Bei Legend Motors in Villingen-Schwenningen werden aus Oldtimern Elektroautos. Mit seiner auf alte Fahrzeuge spezialisierten Werkstatt hat sich Clemens Hummel einen Traum erfüllt – und glaubt an die perfekte Symbiose aus Alt und Neu.

Links stehen ein paar Motorräder aus den 70ern. Ducati und BMW. Chrom, kein Kunststoff. Dahinter ein schwarzes 400-PS-Geschoss von 1987, ein Alpina B7 Turbo auf Basis des 6er Coupés von BMW. „Eine Rarität“, sagt Clemens Hummel. „Das hier ist die Nummer 94 von nur 110 gebauten Exemplaren.“ 15 Jahre stand der Wagen in einer Garage, nun soll er in der auf Oldtimer spezialisierten Werkstatt von Legend Motors, hier im Gewerbegebiet im Norden von Villingen-Schwenningen, wieder fit für die Straße gemacht werden. Unter der Hebebühne ein anderer Hingucker: ein zitronengelber Porsche Targa mit schwarzen Ledersitzen, sein eigener. „Ich habe mich sofort in den verliebt.“
Hummel, 41, gelernter Kfz-Mechaniker, hat schon immer Benzin im Blut gehabt, ein Faible fürs Schrauben an alten Fahrzeugen. Doch seit einigen Jahren steht er auch unter Strom. Sein Porsche blickt aus runden Scheinwerfern auf eine goldene Mercedes 280 SL Pagode, Baujahr 1971. Sechs Zylinder für 170 PS aus 2,8 Liter Hubraum. Ein Schmuckstück, scheckheftgepflegt, rund 80.000 Euro wert. Ein Cruiser, kein Flitzer. In den Motorraum der Pagode soll Hummel in mehreren hundert Stunden filigraner Arbeit für etwa den gleichen Geldbetrag einen Elektromotor einbauen. Seine Version einer perfekten Synthese aus Alt und Neu.

Wer bitte macht das?
Im Juni soll das umgebaute Fahrzeug seinem Besitzer in der Ortenau übergeben werden. Nicht der erste auf Elektroantrieb umgerüstete Oldtimer, der die 300 Quadratmeter große Werkstatt verlassen wird. Zuvor wurde ein Porsche 914, Baujahr 1976, umgerüstet. Acht bis zehn Fahrzeuge können pro Jahr hier umgewandelt werden.
Doch wer bitte verzichtet freiwillig auf den satten Sound seines Oldtimers? Diskretion gehört zum Geschäft. Nur so viel: „In der Regel sind das Männer über 50, die das Geld dafür übrig haben. Jungs und ihre Spielzeuge eben.“ Hummel lacht wissend. Um dann hinzuzufügen: „Ein sinnloser Spaß ist das aber nicht, im Gegenteil.“
Er selbst ist schon lange dabei. Ein Nachbar fuhr in seiner Freizeit Autocross-Rennen, bereits als Achtjähriger schaute ihm Hummel in der Garage über die Schulter. Logisch, dass nach der Schule die Lehre kam. Später studierte er an der Fachhochschule in Furtwangen noch Product Engineering, ein Mix aus Maschinenbau, Elektrotechnik und Wirtschaftsingenieurwesen.
Die Fahrzeugtechnik ließ den Ingenieur und Bastler auch später nicht los, als er bei der auf Automotive spezialisierten Niederlassung des japanischen Konzerns Minebea Mitsumi in Villingen-Schwenningen arbeitete. Kunden: Audi und Porsche.
2019 gründet Hummels dann Legend Motors, macht Schulungen und bereitet sich auf die Selbstständigkeit vor – 2021 wagt er den Schritt. 150 000 Euro hat er seither in Werkzeuge und Betriebsausstattung investiert, alles Eigenmittel. Und er sagt: „Wenn ich das nicht gemacht hätte, hätte ich mein ganzes Leben diesem Traum hinterhergetrauert.“

Freaks und Bastler
Die Werkstatt läuft, fünf Mitarbeiter sind es. 2024 machte der Betrieb einen Umsatz von rund 400 000 Euro. In diesem Jahr soll eine größere Werkstatt bezogen werden, 80 000 Euro haben die Vorbereitungen für den Neubau bisher gekostet. Erstmals nimmt Hummel hierfür einen Kredit auf. Es geht um Restauration, Unfallinstandsetzung, Fahrzeugbau und eben das Steckenpferd EV Conversion, das Umrüsten auf Elektro. „Wir sind nicht die Ersten, schon vor rund 15 Jahren haben Freaks und Bastler damit angefangen.“
Aber kann das funktionieren? Trotz der Schwierigkeiten, die E-Autos noch immer auf dem Markt haben? Als Ingenieur hofft er, dass sich das neue Mindset bald durchsetzt. Denn die Zeiten ändern sich. Auch der Kunde mit dem goldenen Mercedes-Cabriolet sei von den eigenen Abgasen genervt. „Der Mann fährt privat auch ein Elektroauto und will nun die Vorzüge des E-Antriebs – leise und schnelle Beschleunigung – auch in seinem Oldtimer haben.“
Und wie macht man das? „Das Auto wird komplett vermessen, dann stimmen wir individuell die Wünsche des Kunden ab. Was für ein Motor soll es sein? Welche Reichweite soll er haben? Wie teuer darf es werden?“ Es folgt der Gang zum TÜV in Balingen, ebenfalls spezialisiert auf EV Conversion. Erst dann geht es ans Werkeln. Motor, Auspuff und Tank werden aus-, ein neuer Motor der Aachener Firma Engiro eingebaut. Dann das Feintuning. Der Pagode-Besitzer will, dass der Ladezustand der Batterie an der alten Tankanzeige ablesbar ist. Ingenieur Hummel hat auch dafür eine Lösung. Er glaubt an die Zukunft der E-Mobilität – egal was politisch noch so passieren mag. Dominik Bloedner