Die Umsetzung der Richtlinie zur Nachhaltigkeitsberichterstattung stagniert. Nun hat die EU-Kommission dringend nötige Vereinfachungen vorgeschlagen. Und wohl nicht nur unser Fachautor Stephan Schultze hofft, dass die auch Realität werden.

Die CSRD-Richtlinie über Berichtspflichten großer Unternehmen zu Nachhaltigkeit, Umwelt und sozialer Verantwortung ist in Kraft, wird aber in vielen EU-Mitgliedstaaten noch nicht umgesetzt – auch in Deutschland. Fristen sind zu knapp, es fehlt an Klarheit bei der Umsetzung – beides hat zu erheblichen Diskussionen geführt. Nun schlägt die EU-Kommission in einem Omnibus-Paket Vereinfachungen vor – vielleicht einen nachhaltigeren Weg in die Nachhaltigkeit?
Die besonderen Berichtspflichten kamen schrittweise:
Mit der Einführung der Non-Financial Reporting Directive (NRFD) wurden 2014 zunächst nur kapitalmarkt-orientierte Unternehmen mit mehr als 500 Mitarbeitern dazu verpflichtet, nichtfinanzielle Informationen offenzulegen. 2021 hat die EU die Corporate Sustainability Reporting Directive (CSRD) als grundlegende Überarbeitung der NFRD eingeführt.
Jetzt im Jahr 2025 sollte es losgehen: Für das laufende Geschäftsjahr haben nach der CSRD-Richtlinie große Unternehmen (mehr als 50 Millionen Euro Umsatz, mehr als 25 Millionen Euro Bilanzsumme) bei mehr als 500 Mitarbeitern auch ohne Kapitalmarktorientierung einen umfangreichen Nachhaltigkeitsbericht vorzulegen. Dabei müssen die European Sustainability Reporting Standards (ESRS) beachtet werden. Doch der Gesetzgeber setzt die Richtlinie nicht um und das wirft Fragen auf, zumal die Unternehmen längst beginnen müssen, die erforderlichen Daten einzusammeln. In dieser verzweifelten Situation bemüht sich die EU-Kommission um ein geordnetes Vorgehen und deutliche Erleichterungen.
Berichtspflicht erst ab 2027?
Der Kreis der verpflichteten Unternehmen soll kleiner gezogen werden: Erst solche mit mehr als 1000 Mitarbeitern sollen berichtspflichtig werden. Auch erkennt die EU-Kommission, dass die mittelbaren Verpflichtungen kleinerer Unternehmen problematisch sind, die von ihren großen Konzernkunden um Angaben in der Lieferkette gebeten werden. In dieser Wertschöpfungskette sollen von solchen Unternehmen nur noch begrenzte Informationen angefordert werden können, ein freiwilliger Berichtsstandard soll festgelegt werden.
Ein Teil der ESRS soll gestrichen werden: Dabei geht es um Wasser und Meeresressourcen, biologische Vielfalt und Ökosysteme, Ressourcennutzung und Kreislaufwirtschaft sowie soziale Themen für Verbraucher und Endnutzer oder die Bevölkerung in rohstoffausbeutenden Ländern.
Diese Erleichterungen sollen sich dann auch auf die ergänzend immer noch geltenden Vorschriften der Taxonomie-Verordnung der EU durchschlagen, indem die Berichterstattung mit „grünen Kennzahlen“ nach Artikel 8 entfallen soll.
Die Berichtspflicht soll darüber hinaus um zwei Jahre verschoben werden, erstmals wäre dann für das Geschäftsjahr 2027 zu berichten. Last not least: Für die Prüfer der Nachhaltigkeitsberichterstattung sollen bis 2026 gezielte Leitlinien veröffentlicht werden.
Ob das durchgeht?
Ungewiss ist noch, ob die Vorschläge der EU-Kommission in die Realität umgesetzt werden und welche Änderungen sie noch erfahren. Die Omnibus-Pakete müssen zunächst das Gesetzgebungsverfahren im Europäischen Parlament durchlaufen – dabei sind Änderungen der Vorschläge nicht unwahrscheinlich.
Mindestens die betroffenen Unternehmen werden das Einlenken der EU-Kommission begrüßen. So manche mittelgroße Wirtschaftsprüfungsgesellschaft wird vielleicht auch erleichtert sein, zu den branchenüblich prall gefüllten Auftragsbüchern keine weiteren Kapazitäten bereitstellen zu müssen. Anders wird dies vermutlich bei den neu entstandenen Beratungsgesellschaften aufgenommen – und bei großen Wirtschaftsprüfungsgesellschaften, die für die Prüfung der Nachhaltigkeitsberichte bereits Ressourcen aufgebaut und Beratungsumsätze eingeplant haben. Nicht, dass der Ansatz der Nachhaltigkeitsberichterstattung für unsere Zukunft nicht bedeutend wäre; ein realistischer und kosteneffizienter Umsetzungsweg wird Akzeptanz und Ergebnisse aber letztlich verbessern.
Stephan Karl Schultze
Wirtschaftsprüfer, Steuerberater, Rechtsanwalt und geschäftsführender Gesellschafter von
Loeba Treuhand Lörrach