Ob Power Purchase Agreement, Lastspitzenmanagement oder Energy-Sharing: Moderne Energieversorgungskonzepte bieten gerade für Mittelständler eine ganze Reihe neuer Möglichkeiten – wenn man’s richtig anstellt, sagt unser Autor.

Ganz egal, in welcher Rolle man sich in der Wertschöpfungskette der Energieversorgung befindet – bei einem Blick auf das Thema Energiewende fängt so mancher an, sich die Haare zu raufen. Zu teuer, zu komplex, zu bürokratisch, zu schnell oder auch zu langsam, zu viel Rechtsunsicherheit, zu viele Nachteile für die Wirtschaft. Von der gefürchteten Dunkelflaute gar nicht erst zu sprechen …
Und ja – die Energiewende ist ein hochkomplexes Unterfangen, insbesondere mit Blick auf die dynamischen rechtlichen Rahmenbedingungen. Bringen diese Herausforderungen aber ausschließlich Risiken und Ärger mit sich oder bieten sie für Unternehmen auch Chancen? Fakt ist: Die Elektrifizierung der Sektoren Industrie, Verkehr und Gebäude schreitet voran und damit der Bedarf an Strom. Aktuelle Schätzungen gehen davon aus, dass die zusätzlich stattfindende Entwicklung von KI den weltweiten Strombedarf bis 2030 verdoppeln wird.
Längst denken daher immer mehr Betriebe über neue Wege ihrer Energieversorgung nach, auch wenn ihr Kerngeschäft ein ganz anderes sein mag. Themen wie die Unabhängigkeit von volatilen Energiepreisen (auch in geopolitisch unsicheren Zeiten) treten in den Fokus. Der Schlüssel dazu liegt in der strategischen Eigenversorgung, intelligenten Strombezugsmodellen und der Nutzung bisher ungenutzter Energiequellen wie Abwärme.
Dezentrale Eigenversorgung als Chance
Photovoltaik (PV) ist inzwischen ein zentraler Baustein der eigenen Energieversorgung. Im sonnenverwöhnten Oberrheingebiet sind die Bedingungen ideal. Zahlreiche Gewerbeimmobilien verfügen über große Dachflächen, manche Betriebe verfügen sogar über bislang brach liegende Grundstücke, auf denen Freiflächen-PV-Anlagen errichtet werden könnten – ein ungenutztes Potenzial.
Die Investitionen amortisieren sich häufig bereits nach wenigen Jahren. Interessant sind auch Mieterstrommodelle oder das mit der anstehenden Novellierung des Energiewirtschaftsgesetzes (EnWG) geplante „Energy-Sharing“ mit benachbarten Betrieben. Die damit einhergehenden Fördermöglichkeiten sowie steuerlichen Erleichterungen bieten zusätzliche Anreize, sofern rechtlich alles korrekt umgesetzt wird.
Speicherlösungen: flexibel und netzunabhängig
Eigenerzeugung durch PV allein macht ein Unternehmen allerdings noch nicht unabhängig, insbesondere, da der Strom nicht rund um die Uhr verfügbar ist. Hier kommen Batteriespeicher ins Spiel. Sie ermöglichen es, überschüssig verfügbaren Strom zwischenzuspeichern und dann zu nutzen, wenn er gebraucht wird.
Moderne Speicherlösungen machen den Eigenverbrauch von Unternehmen planbarer, reduzieren Lastspitzen und eröffnen sogar neue Erlösquellen, etwa durch Teilnahme am Regelenergiemarkt. Für produzierende Unternehmen mit hohem Strombedarf kann das ein echter Wettbewerbsvorteil sein. Die rechtlichen Rahmenbedingungen für BESS-Lösungen entwickeln sich für Unternehmen aktuell zum Positiven, nicht zuletzt durch entsprechende Vorgaben der EU-Kommission.
Strom clever einkaufen: PPA und Beteiligungen
Nicht jedes Unternehmen kann oder will in eigene Energieversorgungsanlagen investieren. Viele können jedoch trotzdem ihren Strombezug strategisch gestalten. Besonders interessant sind langfristige Stromlieferverträge aus erneuerbaren Energien, sogenannte Power Purchase Agreements (PPA). Sie bieten unabhängig von Entwicklungen an der Strombörse Preisstabilität. PPA sind auch für mittelständische Unternehmen interessant, vor allem in Verbindung mit regionalen Projektentwicklern. Denkbar ist auch die Beteiligung an Wind- oder Solarparks. Ein Investment, das nicht nur Rendite bringt, sondern die Versorgung langfristig absichert und die Wahrnehmung als nachhaltiges Unternehmen steigern kann.
Fazit: Chancen erkennen – und nutzen
Für Unternehmen bietet die Energiewende trotz aller Herausforderungen konkrete wirtschaftliche Chancen. PV-Anlagen, Speicher, PPA und Wärmerückgewinnung sind bereits heute wirtschaftlich umsetzbare Modelle. Gleichzeitig stärken sie die regionale Wertschöpfung und machen Betriebe widerstandsfähiger gegen Preisschocks oder Versorgungskrisen. Neben der technischen Umsetzung sollten rechtliche und steuerliche Aspekte sorgfältig geprüft werden. Nur so lässt sich das volle Potenzial heben und Risiken minimieren.
Peter Meisenbacher
Unser Autor ist Rechtsanwalt mit Schwerpunkt Energierecht in der Kanzlei Advant Beiten Freiburg.
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