Die IHK Hochrhein-Bodensee hat ein Leitbild entwickelt – und die Vollversammlung nahm es nach kurzer Diskussion an. Für noch mehr Gesprächsstoff sorgte Gastredner CDU-Landeschef Manuel Hagel.

Gut fünf Monate haben Mitarbeiter der IHK Hochrhein-Bodensee, Gremienmitglieder und Unternehmen diskutiert, abgewogen, formuliert und letztendlich einen gemeinsamen Nenner gefunden: das neue Leitbild der IHK Hochrhein-Bodensee. Es fasst die Arbeit, den Anspruch und die Werte der IHK zusammen und versieht alles mit einem Slogan, der den Blick nach vorn richtet. „Vernetzt wachsen. Zukunft sichern. Mit der IHK Hochrhein-Bodensee.“ Hauptgeschäftsführerin Katrin Klodt-Bußmann lobte den gemeinsamen Weg und das Miteinander in den verschiedenen Workshops und Treffen: „Es waren wunderbar lebendige und inspirierende Sitzungen! Wir haben viel mehr wertvolle und richtungsweisende Ergebnisse erzielt, als wir im finalen Leitbild abbilden können.“
Leitlinie und Basis
Das Leitbild, das ohne Gegenstimme von der Vollversammlung beschlossen wurde, „dient als Leitlinie und Basis unserer Arbeit“, verdeutlichte die Hauptgeschäftsführerin. Außerdem wird es im Rahmen des aktuellen Qualitätsmanagementprozesses sowie der damit verbundenen Zertifizierung nach ISO 9001 als strategische Grundlage verwendet. Im Leitbild werden unter anderem die Rolle und der Anspruch der IHK definiert: „Wir erfüllen kompetent, zuverlässig und praxisnah die vom Staat übertragenen hoheitlichen Aufgaben und bieten den Mitgliedsunternehmen eine breite Unterstützung und Beratung zu wirtschaftlichen Fragen, insbesondere zum grenzüberschreitenden Wirtschaftsverkehr und zu bildungspolitischen Themen.“ Das erklärte Ziel sei es, „die Wettbewerbsfähigkeit und Innovationskraft der regionalen Wirtschaft nachhaltig zu stärken“. Als Leitplanken dienen dazu Werte wie Verlässlichkeit, Verantwortungsbewusstsein, Transparenz, Serviceorientierung, Nachhaltigkeit und Neutralität. Und zwar konkret: „Wir als IHK Hochrhein-Bodensee übernehmen durch das Vorleben von Werten in der Führung des Unternehmens eine Verantwortung in der Gesellschaft und dienen hierbei als Vorbild für unsere Mitgliedsunternehmen.“
„Der Weg hat sich gelohnt“, so das Fazit der kurzen Diskussion im Vorfeld der Abstimmung. Auch die Wahl des Slogans erhielt ein positives Echo, „weil er in die Zukunft weist und offen ist“, hieß es aus der Versammlung. Denn Wachstum stehe nicht nur für Skalierbarkeit, sondern auch für das Wachsen in Bereichen wie Kompetenz, Qualität oder Nachhaltigkeit.

