Bei Gunnar Frey aus Villingen dreht sich seit 25 Jahren alles um Schallplatten – was aber macht analoge Musik auch für junge Kunden so attraktiv? Dafür haben wir ihn in seinem Plattenladen mal besucht…
Er ist ein wahres Paradies für Vinylfans und lässt Sammlerherzen höherschlagen: der kleine, aber feine Plattenladen Soundservice VS. Auf den ersten Blick wirkt das Geschäft in der Villinger Färberstraße wie aus der Zeit gefallen. He-Man grüßt durchs Schaufenster und ein Mandalorianer aus dem Star-Wars-Universum wacht über die Ware. Bunte Alben zieren eine ganze Wand. In den Regalen türmen sich Kundenaufträge – meist Plattenspieler von Dual, Saba und Co., aber auch ein Tonbandgerät wartet hier auf die Reparatur. In den Kisten davor stehen Schallplatten in Reih und Glied, fein sortiert nach Genre oder Interpret. Tausende dürften es sein – viel Secondhand, aber auch einige Neue.
Selbst wenn sie längst totgesagt waren: Schallplatten erleben unter dem neuen Namen Vinyl eine echte Renaissance – auch bei der Jugend. Denn neben dem Brillanten Feuerwerk unvergänglicher Melodien der Klassik und Werken von Juliane Werding bis Running Wild, finden sich Kuschelrock und Status Quo ebenso wie ganz aktuelle Alben. Eminems
Death of Slim Shady gibt es hier, Big Thiefs Double Infinity, Richard Ashcrofts Lovin‘ You oder David Gilmours Luck and Strange.
Die Kunden von Gunnar Frey kommen aus aller Welt in die historische Innenstadt von Villingen, um hier zu stöbern oder einfach mal reinzuhören in das eine oder andere Album. An diesem Vormittag ist der Laden gut besucht und es gibt kaum ein Durchkommen in den schmalen Gängen, in denen Kunden die verschiedenen Kisten durchschauen. „Das ist die Regel“, sagt Gunnar Frey zufrieden.
Auflegen, abschalten und runterkommen
„Kann ich da mal reinhören?“, fragt ein junger Mann mit mehreren Alben unter dem Arm. Kein Problem für Gunnar Frey, der die Scheibe auflegt. „Ich bin mit Schallplatten aufgewachsen. Wir hatten immer einen Plattenspieler. Und es ist herrlich, beim Schallplattenhören abzuschalten und runterzukommen“, schwärmt der Kunde. Erst die Schallplatte gebe der Musik ein Gesicht. Gunnar Frey kann dem nur zustimmen. „Eine Schallplatte ist ein Gesamtkunstwerk, das man in den Händen halten kann. Die Menschen brauchen etwas zum Anfassen“, weiß der Ladenbetreiber. Man könne sich auf diese Weise seine Lieblingsmusik in den Schrank stellen. Ganz analog, jederzeit verfügbar, haptisch und für die Ewigkeit.
Trotz Spotify auf dem Handy und der digitalen Omnipräsenz von Musik steigen die Platten-Umsätze wieder, Record-Store-Läden eröffnen und es gibt in Deutschland auch wieder ein Platten-Presswerk. Es lebe das Analoge! Vielleicht gerade, weil der Alltag immer virtueller wird, macht es Spaß, seine Lieblingsmusik ganz real in den Händen halten zu können.
Gunnar Frey hat sich vor 25 Jahren mit dem Laden seinen Lebenstraum erfüllt und bereut diesen Schritt keine Sekunde: ganz im Gegenteil. Er liebt es, mit seiner Kundschaft, mit Stammkunden, fachkundigen Plattenliebhabern, vinylbegeisterten Teenies und Touristen aus aller Welt ins Gespräch zu kommen, den einen oder anderen Wunsch vom langgesuchten Album zu erfüllen und selbst seine Liebe zu Vinyl zu leben. Doch eines gibt Gunnar Frey zu: „Ohne Onlinegeschäft lässt sich so ein Laden heute nicht mehr betreiben. Man muss da verkaufen, wo die Menschen sind“, sagt er. Er nutzt dafür die gängigen Plattformen, ein eigener Onlineshop wäre zu aufwendig.
Am liebsten ist ihm aber, wenn die Kunden zu ihm in den Laden kommen, man sich austauschen und er Tipps geben kann. „Das ist eine schöne kleine Gemeinschaft“, sagt er und schaut sich in dem kleinen Geschäft um, in dem tausende Langspielplatten, Doppelalben und Singles darauf warten, entdeckt zu werden. Einmal im Jahr veranstaltet er auch eine große Schallplatten- und Musikbörse, die weit über die Region hinaus bekannt und beliebt ist. Darauf, dass die Schallplatte zur Legende wird, müssen wir offenbar noch lange warten… Stefanie Siegmeier