Wirtschaft im Südwesten
3 | 2018
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TITEL
COLMAR
Colmar ist die kleinste der drei größten elsässischen Städ-
te (70.000 Einwohner, 112.000 im Ballungsraum) und prä-
sentiert sich – gerade im Vergleich zum südlichen Nachharn
Mulhouse – viel lieblicher. Die gut erhaltene mittelalterliche
Stadt schmiegt sich im Westen hübsch an die Vogesen, sie
liegt an der Elsässer Weinstraße und ist daher touristisch ge-
prägt. Doch auch Colmar ist Industriestandort.
Der wichtigste Arbeitgeber ist die Firma Lieb-
herr, die drei Werke mit zusammen weit über
2.000 Mitarbeitern in der zentralelsässi-
schen Stadt zählt. Der Baggerhersteller
betreibt zudem den Flughafen Colmar,
der auf Geschäftsreisen spezialisiert ist.
Ein Zehntel der rund 30.000 Flüge jährlich
sind Businessflüge. Mehrere Firmen, die mit Luft-
fahrt zu tun haben, sind am Flughafen angesiedelt.
Zu den größeren Industiebetrieben in Colmar zählen auch
der amerikanische Kugelrolllagerhersteller Timken oder der
japanische Druckerspezialist Ricoh. Colmar hat keine eigene
Universität, sondern teilt sich die „Université de Haute-Alsace“
(UHA) mit Mulhouse.Von den insgesamt circa 8.000 Studenten
der UHA besuchen etwa 1.500 eines der beiden in Colmar
angesiedelten Institute (Marketing und Agrarwissenschaften
sowie Biotechnologie).
kat
Elsass nach Baden um rund ein Fünftel auf etwas über
22.000 – allen Bemühungen grenzüberschreitender Ar-
beitsvermittlung zum Trotz. Doch auch hier scheint die
Trendwende geschafft, berichtet Jürgen Oser. Aktivitäten
badischer Kammern und Unternehmen wie jüngst wieder
die Präsenz auf der Bildungs- und Berufsmesse Colmar,
der größten Arbeitsvermittlungsveranstaltung des El-
sass, die Ende Januar mit reger deutscher Beteiligung
stattgefunden hat, tragen nun ihre Früchte.
„Die Wirtschaft hat gut zehn Jahre vor der Politik begon-
nen, grenzüberschreitend zusammenzuarbeiten“, weiß
Oser. Schon Ende der 1970er-Jahre seien dafür bei den
Kammern Strukturen geschaffen worden. Grenzüber-
schreitende Einrichtungen der Verwaltungen indes gibt
es erst seit Anfang der 1990er. Ein aktuelles Beispiel
für die grenzüberschreitende Kooperation der Kammern
war die gemeinsame Opposition gegen die strenge Aus-
legung des Entsendegesetzes in Frankreich. Mit Unter-
stützung ihrer elsässischen Kollegen erreichten die IHKs
– wie in der Februarausgabe der WiS berichtet – eine
Aussetzung der ursprünglich geplanten Entsendegebühr
und weitere Erleichterungen für das Grenzgebiet.
„Die elsässischen Kammern gleichen in ihrer Struktur
den deutschen“, sagt Pascale Mollet-Piffert. Es gibt
eine hauptamtliche Verwaltung und ein ehrenamtliches
Unternehmerparlament, das wie hierzulande die Hebe-
sätze für die Mitgliedsbeiträge festlegen kann. Ein ent-
scheidender Unterschied ist allerdings, dass der Staat
als alleiniger Steuersouverän das letzte Wort über die
Verteilung des Geldes spricht, und der
hat die Einnahmen massiv gekürzt.
Seit Jahren schrumpfen die Etats der
französischen Kammern. Sie bauen
Personal ab um zu sparen und haben
sich der Verwaltungsreform von 2016
entsprechend neu organisiert. Das
heißt, es gibt nun eine CCI Grand Est,
zu der auch die CCI Alsace Euromé-
tropole gehört, die wiederum aus den
ehemals drei Kammern des Süd-, Mittel- und Nordelsass
mit Sitz in Mulhouse, Colmar und Straßburg entstanden
war. Allerdings blieben die alten Standorte erhalten,
und die übergeordnete CCI Grand Est hat ihren Sitz
praktischerweise in Straßburg.
Seit der Verwaltungsreform Anfang 2016 existiert das
Elsass nicht mehr als eigene Region. Die vormals 22
französischen Regionen wurden zu 13 neuen Einhei-
ten gebündelt, nun bildet das Elsass zusammen mit
Lothringen und der Champagne-Ardenne die Region
„Grand Est“. Allerdings geht das Zusammenwachsen
nur langsam voran. „Die Reisewege innerhalb der Re-
gion sind teilweise lang“, berichtet Pascale Mollet-Pif-
fert. In Frankreich führen immer noch alle Wege nach
Paris, und der Schnellzug TGV lässt die Distanz zur
Hauptstadt kürzer erscheinen als zwischen den Pro-
vinzstädten. Ob Region oder nicht – das Elsass bleibt
für die deutsche Seite der direkte Nachbar. „Die Ge-
bietsreform ändert nichts an der geografischen Nähe“,
betont Jürgen Oser. „Sie setzt die nachbarschaftlichen
Verbindungen nicht außer Kraft.“
Kathrin Ermert
»Gebietsreform
setzt nachbar-
schaftliche
Verbindungen nicht
außer Kraft«
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