Pilotprojekt mit Theater Konstanz
„Wie kann die IHK auf das Ergebnis der Bundestagswahl reagieren?“ Auch mit dieser Frage habe sich das Präsidium beschäftigt – gerade im Hinblick auf die Landtagswahl 2026 in Baden-Württemberg, sagte IHK-Präsident Thomas Conrady. Eine Reaktion: Sowohl in Schopfheim als auch in Lörrach sollen Podiumsdiskussionen zu wirtschaftspolitischen Themen initiiert werden – mit Vertretern aller Fraktionen, die im aktuellen Landtag vertreten sind. Klar sei auch, dass man die Demokratie stärken und vor allem junge Menschen für sie begeistern wolle.
Zusammen mit dem Jungen Theater Konstanz soll dazu ein Pilotprojekt in die Wege geleitet werden. Dessen Ziel ist es, junge Menschen in Ausbildung mit dem Theater in Kontakt zu bringen, um das Demokratieverständnis mit den Mitteln des Theaters zu fördern. Dazu werden Module angeboten, in denen etwa Konfliktsituationen durchgespielt oder Beobachtungen geteilt werden – um sich darüber auszutauschen. Auch das Theater selbst mit seinen Werkstätten und Ausbildungsberufen soll dabei vorgestellt werden, um den Bezug zur Kultur zu stärken oder überhaupt herzustellen, sagte Katrin Klodt-Bußmann: „Wir starten damit in Konstanz als Pilot. Es ist geplant, das Projekt danach sukzessive nach Waldshut und Lörrach auszuweiten.“ Auch hier gab die Vollversammlung grünes Licht.
Berichte und Infos
Neben den drei großen Themen umfasste die Tagesordnung auch Berichte aus den Ausschüssen, von den Wirtschaftsjunioren, von der Delegationsreise nach Oslo sowie der Hauptgeschäftsführerin und des Präsidenten. Thomas Conrady nahm seinen Bericht zum Anlass, auf die aktuelle Lage in der Welt und der Wirtschaft zu blicken. Seine Feststellung: „Wir leben in einer Zeit der Umbrüche.“ Und genau darin sieht der Unternehmer etwas Gutes: „Umbruchzeiten bieten auch Chancen.“ Ähnlich sah es Vollversammlungsmitglied Bene Müller: „Die Wirtschaft hat Möglichkeiten!“ Daher solle man auch nicht immer nach der Politik rufen, sondern fragen: „Was können Unternehmen machen?“

Klare Kante mit Diskussionsbedarf
Bevor die Mitglieder der Vollversammlung sowie ihre Gäste – zu denen Hauptgeschäftsführer Georg Hiltner und Präsident Werner Rottler von der Handwerkskammer Konstanz sowie Krister Hennige von der IHK Neubrandenburg zählten – den Abend auf der Dachterrasse ausklingen ließen, stand ein Gastbeitrag auf der Agenda. Manuel Hagel, Landesvorsitzender und Fraktionsvorsitzender der CDU in Baden-Württemberg, griff in seiner Rede die politisch-wirtschaftliche Lage auf und stellte Lösungsansätze seiner Partei vor. Er bemängelte, dass man in Baden-Württemberg und der Politik den Ernst der Lage noch nicht erkannt habe: „Um uns herum gerät die Welt aus den Fugen, aber wir tun so, als gehe uns das nichts an.“
Wichtig sei es, über Arbeitszeiten und Freihandel zu sprechen. „Wo soll der Wohlstand herkommen?“ – und dann rechnete er vor, dass in Deutschland die Zahl der Arbeitsstunden sinke, während sie in den USA, in China und andernorts steige. Hagel: „Man muss sich aus einer Rezession herausarbeiten“ – mit der Betonung auf „arbeiten“. Für ihn ist das keine politische Frage, sondern eine unternehmerische Rechnung. Anstelle von „Wohlstandsverwöhnung“ möchte der 37-Jährige mehr Wettbewerb.
20 Jahre habe man sich so etwas leisten können, aber jetzt nicht mehr. Das zeige auch das Erstarken der extremen Rechten in Deutschland: „Die AfD ist die Alarmanlage dieser Gesellschaft.“ Daher müsse man sich mit den Themen beschäftigen und nicht die Alarmanlage dafür verantwortlich machen.
Aus Termingründen konnte Manuel Hagel beim abschließenden Get-Together auf der Dachterrasse nicht dabei sein. Durch seine Thesen und Ausführungen war der Unionspolitiker allerdings noch lange präsent. Bei kühlen Getränken und Grillgut ergaben sich daraus viele kritische und intensive Gespräche.
Patrick Merck