebleicht, gefärbt, gefinished als rollen, Ballen oder
getafelt (gefaltet ähnlich wie bei neu gekaufter Bettwä-
sche) zurück. Die abgepackte Ware gelangt per Lkw oder
Container zu den Kunden in Europa, Fernost oder Afrika
und wird dort weiterverarbeitet und konfektioniert.
Ein Blick ins Lager zeigt: Zunächst wird das weiß-gelblich
aussehende rohgewebe – die Baumwolle – oder das
bedruckte Gewebe zusammengenäht (Bild links unten),
damit es maschinell bearbeitet werden kann. Dann be-
ginnt ein aufwendiger Prozess, zu dem je nachdem, ob
es sich um rohgewebe oder bedrucktes Gewebe handelt
unter anderem Sengen (durch Gas werden abstehende
Gewebehärchen abgebrannt), Waschen bei bis zu 90
Grad, Merzerisieren (Glätten der Fasern mit Hilfe von
natronlauge), Bleichen und zu einem kleineren Anteil
auch Färben gehört. Die Veredlung erfolgt also durch
Bis zu 60.000 Meter täglich werden für die
maschinelle Verarbeitung zusammengenäht
– auf den rollen, die zum Transport innerhalb
des Betriebes zur Verfügung stehen, sind
maximal 6.000 Meter.
»Wir investieren jährlich zehn
Prozent unseres Umsatzes«
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